Nonne [4]

[733] Nonne (Fichtenspinner, Fichtenbär, Rotbauch, Ocneria [Liparis] monacha L., s. Tafel »Forstinsekten I«. Fig. 5), Schmetterling aus der Familie der Spinner (Bombycidae), 4–6 cm breit, am Kopf und Thorax weiß und schwarz, am Hinterleib, der beim Männchen in einen Afterbüschel endet und beim Weibchen in eine Legeröhre ausläuft, schwarz und rosenrot, auf den weißen Vorderflügeln mit schwarzen Zackenbinden und auf den grauen Hinterflügeln am Saum bindenartig dunkler. Er findet sich in ganz Europa und fliegt bei uns in der letzten Hälfte des Juli und im August; das Weibchen sitzt am Tage träge an Baumstämmen, während das [733] Männchen leichter aufgescheucht wird und dann taumelnd umherfliegt. Nach der Paarung legt das Weibchen die Eier nesterweise zu je 20–50, im ganzen etwa 150, zwischen Rindenschuppen, Moos, Flechten etc. ohne schützende Umhüllung. Ende April oder Anfang Mai kriechen die Räupchen aus, bleiben einige Tage in Familien (Spiegel) zusammen und sind im Juni oder Juli erwachsen (55 mm). Sie sind ziemlich stark behaart, meist rötlich, seltener grünlichgrau, mit dunkler, einen länglichen, hellen Fleck einschließender Rückenbinde, auf dem zweiten Ring mit samtschwarzem, fast herzförmigem Fleck beginnend. Die Puppe ist anfangs grünlich, später dunkelbraun, bronzeschillernd, mit weißlichen oder rötlichen Haarbüscheln und ruht etwa 15–20 Tage hinter einigen Fäden an Baumstämmen, auch zwischen den Laubblättern oder Nadeln der Futterpflanze, zu Ende Juni oder Anfang Juli. Die N. ist eins der schädlichsten Insekten, ihre Raupe frißt Kiefern- und Fichtennadeln, aber auch Eichen-, Buchen- und Birkenblätter, geht auch auf Apfel- und Pflaumenbäume und in der Not auf Lärchen und Wacholder, hat aber bisher den Fichten und Kiefern am meisten geschadet. Sie beißt die Nadeln in der Mitte oder noch tiefer an und verzehrt nur das untere Ende, während die obere Hälfte herabfällt; ebenso frißt sie an Laubhölzern nur den untern Teil der Blätter. Zur Bekämpfung der N. sammelt man die Raupen, Puppen und die an den Stämmen sitzenden weiblichen Schmetterlinge. Die fressenden Raupen sucht man durch Kalkstaub zu töten. Zum Anlocken der schwärmenden Schmetterlinge benutzt man elektrisches Licht und die von Gautsch erfundenen Zinkfackeln. Mit dem elektrischen Licht von 2000 Kerzen Leuchtkraft hat man einen Exhaustor verbunden, der alle anfliegenden Schmetterlinge in eine Grube schleuderte (in einer Nacht 200,000 Stück). Man befestigt auch an den Scheinwerfern den Pücklerschen Apparat, 16 dünne parallele Platindrähte, die durch den Strom zur Duukelrotglut gebracht werden und die dem Licht entgegenfliegenden Schmetterlinge verbrennen. Mit größerm Erfolg werden Leimringe an den Stämmen angewendet, weil die Raupen in lichtern Beständen vom Baum herabsteigen, um auf einen andern überzugehen. Die wirksamste Hilfe ist immer von den Vögeln und den parasitisch in den Raupen hausenden Larven (Schlupfwespen, Tachinen) und Schmarotzerpilzen zu erwarten. Deshalb darf man weder Eier noch junge Raupen sammeln, weil dadurch die Schlupfwespen geschädigt werden. Der Schwammspinner (Dickkopf, Großkopf, Rosenspinner, O. [L.] dispar L., s. Tafel »Gartenschädlinge I«, Fig. 2) erscheint in beiden Geschlechtern ungemein verschieden. Das Weibchen ist 8 cm breit, plump gebaut, schmutzigweiß, am dicken Ende seines Hinterleibes mit braungrauer Wolle bekleidet, auf den weißen Flügeln mit schwarzen Zackenbinden gezeichnet. Das viel schlankere, 4,5 cm breite Männchen ist graubraun, am Hinterleib hellgrau, einreihig schwarz gefleckt, an der Spitze zottig bebuscht; die Vorderflügel sind graubraun, mit verwaschenen, dunkeln Zackenlinien, die Hinterflügel braungelb;; es fliegt am Tage lebhaft und rastlos umher. Der Schwammspinner findet sich in ganz Europa, Algerien, auch in Nordamerika, fehlt in einigen nordwestlichen Distrikten Deutschlands, fliegt bei uns im Juli und August; das äußerst träge Weibchen legt 300–500 Eier in Kuchen, eingebettet in die braunen Haare seiner Hinterleibsspitze, so daß die Häuschen einem Stück Feuerschwamm gleichen (große Schwämme, daher der Name), an Baumstämme und Mauern. Im Frühjahr schlüpfen die Raupen aus und fressen die Knospen und Blätter der Obstbäume, besonders der Zwetschen, auch der Rosen und vieler Laubhölzer. Die Raupe hat eine gelbliche Längslinie auf dem schwarzgrauen, heller gesprenkelten Rücken, zwei blaue Warzen auf den fünf ersten, je zwei rote auf den sechs folgenden Körperringen und außerdem noch zwei Reihen Warzen, die wie die übrigen lange, vorherrschend weißliche Haarbüschel tragen. Nach der letzten Häutung erreicht die Raupe 5 cm Länge und besitzt einen sehr dicken, gelblichgrauen, braun gefleckten Kopf (daher der Name Dickkopf). Die lebhafte, vorn gerundete, hinten kolbig gespitzte, matt schwarze und mit einzelnen gelben Haarbüscheln bewachsene Puppe hängt hinter wenigen Fäden in einer Rindenspalte oder zwischen einigen Blättern. Zur Vertilgung des Schwammspinners sammelt man die Eier, die sehr hart und daher schwer zerstörbar sind, von Bäumen, Zäunen, Mauern, ferner die Raupen und die Weibchen, doch muß die Bekämpfung, wenn sie Erfolg haben soll, in ganzen Gemeinden gleichmäßig und streng durchgeführt werden. Die Haare der Raupen können auf der Haut empfindlicher Leute Entzündung hervorrufen. Vgl. Pauly, Die N. in den bayrischen Waldungen (Frankf. 1891); Wachtl, Die N. (2. Aufl., Wien 1892); Wachtl u. Kornrauth, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie, Biologie und Pathologie der N. (das. 1893); Nitsche, Die N. (das. 1892); A. Schmidt, Die N. (Ratibor 1893); Metzger u. Müller, Die Nonnenraupe u. ihre Bakterien (Berl. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 733-734.
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