York [1]

[820] York, Stadt (city) und Grafschaft im nordöstlichen England, liegt an der großen Landstraße, die seit den Zeiten der Römer den Norden Englands mit Schottland verbindet, und an der schiffbaren Ouse, die bis zur Stadtbrücke für Schiffe von 120 Ton. Gehalt fahrbar ist. Y. ist eine der interessantesten und altertümlichsten Städte Englands. Es ist von Mauern umgeben, deren Fundamente aus der Römerzeit, deren Hauptbauten aber aus der Regierung Eduards I. stammen. Diese Mauern werden von neun Toren durchbrochen und sind seit 1861 in Spaziergänge verwandelt worden. An sie schließt sich das Schloß an, 1826–36 vollständig umgebaut, mit Räumlichkeiten für Gerichtshöfe, Gefängnis und Grafschaftshalle, so daß nur der von Wilhelm dem Eroberer auf römischem Fundament erbaute Cliffordturm an die alte Zeit erinnert. Die größte Merkwürdigkeit der Stadt ist indes die Domkirche (Minster), eins der prächtigsten Denkmäler gotischer Baukunst (s. Tafel »Architektur IX«, Fig. 6), in Kreuzform, 159,7 m lang, in den Querschiffen 67,7 m breit, im Schiff 79,5 m lang, 30,2 m hoch, mit drei Türmen, von denen der über dem Kreuz 64,9 m, die beiden westlichen 59,7 m hoch sind. Die Kirche wurde 627 durch den sächsischen König Edwin von Northumberland gegründet, 1070 der Ausbau begonnen und 1246 das südliche Querschiff (der älteste Teil der Kirche) beendigt; die Vollendung des mittlern Turmes fällt in das Jahr 1472. Die Glasfenster sind meist aus dem 14. und 15. Jahrh. Mit dem Dom durch einen Gang verbunden ist das Kapitelhaus, ein regelmäßiges Achteck von 18,3 m Durchmesser und 18,8 m Höhe, im Innern mit zierlichen Säulen, leichtgeschwungenen Bogen, einer von einem einzigen Pfeiler gestützten Decke und herrlichen Glasmalereien. Von den 41 Kirchen, 17 Kapellen und 10 Klöstern, welche die Stadt unter Heinrich VIII. hatte, sind nur noch 23 Kirchen und 11 Kapellen übrig; doch wurden im Laufe der Zeit mehrere neu gebaut, wie namentlich eine 1866 vollendete kath. Kathedrale, dicht beim Minster. Von der 1056 gestifteten Benediktinerabtei St. Mary's und dem St. Leonard's Hospital (von 1137) sind nur noch Ruinen übrig. An der Ouse liegen hintereinander das 1725 im modernen Stil erbaute Stadthaus (Mansion House), das dem Lord-Mayor als Amtswohnung dient, und das 1446 erbaute städtische Rathaus (Guildhall). Erwähnung verdienen noch das neue Gerichtsgebäude und die Bibliothek (beide von 1892), das Theater. Y. hatte 1901: 77,914 Einw., die lebhaften Handel und Eisengießerei, Bau von Eisenbahnwagen, Sägewerke, Brauerei, Gerberei, Fabrikation von Kämmen, Dünger, Seife etc. betreiben. Unter den wohltätigen Anstalten verdienen Beachtung das Grafschaftshospital mit Arzneischule, ein Irrenhaus und eine Blindenschule (im ehemaligen Palast Heinrichs VIII.). An Bildungsanstalten sind zu nennen: die erzbischöfliche Bibliothek, das Museum der philosophischen Gesellschaft, das 1884 eröffnete Institut für Kunst und Wissenschaft, ein Lehrerseminar und das katholische St. Lawrence College, in der Vorstadt Ampleforth. Y. gehörte bis 1888 zu Yorkshire. – Das alte Eburacum war seit 79 n. Chr. die ansehnlichste römische Stadt in Britannia, Sitz der Regierung, zeitweilige Residenz der Kaiser Hadrian, Septimius Severus, Constantius Chlorus und Grabstätte der beiden letztern. Dann wurde es unter dem Namen Eoforwic Hauptstadt des angelsächsischen Königreichs Northumberland. Seit dem Einfall der Dänen, die Y. 867 eroberten und die Angelsachsen unter seinen Mauern schlugen, mußte es seinen Ruhm, Englands erste Stadt zu sein, an London abtreten. Seit 625 predigte Paulinus hier das Christentum; einer seiner Nachfolger, Egbert, führte seit 735 den Titel eines Erzbischofs. Das Obergericht zu Y. (Council established in the North) wurde von Heinrich VIII. eingesetzt. 1644 wurde die Stadt von den Parlamentstruppen und Schotten belagert und, nachdem die königlichen Entsatztruppen unter dem Pfalzgrafen Ruprecht 2. Juli auf dem Marston-Moor (s. d.) geschlagen worden, erobert. Bis zum Ende des 15. Jahrh. hatte der Erzbischof von Y. die Obergerichtsbarkeit über die schottischen Bischöfe. Er führt auch jetzt noch den Titel Primas von England, während der von Canterbury den eines Primas von »ganz« England und eines Metropoliten erhielt. Zur Erzdiözese Y. gehören die Bistümer Carlisle, Chester, Durham, Man (Sodor und Man), Manchester und Ripon. Vgl. Hargrove, History and description of the ancient city of Y. (York 1818, 2 Bde.); Wellbeloved, Eburacum, or Y. under the Romans (Lond. 1847); Raine, York (in der Sammlung »Historic towns«, das. 1893); T. P. Cooper, Y., story of its walls, bars, and castles (das. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 820.
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