Montpensier

[113] Montpensier (spr. mongpangßjē), franz. Grafschaft, seit dem 15. Jahrh. den Bourbonen gehörig, seit 1539 Herzogtum, seit 1608 durch Heirat an die Orléans übergegangen. Von den Mitgliedern dieses Hauses sind bemerkenswert:

1) Catherine Marie von Lothringen, Herzogin von, geb. 18. Juli 1552, gest. 6. Mai 1596, eine Tochter des Herzogs Franz von Guise, seit 1570 Gemahlin Ludwigs II. von Bourbon, Herzogs von M. (geb. 10. Juni 1513, gest. 23. Sept. 1582), spielte, von Haß gegen Heinrich III. erfüllt, weil dieser ihren Bruder hatte ermorden lassen, seit 1588 eine bedeutende Rolle in der Liga.

2) Anne Marie Louise von Orléans, Herzogin von, bekannt unter dem Namen »la Grande Mademoiselle«, Tochter des Herzogs Gaston von Orléans, des Bruders Ludwigs XIII., und der Marie von Bourbon, der Tochter der vorigen und Erbin des Herzogtums M., geb. 29. Mai 1627 in Paris, gest. 5. März 1693, schön, geistvoll und romantisch, ward vom königlichen Hof, der ihr in 20 Mill. Frank, vier Herzogtümern, der Herrschaft Dombes und der Grafschaft Eu bestehendes Vermögen nicht in andre Hände übergehen lassen wollte, an der Ausführung ihrer Heiratspläne, mit denen sie sich den größten Teil ihres Lebens beschäftigte, verhindert; sie verband sich daher, als ihr Vater auf die Seite Condés trat, mit den Frondeurs und leistete, abenteuerlichen Charakters, diesen 1652 bei der Behauptung von Orléans und bei dem Treffen in der Vorstadt St.-Antoine (2. Juli), wo sie Turenne durch die Kanonen der Bastille zum Rückzug nötigte, wesentliche Dienste. Erst 1657 durfte sie wieder am Hof erscheinen, wo sie 1669, 42 Jahre alt, eine leidenschaftliche Liebe zu dem jungen Grafen von Lauzun (s. d.) faßte, den sie heimlich ehelichte. Da ließ ihn Ludwig XIV. 1672 einkerkern, und nur durch Abtretung eines großen Teils ihres Besitzes öffnete sie nach fünf Jahren den Kerker ihres Gatten, der sie trotzdem 1685 verließ. Ihre andern Güter fielen nach ihrem Tod an den Herzog von Orléans, den Bruder Ludwigs XIV. Ihre, »Mémoires« (1729; hrsg. von Chéruel, Par. 1858, 4 Bde.) sind reich an Material für die Sittengeschichte des französischen Hofes. Vgl. Barine, La jeunesse de la Grande Mademoiselle (Par. 1901) und Louis XIV et la Grande Mademoiselle 1652–1693 (das. 1905).

3) Antoine Philippe, Herzog von, geb. 3. Juli 1775, gest. 18. Mai 1807 zu Twickenham in England, Sohn des Herzogs Philipp Joseph von Orléans (Egalité), jüngerer Bruder des Königs Ludwig Philipp, diente während der Revolution in Belgien und in Italien, wurde 1793 auf Befehl des Wohlfahrtsausschusses verhaftet und erst nach 31/2jähriger Gefangenschaft in Marseille freigelassen, um mit Ludwig Philipp 1797 nach Amerika zu gehen. 1800 kehrte er nach Europa zurück.

4) Antoine von Orléans, Herzog von, geb. 31. Juli 1824, gest. 4. Febr. 1890, fünfter Sohn des Königs Ludwig Philipp, nahm 1844–45 an mehreren Feldzügen in Algerien teil und ward 10. Okt. 1846 mit der spanischen Infantin Luise (geb. 30. Jan. 1832, gest. 2. Febr. 1897) vermählt, wodurch sich das Haus Orléans bei der voraussichtlichen Kinderlosigkeit der Ehe der Königin Isabella II. den spanischen Thron gesichert zu haben glaubte. Nach der Februarrevolution 1848 begab er sich nach England, dann nach Spanien, wo er in Sevilla residierte und 10. Okt. 1859 zum Generalkapitän der spanischen Armee und Infanten von Spanien ernannt wurde. Seine Hoffnung, nach Vertreibung der Königin Isabella auf den Thron erhoben zu werden, ging nicht in Erfüllung, da er bei dem Volke wenig beliebt war. Wegen seiner ehrgeizigen Ränke geriet er mit dem Infanten Heinrich von Bourbon in Streit und erschoß ihn 12. März 1870 im Duell. Bei der Königswahl 16. Nov. 1870 erhielt er nur 25 Stimmen. Seine älteste Tochter, Isabella (geb. 21. Sept. 1848), war seit 1864 mit dem Grafen Ludwig Philipp von Paris (gest. 8. Sept. 1894) vermählt, dem sie 1869 Philipp, den gegenwärtigen Chef des Hauses Frankreich, gebar; die dritte, Mercedes, vermählte sich 23. Jan. 1878 mit dem König Alfons XII. von Spanien, starb aber schon 26. Juni d. J. Sein einziger Sohn, Anton Duca di Galliera, geb. 23. Febr. 1866, ist seit 6. März 1886 mit Eulalia, der jüngsten Tochter der Exkönigin Isabella, vermählt und hat von ihr zwei Söhne, Alfons (geb. 1886) und Ludwig Ferdinand (geb. 1888). S. die Textbeilage »Verzweigungen des bourbonischen Hauses«, Abschnitt B in Band III, S. 281.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 113.
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