Didot

[883] Didot (spr. -do), berühmte franz. Buchdrucker- und Buchhändlerfamilie. Ihr Ahnherr war François D., geb. 1689, der sein Geschäft 1713 in Paris begründete und 2. Nov. 1757 starb. Sein ältester Sohn, François Ambroise, geb. 7. Jan. 1730, gest. 10. Juli 1804, erfand die gegossenen Stege und die Pressen mit nur einem Zug, druckte zuerst auf das von ihm erfundene Velinpapier, goß schöne Antiquatypen (Didotsche Lettern) und veranstaltete auch auf Ludwigs XVI. Befehl eine Sammlung von Klassikern zum Unterricht für den Dauphin (in usum Delphini). Unter den aus seinen Pressen hervorgegangenen Werken, z. T. typographischen Raritäten, sind hervorzuheben: Tassos »Gerusalemme liberata« (1784–86, 2 Bde.) und Bitaubes Übersetzung des Homer (1787–88, 12 Bde.). Sein Bruder Pierre François, geb. 1732, gest. 7. Dez. 1795, hat sich ebenfalls um Vervollkommnung der Buchdruckerkunst, insbes. der Schriftgießerei, sowie um Verbesserung der Papierfabrikation in seiner Papierfabrik zu Essonne verdient gemacht. Pierre D., der ältere, Sohn von François Ambroise, geb. 25. Jan. 1761, gest. 31. Dez. 1853, übernahm 1789 die Buchdruckerei seines Vaters und lieferte Folio-Prachtausgaben vieler klassischer Schriftsteller. Unter andern druckte er auch Boileaus »Œuvres« (1815, 3 Bde.) und Voltaires »Henriāde« (1819) mit ganz neu gezeichneten Schriftarten. Als Literator machte er sich besonders durch seinen »Essai de fables nouvelles« (1786), durch metrische Übersetzung des ersten Buches der Horazischen Oden (1796) und eines Fragments der »Äneide« bekannt. Sein Sohn Jules (gest. 1871) ließ ebenfalls eine Reihe großer und prachtvoll ausgestatteter Werke erscheinen.

Firmin D., Bruder von Pierre, geb. 14. April 1764, gest. 24. April 1836, erhielt 1789 von seinem Vater die Schriftgießerei und lieferte die Lettern zu den Prachtausgaben seines Bruders. Er ist Erfinder einer neuartigen Schreibschrift und eines neuen Verfahrens im Stereotypenguß. 1827 trat er sein Geschäft seinem Sohn ab und widmete sich dem öffentlichen Leben. Als Deputierter war er unter den 221, die 1830 gegen die Juliordonnanzen protestierten. Er übersetzte mehreres aus dem Griechischen und Lateinischen und schrieb die Tragödien: »La reine de Portugal« und »La mort de Hannibal«. Ihm zu Ehren verbanden seine Nachkommen den Vornamen Firmin mit dem Familiennamen und nannten sich Firmin-D., was die Regierung durch Dekret vom 20. Sept. 1887 bestätigt hat. D. Saint-Léger, Sohn von Pierre François D., geb. 1767, gest. 1829, erfand das Papier ohne Ende. Ambroise Firmin-D., Sohn Firmin Didots, geb. 20. Dez. 1790, gest. 22. Febr. 1876, studierte besonders die alten Sprachen, bereiste den Orient, war dann Gesandtschaftsattaché in Konstantinopel und trat später in das Geschäft seines Vaters, das er 1827 mit seinem Bruder Hyacinthe Firmin-D. (geb. 11. März 1794, gest. 7. Aug. 1880) übernahm. Er besorgte unter anderm namentlich die neue Ausgabe des »Dictionnaire de l'Académie française« und eine neu revidierte Ausgabe des »Thesaurus linguae graceae« von Henricus Stephanus. Er selbst schrieb: »Notes d'un voyage dans le Levant en1816 et 1817« und machte sich einen Namen durch Übersetzungen des Anakreon, Thukydides und durch bibliographische und andre Arbeiten, von denen wir erwähnen: »Essai typographique et bibliographique sur l'histoire de la gravure für bois« (1863); »Observations sur l'orthographe française« (2. Aufl. 1808); »Études sur la vie et les travaux de Jean, Sire de Joinville« (1871); »Études sur Jean Cousin« (1872); »Alde Manuce et l'Hellénisme à Venise« (1875). 1873 wurde er Mitglied der Akademie. Nach seinem Tod erschienen: »Les graveurs de portraits en France« (1877, 2 Bde.) und »Les Drevet (Pierre, Pierre-Imbert et Claude). Catalogue raisonné, etc.« (1876). Als Verlagsunternehmungen dieser Periode verdienen noch genannt zu werden: die »Bibliothèque française«, »Collection des classiques français«, »Bibliothèque des auteurs grecs«, das »Glossarium mediae et infimae latinitatis« von Dufresne, die »Nouvelle biographie générale« (1851f.) u. a.

1855 war Alfred Firmin-D. (geb. 8. Febr. 1828), Sohn von Ambroise D., als Teilhaber des Geschäftes eingetreten, dessen einziger Besitzer er 1876 wurde, nachdem ein Sohn Hyacinths, Paul Firmin-D. (geb. 1826), 1855–75 Mitbesitzer gewesen war. Ein Neffe Ambroises, Edmond Magimel (geb. 1833), war danach nur kurze Zeit Teilhaber. An seine Stelle traten zwei Söhne Alfreds: Maurice Firmin-D. (geb. 27. Mai 1859) und René Firmin-D. (geb. 11. Aug. 1866), außerdem Lucien Hébert (geb. 1852). An Stelle der letztern beiden trat 1896 Henri Ramin. Unter der neuen Leitung pflegt das Geschäft »Firmin-D. et Cie.«, das nach dem Verkauf seiner Buchdruckerei zu Paris an G. Chamerot außer der bedeutenden chromolithographischen Anstalt daselbst eine Buchdruckerei in Mesnil, große Papierfabriken in Sorel-Moussel etc. besitzt, vorzugsweise die Herausgabe illustrierter kunst- u. kulturgeschichtlicher Prachtwerke (von Hoffbauer, Racinet, Bosc, Müntz u. a.). Vgl. Werdet, Études bibliographiques sur la famille des D. (Par. 1864); Brunet, Firmin D. et sa famille (das. 1871); Wallon, Notice sur la vie et les travaux de Ambroise Firmin-D. (das. 1886).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 883.
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