Hill [1]

[335] Hill, 1) Rowland, Viscount, engl. General, geb. 11. Aug. 1772, gest. 10. Dez. 1842, trat, nachdem er die Militärakademie zu Straßburg besucht hatte, in die britische Armee ein, nahm 1792 als Hauptmann an der Belagerung von Toulon teil und focht als Oberstleutnant 1801 in Ägypten, wo er schwer verwundet ward. 1808 ging er als Generalmajor nach Portugal und Spanien; 1809 erhielt er als Generalleutnant den Oberbefehl über eine Division, leistete bei Ciudad-Rodrigo und vor der Schlacht bei Salamanca wichtige Dienste und wurde deshalb 1814 zum Baron H. von Almarez ernannt. Vor Wellingtons Ankunft führte er 1815 den Oberbefehl über das 2. britische Armeekorps in Belgien und zeichnete sich dann bei Waterloo aus. 1825 ward er General, 1827 Gouverneur von Plymouth und erhielt im Februar 1828, als Wellington Premierminister geworden war, den Posten eines Oberbefehlshabers der britischen Armee. Als er 1842 dies Amt niederlegte, ward er zum Viscount H. of Hawkstone erhoben. Vgl, E. Sidney, The life of Lord H. (Lond. 1845).

2) Sir Rowland, Reformator des englischen Postwesens, geb. 3. Dez. 1795 in Kidderminster, gest. 27. Aug. 1879 in Hampstead bei London, Sohn eines Schulmeisters und bis 1833 selbst Lehrer, wurde Schriftführer der Society for the diffusion of useful knowledge und erregte großes Aufsehen durch seine Schrift »Post office reform, its importance and practicability« (Lond. 1837), in dem er eine tiefgreifende Reform des englischen Postwesens, namentlich auch einen einheitlichen Portosatz pou 1 Penny für Briefe bis zum Gewicht von 0,5 Unze innerhalb des Landes, forderte. Diese Forderung wurde 1840 zum Gesetz erhoben, und H. trat in den Dienst der Post, der er mit kurzer Unterbrechung (1843–46) bis 1864 angehörte. Er wurde 1846 Sekretär des Generalpostmeisters und 1854 technischer Leiter des Postwesens. In Anerkennung seiner Verdienste erhielt H. den Bath-Orden, eine Nationalbelohnung von 20,000 Pfd. Sterl. und wurde in der Westminsterabtei beigesetzt; 1881 ward dort seine Büste, 1882 ein andres Denkmal der Börse gegenüber enthüllt. Der Erfinder der Briefmarke ist H., wie lange angenommen wurde, nicht. Vgl. Sir R. Hill und G. B. Hill, Life of Sir Rowland H., and the history of penny postage (Lond. 1880, 2 Bde.).

3) Moritz, verdienter Taubstummenlehrer, geb. 8. Dez. 1805 in Reichenbach (Schlesien), gest. 30. Sept. 1874 in Weißenfels, war Zögling des Seminars und (1825–28) Hilfslehrer des Waisenhauses in Bunzlau, besuchte darauf zwei Jahre die Universität, Singakademie und Taubstummenanstalt in Berlin und war von 1830 bis zu seinem Tode Leiter der Taubstummenanstalt in Weißenfels. Bei seiner Ausgestaltung der deutschen oder Artikulationsmethode des Taubstummenunterrichts verfolgte H. namentlich den Zweck, diesem Unterricht den Charakter einer geheimen Kunst zu nehmen und ihn den allgemeinen Grundsätzen der neuern Pädagogik anzupassen. Er schrieb außer zahlreichen Lehr- und Hilfsbüchern für den Unterricht: »Anleitung zum Selbstunterricht taubstummer[335] Kinder für Geistliche und Lehrer« (Weim. 1840); »Der Geistliche und Schullehrer im Dienste der Taubstummen« (das. 1868; 3. Aufl. von Öhlwein, 1882); »Vollständige Anleitung zum Unterricht taubstummer Kinder« (Essen 1840, 3. Aufl. 1886) und gab eine »Bildersammlung für Taubstumme« (5. Aufl., Leipz. 1903) heraus. Vgl. Walther, F. M. Hill (im »Organ der Taubstummenanstalten«, 1875, S. 129) und Geschichte des Taubstummenbildungswesens (Bielef. 1882).

4) Octavia, engl. Philantropin, deren Name mit der Verbesserung der Londoner Arbeiterwohnungen seit den 1860 er Jahren verknüpft ist, geb. um 1838, Enkelin des um die öffentliche Gesundheitspflege verdienten Arztes Southwood Smith, begann als junge Lehrerin die Wohnverhältnisse der Londoner Arbeiter in den verrufensten Stadtteilen zu erforschen und zu bessern, wobei sie zunächst in den Arbeitern selbst das Gefühl für Sauberkeit, Ordnung und Selbstachtung zu wecken suchte. Sie fand vielfach Unterstützung für ihr Liebeswerk und hatte bald unerwarteten Erfolg: die nach ihrem Plan verbesserten oder neuerbauten Arbeiterwohnhäuser verzinsten das aufgewendete Kapital gut und sicher. Außer Beiträgen für Zeitschriften schrieb sie: »Homes of the London Poor« (1875); »Our common land, and other essays« (1878).

5) David Bennett, nordamerikan. Politiker, geb. 29. Aug. 1843 in Havanna (New York), wendete sich dem Studium der Rechtswissenschaft in Elmira zu, wo er 1868 zur Advokatur zugelassen wurde, und warf sich mit großem Eifer auf die Politik. Er wurde 1870 in den Landtag von New York, 1882 zum Vizegouverneur und 1884 zum Gouverneur des Staates gewählt. 1891 gelangte er in den Bundessenat zu Washington. 1892 bewarb er sich um die demokratische Nomination zum Präsidenten der Republik, ebenso vergeblich wie 1894 bei der Gouverneurswahl des Staates New York. H., der sich auf den Tammanyring stützt, gilt als ränkesüchtiger Beutepolitiker.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 335-336.
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