Gelzer

[527] Gelzer, 1) Heinrich, Geschichtschreiber, geb. 17. Okt. 1813 in Schaffhausen, gest. 16. Aug. 1889 in Mitwald bei Basel, studierte seit 1833 Theologie und Geschichte, habilitierte sich 1839 in Basel und wurde 1843 Professor der Geschichte in Berlin. Im März 1848 richtete er aus eignem Antrieb ein Schreiben an das preußische Ministerium mit der Aufforderung, sich der deutschen Bewegung zu bemächtigen und in rascher Initiative mit oder ohne Beistimmung Österreichs den Weg zur politischen Einigung Deutschlands zu betreten. Im Frühjahr 1850 erkrankt, gab G. seine Professur in Berlin auf, lebte zunächst in Italien, seit Sommer 1852 in Basel und begann die Herausgabe der »Protestantischen Monatsblätter für innere Zeitgeschichte«, die, der Besprechung religiöser, kirchlicher, politischer und pädagogischer Fragen gewidmet, bis 1870 bestanden. Außerdem nahm G. als vertrauter Ratgeber des Großherzogs von Baden an den Ereignissen seit 1859 einen geräuschlosen, aber überaus tätigen Anteil im Interesse der politischen Einigung Deutschlands und förderte namentlich das Einverständnis zwischen Baden und Preußen. Von seinen Schriften sind besonders zu nennen: »Die drei letzten Jahrhunderte der Schweizergeschichte« (Aarau 1838–39, 2 Bde.); »Die zwei ersten Jahrhunderte der Schweizergeschichte« (Basel 1840); »Die deutsche poetische Literatur seit Klopstock und Lessing nach ihren ethischen und religiösen Gesichtspunkten« (Leipz. 1841; 2. Bearbeitung u. d. T. »Die neuere deutsche Nationalliteratur etc.«, 1847–49, 2 Bde.; Bd. 1 in 3. Aufl. 1858); »Die Bedeutung der kirchlichen Wirren in der Schweiz seit 1839« (Zürich 1847); »Protestantische Briefe aus Südfrankreich und Italien« (das. 1852; 2. Aufl. 1868 u. d. T.: »Der katholische Süden und Pius IX. nach der Revolution von 1848«); »Die Religion im Leben, oder die christliche Ethik« (das. 1839, 4. Aufl. 1863); »Doktor M. Luther, der deutsche Reformator« (Hamb. 1847–50, mit 48 Stahlstichen nach Gustav König). Vgl. F. Curtius, Heinrich G. (Gotha 1892).

2) Heinrich, deutscher Geschichtsforscher, Sohn des vorigen, geb. 1. Juli 1847 in Berlin, studierte 1865–69 in Basel und Göttingen klassische Philologie und Geschichte und habilitierte sich nach dreijähriger Gymnasiallehrzeit in Basel für alte Geschichte, wurde 1873 außerordentlicher Professor in Heidelberg, 1878 ordentlicher Professor für klassische Philologie und alte Geschichte in Jena. 1871 unternahm er mit Ernst Curtius, Friedr. Adler u. a. eine Studienreise nach Kleinasien und Griechenland; byzantinischer Studien halber besuchte er Ende 1899 dieselben Länder und hielt sich von 1902 auf 1903 in den Athosklöstern, Makedonien etc. auf. Seine Hauptschriften sind: »Sextus Julius Africanus und die byzantinische Chronographie« (Leipz. 1880–98, 2 Bde.); »Eusebii canonum epitome ex Dionysii Telmaharensis chronico petita« (zusammen mit C. Siegfried; das. 1884); »Georgii Cyprii descriptio orbis Romani« (das. 1890); »Leontios von Neapolis: Leben des heil. Johannes des Barmherzigen« (Freiburg i. Br. 1893); »Die Genesis der byzantinischen Themenverfassung« (Leipz. 1899); »Geistliches und Weltliches aus dem türkisch-griechischen Orient« (das. 1900); »Der Patriarchat von Achrida« (das. 1902); »Vom Heiligen Berg und aus Makedonien« (das. 1904). Zur 2. Aufl. von Krumbachers »Geschichte der byzantinischen Literatur« (Münch. 1897) steuerte er einen »Abriß der byzantinischen Kaisergeschichte« bei. G., seit 1897 auch Doktor der Theologie, gab von Wilh. Vischers »Kleinen Schriften« den 1. Band (histor. Schriften, Leipz. 1877) heraus u. leitet das Sammelwerk »Scriptores sacri et profani« (bisher 5 Hefte, Leipz. 1897–1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 527.
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