Devonshire [2]

[850] Devonshire oder Devon, engl. Adelstitel, der, seit Heinrich I. bestehend, 1335 von dem Haus Redvers auf das Haus Courtenay überging, das seit Heinrich II. in England ansässig war. Thomas Courtenay, sechster Graf von D., wurde in der Schlacht von Towton gefangen und 1461 enthauptet; Edward Courtenay, seit 1485 Graf von D., zeichnete sich unter Heinrich VII. aus; sein Sohn William heiratete die Prinzessin Katharine, jüngste Tochter Eduards IV., und spielte unter Heinrich VIII. eine Rolle ebenso wie sein Sohn Henry, der 1538 in Ungnade fiel und 1539 hingerichtet wurde. Mit Henrys Sohn Edward, dem Maria die Blutige 1553 den Titel Graf von D. wiedergab, erlosch die Hauptlinie der Courtenay, aber eine Nebenlinie des Hauses bestand fort, der 1831 auf Grund des Patents von 1553 der Titel Graf von Devon vom Oberhaus zugesprochen wurde. Im J. 1618 hatte Jakob I. den Titel Graf von D. an William Cavendish verliehen, einen der ersten Kolonisatoren Virginias und der Bermudas. Von den Grafen und Herzögen von D. aus dem Haus Cavendish sind hervorzuheben: William, vierter Graf von D., einer der Lords, die Wilhelm III. nach England hinüberriefen, wurde dafür 1694 zum Marquis von Hartington und Herzog von D. erhoben und starb 1707 als Oberhofmeister der Königin Anna. Ihm folgte sein ältester Sohn, William, gest. 1729, als zweiter Herzog von D. sowie in der Hofwürde, die seitdem in der Familie fast erblich war. Von dessen drei Söhnen war der jüngste, Charles, der Vater des berühmten Chemikers Henry Cavendish. Der älteste, William, dritter Herzog von D., geb. 1698, gest. 1755, war 1736–45 Vizekönig von Irland. Sein ältester Sohn, William, vierter Herzog von D., geb. 1720, gest. 2. Okt. 1764, wurde 1755 Vizekönig von Irland, war 1756–57 erster Lord des Schatzes (Premierminister) und dann Oberkammerherr, legte aber unter Butes Ministerium diese Stelle nieder. Sein ältester Sohn, William, fünfter Herzog von D., geb. 1748, gest. 29. Juli 1811, wurde 1766 Großschatzmeister von Irland und stand, wie die ganze Familie, auf seiten der Opposition gegen die irische Politik des Hofes. Seine erste Gemahlin, Georgiana, Herzogin von D., Tochter des Grafen John Spencer, geb. 9. Juni 1757, gest. 30. März 1806, zeichnete sich durch Schönheit und Liebenswürdigkeit wie durch Geist und poetisches Talent aus und beteiligte sich lebhaft an den politischen Angelegenheiten. Seine zweite Gemahlin, Elisabeth Hervey, Tochter des vierten Grafen von Bristol und Witwe von John Thomas Foster, gewann seit ihrer Vermählung mit dem Herzog Einfluß auf die Politik und wandte sich nach dessen Tode 1815 nach Rom, wo ihr Haus ein Sammelplatz ausgezeichneter Künstler und Gelehrten ward. Auf ihre Veranlassung wurden auf dem Forum romanum[850] die Säulen des Phokas aufgedeckt und erschienen im Druck Annibale Caros Übersetzung der »Äneide« des Vergil mit ausgezeichneten Kupferstichen in 150 Exemplaren (1818, 2 Bde.) sowie die Illustrationen der fünften Satire des Horaz (Parma 1818) und ein Gedicht ihrer Freundin Georgiana (Rom 1816). Sie starb 30. März 1824, mit Illustrationen zu Dante beschäftigt. William Spencer Cavendish, sechster Herzog von D., Sohn des vorigen aus erster Ehe, geb. 21. Mai 1790, gest. 17. Jan. 1858, erwarb sich 1826 als Krönungsbotschafter in Moskau die persönliche Freundschaft des Kaisers Nikolaus und bekleidete vom Mai 1827 bis Februar 1828 am Hof Georgs IV. und vom November 1830 bis Dezember 1834 unter Wilhelm IV. das Amt eines Oberkammerherrn. Ihm folgte als siebenter Herzog von D. sein Vetter William Cavendish, Graf von Burlington, der Enkel eines jüngern Sohnes des vierten Herzogs, der 1831 die Grafenwürde erhalten hatte. Dieser, geb. 27. April 1808, gest. 21. Dez. 1891, war 1829–34 Mitglied des Unterhauses, 1836–56 Kanzler der Universität London, zu deren Gründung er beigetragen hatte, und seit 1862 als Nachfolger des Prinzen Albert Kanzler der Universität Cambridge. Ihm folgte als achter Herzog sein ältester Sohn, Spencer Compton Cavendish, bis dahin bekannt unter dem Namen eines Marquis von Hartington. Am 23. Juli 1833 geboren, studierte er in Cambridge, trat 1857 ins Unterhaus und schloß sich der liberalen Partei an. Er war ein tüchtiger, wenn auch nicht glänzender Redner und ein fähiger Geschäftsmann, dazu unterstützt durch seine einflußreichen Familienverbindungen. So gewann er früh eine bedeutende Stellung in der Partei und wurde 1863 in dem Ministerium Palmerston Unterstaatssekretär des Krieges. Danach war er 1866–67 Kriegsminister, 1868–1870 unter Gladstone Generalpostmeister, 1871–74 Obersekretär für Irland. Nach Gladstones Rücktritt von der Führerschaft der liberalen Partei wurde er 3. Febr. 1875 zu dessen Nachfolger gewählt. Obwohl er innerhalb der Partei eine gemäßigte Richtung vertrat, verstand er es doch, mit dem leidenschaftlichern und radikalern Gladstone in gutem Einvernehmen zu bleiben. Nach dem Sturz Beaconsfields übernahm er 1880 unter Gladstone das Staatssekretariat für Indien, das er im Dezember 1882 mit dem des Krieges vertauschte, und trat im Juni 1885 mit Gladstone zurück. Als aber nach den Neuwahlen Gladstone für die Verleihung von Homerule an Irland eintrat, trennte sich Hartington von ihm, nahm keinen Sitz in seinem dritten Kabinett (Februar 1886) an und stellte sich an die Spitze der liberalen Unionisten, die Gladstones irische Pläne vereitelten. Mit diesen unterstützte D. 1886–92 die Politik des Ministeriums Salisbury, lehnte aber den ihm wiederholt angebotenen Eintritt in das Kabinett ab. Im Dezember 1891 wurde er durch den Tod seines Vaters in das Oberhaus versetzt und 1892 zu dessen Nachfolger im Kanzleramt der Universität Cambridge erwählt. Erst 1895 entschloß er sich, als Präsident des Geheimen Rats in das neugebildete Ministerium Salisbury einzutreten und übernahm 1900 auch das Präsidium des durch ein Gesetz von 1899 neugeschaffenen Unterrichtsamtes. Von dem letztern Amte trat er im Juli 1902, als Balfour die Leitung des Kabinetts übernahm, zurück, behielt aber das erstere bei.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 850-851.
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