Dieffenbach

[887] Dieffenbach, 1) Johann Friedrich, Chirurg, geb. 1. Febr. 1794 zu Königsberg i. Pr., gest. 11. Nov. 1847, studierte seit 1810 in Rostock und Greifswald Theologie, diente 1813–15 als freiwilliger Jäger und studierte 1816 Medizin, besonders Chirurgie, in Königsberg, 1820 in Bonn und promovierte 1822 zu Würzburg durch seine Inauguralschrift »Über die Transplantation tierischer Stoffe«, die allgemeines Aufsehen erregte. Er begab sich sodann nach Berlin, wo sein operatives Talent überraschend schnell Anerkennung fand, und ward 1836 dirigierender Wundarzt einer chirurgischen Abteilung des Charitékrankenhauses. 1832 wurde er außerordentlicher, 1840 ordentlicher Professor und Direktor der chirurgischen Klinik. D. förderte namentlich die anbildende Chirurgie und gab für die künstliche Bildung von Nasen, Lippen, Augenlidern etc., den Muskelschnitt bei Schielenden, Stammelnden, sowie für viele andre Operationen Verbesserungen und z. T. ganz neue Methoden an; auch vereinfachte er wesentlich die chirurgische Technik. Seine Werke sind: »Chirurgische Erfahrungen« (Berl. 1829–34, 4 Abtlgn.); die Fortsetzung des Scheelschen Werkes »Die Transfusion des Blutes und die Einspritzung der Arzneien in die Adern« (das. 1827); »Über die Durchschneidung dec Sehnen und Muskeln« (das. 1841); »Die Heilung des Stotterns« (das. 1841); »Über das Schielen und die Heilung desselben durch die Operation« (das. 1842); »Die operative Chirurgie« (Leipz. 1844–49, 2 Bde.) und »Der Äther gegen den Schmerz« (Berl. 1847). Seine »Vorträge in der chirurgischen Klinik« wurden von K. Th. Meier (Berl. 1840) und französisch von Phillips (das. 1840) herausgegeben. Vgl. Breuning, Dieffenbachs chirurgische Leistungen (Wien 1841).

2) Ernst, Verwandter des vorigen, geb. 7. Jan. 1811 in Gießen, gest. daselbst 1. Okt. 1855, studierte Medizin und Naturwissenschaft und beteiligte sich 1839 an einer Expedition nach Neuseeland, um dessen Kolonisierung er sich große Verdienste erwarb. 1850 wurde er Professor der Geologie in Gießen. Er schrieb: »New-Zealand, and its native population« (Lond. 1841) und »Travels in New-Zealand« (das. 1843, 2 Bde.) und lieferte eine deutsche Bearbeitung von De la Bèches »Vorschule der Geologie« (Braunschw. 1853) und Darwins »Naturwissenschaftlichen Reisen« (das. 1844, 2 Bde.).

3) Christian, Theolog und Liederdichter, geb. 4. Dez. 1822 zu Schlitz in Hessen, gest. daselbst 26. Mai 1901, seit 1855 Geistlicher (seit 1873 Oberpfarrer) in seiner Vaterstadt, seit 1884 Doktor der Theologie. Sein poetisches Gemütsleben hat anmutigen Ausdruck in Kinderliedern und Gedichten erhalten, von denen viele weit bekannt und beliebt sind. Wir nennen: »Kinderlieder« (Mainz 1852, 2. Aufl. 1870) und »Fünfzig Kinderlieder« mit Melodien von Kern (3. Aufl., das. 1877); »Gedichte« (das. 1857; neue Ausg.: »Lied und Leben«, Wolfenb. 1879); »Aus vier Reichen«, neue Sammlung von Gedichten (2. Aufl., Gotha 1894); »In der deutschen Frühlingszeit«, Kriegs- und Siegeslieder (Hannov. 1871); »Aus dem Kinderleben«, mit Bildern von Richter (Gotha 1879–81,2 Sammlungen) u. a. Von seinen theologischen und erbaulichen Schriften sind die »Evangelische Hausagende« (ö. Aufl., Mainz 1894), »Ein Hochzeitsstrauß, aus Gottes Garten und von den Wiesen der Welt gesammelt« (5. Aufl., Gotha 1888), die »Bibelandachten« (das. 1876–84, 4 Bde.) und »Die heilige Ehe« (Leipz. 1901) hervorzuheben. Aus seinem Nachlaß erschien: »Geschichte der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob, in 103 erbaulichen Betrachtungen« (Leipz. 1903).

4) Anton, Maler, geb. 4. Febr. 1831 in Wiesbaden, kam in früher Jugend nach Straßburg und widmete sich anfangs hier und später in Paris unter Pradier der Bildhauerkunst. Nach des letztern Tode (1852) verlebte er wieder 3 Jahre in seiner Vaterstadt und ging dann nach Düsseldorf, um sich unter Jordans Leitung zum Genremaler auszubilden. 1871 ließ er sich in Berlin nieder. Die hervorragendsten seiner Bilder, deren Motive er meist dem ländlichen Leben und der Kinderwelt entnommen hat, sind: das Jägerlatein, der Tag vor der Hochzeit, der Christbaum, der verfehlte Fuchs, eine Schlittenpartie, der Besuch bei der Amme, der erste Ausgang, Brüderchen hier lassen!

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 887.
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