Cicaden

[134] Cicaden (Cicadariae, Cicadellina), Familie aus der Ordnung der halbdeckslügeligen Insecten (Abtheilung der Homoptera); haben vier geaderte, ungleich große, meist häutige Flügel (selten sind die vorderen mehr lederartig), drei- bis sechsgliederige, meist kurze Fühlhörner mit seiner Endbürste, zweitheiligem Saugrüssel, dreigliederige, zweiklauige Füße; leben auf Pflanzen, nähren sich von den Säften derselben, legen die Eier mittelst einer Legesäge in Baumrinden; die Larven bekommen nach der Häutung Flügelscheiden u. Flügel. Einige bringen durch einen besonderen Singapparat zirpende Töne hervor. Sie theilen sich in folgende Gattungen u. Untergattungen: A) Cicada Oliv., Tettigonia Fabr., Sing-C., Manna-C., eigentliche C.), Fühlhörner sechsgliederig, zwischen den vorstehenden Augen eingefügt, keine Springfüße, Flügel glasartig, aderig, auf Bäumen u. Sträuchern wärmerer Gegenden, deren Saft sie saugen, ziemlich unschädlich. Die Larven (Tettigomatrao) kriechen in die Erde u. werden hier puppenartig (sonst eine Delicatesse, wie das vollkommene Insect). Die Männchen haben ein eigenthümliches Stimmorgan, nämlich eine zwischen einem ovalen Hornringe ausgespannte, elastische, der Länge nach gefaltete Haut, die gleich hinter dem ersten, großen Luftloche des Hinterleibes liegt u. durch einen eigenthümlichen Muskelapparat in Schwingungen gesetzt werden kann. Wird beim Athmen der Hinterleib erweitert u. verengt, so dehnt u. spannt sich der Muskel mit, die Haut wird dadurch in Schwingungen gesetzt u. tönt nun, wobei durch eine große Luftblase an der Seite des Leibes, welche Muskel u. Haut umkleidet, der Ton noch verstärkt wird. Zwei halbrunde Hornplatten dienen als schützende Decke des Stimmapparates, tragen aber wenig od. nichts zur Hervorbringung der Stimme bei. Arten: a) Mann a-C. (Sing-C., Eschen-C., C. orni, Tettigonia o.), schwarz, gelb gestrichelt, auf den gelben Flügeldecken schwarz punktirt, 1 Zoll lang;[134] in Italien, Frankreich, Süddeutschland etc., bohrt in die Mannaesche, welche dann Manna fließen läßt. Bei den alten Dichtern wurde diese C. (Tetti-C.) als musikalisch gepriesen, daher dem Apollon heilig; in den Mysterien Symbol der Fruchtbarkeit. Aus letzterem Grunde vielleicht war es altattische Sitte, eine goldene Grille als Schmuck im Haare zu tragen; nach And. geschah dies in Beziehung auf ihr musikalisches Talent u. auf die Sage, daß Attikas Bewohner Antochthonen wären; nach Ein. war dieser Schmuck auch Zeichen eines in die Mysterien Eingeweihten. Überhaupt führten die natürlichen Eigenschaften dieses Insectes auch auf verschiedene symbolische Vorstellungen, z.B. Bild der Mittagshitze. Eine schöne Dichtung in Platons Phädros; b) Gemeine C. (C. plebeja, Tett. fraxini), größer, schwarz mit mehreren Flecken auf dem ersten Körperring u. mit rostfarbenen Adern auf den Flügeln; größte europäische Art; c) Leiermann (C. tibicen), gibt einen leierartigen Ton von sich, in Surinam; d) Heuschrecken-C. (C. septemdecim), in den Nordamerikanischen Staaten, kommt nur alle 17 Jahre, aber dann in Unzahl hervor, gibt einen hellen Ton von sich; die Larve lebt (oft 12 Fuß tief) unter der Erde; die Larve u. das vollkommene Insect werden von Menschen u. Thieren verzehrt, die Larven, die beim Auskriechen sehr fett sind, werden als Seife benutzt; e) Blutrothe C. (C. sanguinea, C. haematodes), schwarz, blutroth gestreift, in Österreich, Sachsen, Baiern. B) Cicadella, nur drei Glieder an den Fühlern, ohne Singorgan, Füße zum Springen, Fühler zwischen den Augen. Dazu die Untergattungen: a) woder Kopf nach vorn geneigt, stumpfspitzig, aa) das Rückenschild nicht sichtbar ist, die Schienbeine nicht blattartig sind: α) Waffen-C. (Membracis Fabr,), der Vorderbrustring ist erhöht; Art: Blattschild (M. foliata), Brust erhöht, blattähnlich, gelb, mit schwarzem Strich u. Fleck, aus Südamerika; β) Tragopa Latr., an jeder Seite ein Horn, das sich nach hinten in eine gewölbte Spitze verlängert; bb) wo die Schienbeine nicht blattartig sind; dazu: Darnis Fabr., die Verlängerung bedeckt ganz od. größten theils den Hinterleib u. Flügeldecken; Bocydium Latr., die Verlängerung ist schmal; cc) das Rückenschild ist wenigstens theilweise frei; dazu: Centrotus Fabr.; Art: Teufelchen (Horn-C., C. cornutus. Membracis C.). Halsschild jederseits mit einem Horn, schwarz, Füße roth; springt gut; 4 Linien lang; in Deutschland auf Weiden, Farrenkraut, Haseln; b) wo der Kopf wenig od. nicht geneigt ist; Untergattungen: aa) Aetalion (Etalion), Brust unregelmäßig sechseckig, Fühler nahe bei der Brust; bb) Ledra Fabr., Fühler auf der Stirn, Kopf vor den Augen, sehr flach, Hinterschienbeine zusammengedrückt, gezähnt; Art: L. aurita, grau, Brust jederseits mit 1 Horn, auf Eichen; cc) Ciccus Latr., Fühler fünfgliederig; dd) Ufer-C. (Cercopis Fabr., Aphrophora Germ.), Fühler auf der Stirn, 3. Glied kegelförmig, mit Borste, Stirn über den Scheitel greifend; Art: Schaum- C. (C. spumaria), braun, Flügeldecken mit zwei weißen Flecken, Länge 3 Linien; Larve grün, bildet um sich einen weißen Schaum (Kuckuksspeichel, Frühlingsschaum, Froschspeichel) u. entwickelt sich darin; Maulbeerbaumschaum-C. (C. goudoti), so häufig auf Maulbeerbäumen der Insel Madagascar, daß die Schaumtropfen am Tage wie Regen herunter fallen; Blut-C. (C. sanguinolenta), schwarz, rothgefleckt, auf Weiden u. Haseln; c) der Vorderbrustring ist nach hinten nicht, od. unmerklich verlängert, u. endigt in eine gerade Linie von der Höhe der Basis der Flügeldecken; Untergattungen: aa) Eulopa; Art: E. obtecta, aus Frankreich; bb) Eupelix; Art: E. cuspitata; cc) Penthimia, der Gattung Cercopis sehr ähnlich; Art: P. haemorrhoa; dd) Jassus Fabr., der Scheitel sehr kurz, breiter als lang, Fühler mit langer Borste; Art: Rosen-C., gelb, Flügelspitzen braunstreifig, häufig auf Rosen; ee) Tettigonia Oliv. (C. Fabr.), den Gattungen Jassus u. Ciccus nahe stehend.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 134-135.
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