Delphīn

[823] Delphīn (Delphinus L.), 1) Gattung der Wallfische; in beiden Kinnladen sind mehr od. weniger kegelförmige Zähne, der Kopf steht im Verhältniß mit dem Körper; Spritzloch halbmondförmig; sind Raubthiere, einige Arten sind so zutraulich, daß sie aufs Rufen kommen u. aus der Hand fressen; sie schwimmen gern um die Schiffe, hören sehr leicht, obgleich ihre äußeren Ohren unmerklich sind; sollen schnell wachsen u. bis 30 Jahre alt werden. Zahlreiche Arten, die man daher in folgende Untergattungen getheilt: A) Eigentlicher D. (Delphinus Cuv.), mit gewölbter Stirn, schnabelförmiger Schnauze, durch eine Furche abgesetzt, Zähne walzig, spitzig, etwas gekrümmt; Arten: a) Gemeiner D. (Tümmler, Delphinus, Delphis), an jeder Kieferseite 42–47 dünne, etwas gebogene, spitzige Zähne, ist oben schwarz, unten weiß, wird bis 4 Ellen lang, lebt truppweise in allen Meeren, schnellt sich aus dem Wasser selbst auf das Verdeck der Schiffe, schwimmt sehr schnell, ist der D. der Alten b) Großer D. (Tursio, Tumber, D. tursio), Schnabelschnauze kurz, breit, niedergedrückt, Zähne 21–24 jederseits, wird bis 15 Fuß lang, Bauch weiß, seltener, im Nord- u. Mittelmeer. B) Schnabel-D. (Delphinorrhynchus Blain.), Schnauze lang u. dünn, doch durch keine Furche von der Stirn abgesondert; Arten: a) D. micropterus, Rückenflosse weit hinten stehend, 15 Fuß lang, im Atlantischen Meere; b) Dünnschnabeliger D. (D. rostratus), 8 Fuß lang, im Holländischen Meere bei Brest entdeckt; c) D. gangeticus (Platanista gangetic., Susu), geht ziemlich hoch den Ganges hinauf; u.a. C) Meerschwein (Phocaena), Schnauze kurz, Schnabel fehlt; Arten: a) Meerschwein (Kleiner Tümmler, Braunfisch, D. Phocaena), jederseits 22–25 zusammengedrückte schneidende, rundliche Zähne, Rücken bläulichschwarz, unten weiß, kleinster D., nur 5 Fuß lang, sehr gemein in der Nord- u. Ostsee, im Nord- u. Mittelmeer; b) Der Zweibindige Braunfisch (D. bivittatus, Phocaena bivittatus). an der Küste der Provence. D) Butsköpfe (Butskaper, Grampus), Rückenflosse, Stirn sehr gewölbt u. vorstehend, keine Schnabelschnauze, Kinnlade kürzer, Zähne walzig, gekrümmt; a) Gemeiner Butzkopf (Nordkaper, Speckhauer, Schwertwall, Fechter, D. orca L., Phocaena orca, Phocaena gladiator Cuv.), Art aus der Gattung D.; Kopf u. Schwanz lang, Schnauze rundlich, kurz, mit verlängerter Oberkinnlade, Zähne ungleich, kegelförmig, rückwärts gebogen; ist oben schwarz, unten weiß, mit weißem Flecke auf den Augen; größter D., bis 25 Fuß lang, lebt im Atlantischen Meere zwischen dem Äquator u. dem Nordpol, kommt auch ins Mittelmeer; frißt Häringe, die er mit seinem [823] Schwanze wirbelnd zusammentreibt; verfolgt in Schaaren den Wallfisch, dem er Stücke aus dem Leibe reißt, u. heißt deshalb auch Mörder. Er ist Gegenstand eines großen u. wichtigen Fanges auf den Färöer. b) Der Grindewal (D. globiceps), 18–20 Fuß lang, schwarz, an der Gurgel mit weißem Herzfleck u. einem Streif von da bis zum After, um Nordeuropa, Nordamerika u. im Norden des Stillen Oceans. E) Butzwal (Hyperoodon Lacep., Uranodon Ill), hat sehr wenige, im Alter ausfallende Zähne, einen breiten, schnell sich verdünnenden Schnabel, sonst den D-en ähnlich; a) Oberzahn (I). epiodon, Hyperoodon epiodon), an der Küste Siciliens; b) Anarnak (D. Anarnacus, H. Anarnacus), um Grönland, u. c) Dögling (D. bidentatus, H. bidentatus), 20–30 Fuß lang, im Atlantischen u. Mittelmeer, in der Nord- u. Ostsee. F) Zahnloser D. (Aodon), spindelförmig, mit Hals u. Schnabel, Zähne u. Gaumenzähne fehlen ganz; der Zahnlose D. (D. edentulus, A. edentulus), 15 Fuß lang, oben dunkelgrau, unten weißlich, hell glänzend, im Atlantischen Meer. G) Finnenlose D-e (Delphinapterus), die Rückenflosse (Finne) fehlt; Beluga (s.d.), Meerschweinartiger D. (D. phocaenoides, A. phocaenoides), Weißschnabel-D. (D. leucorhamphus, A. leucorhamphus) u.a. H) Inia (Inia), mit gestreckter, schmaler, behaarter, schnabelförmiger Schnauze, dicken rübenförmigen Zähnen u. höckerartiger Rückenflosse; die Inia (D. Inia, I. boliviensis) in amerikanischen Flüssen u. Landseen. Man fängt die D-e wegen ihres Thranes. Von einigen kommen Überreste aus der Urwelt vor, z.B. vom Borda 'schen D., mit weit hinauf verwachsenen beiden Hälften des Unterkiefers, gefunden bei Sort im französischen Departement Landes; vom Cortesischen D., mit breiter Schnauze, gefunden auf den Apenninen u.a.; 2) (Myth. u. Ant.), Bakchos verwandelte die Tyrrhener in D-e, ein D. trug den Poseidon zur Amymone, ein anderer half ihm die Liebe der sptöden Amphitrite gewinnen, weshalb ihm diese Thiere heilig waren u. ihr Bild unter die Sterne versetzt wurde. Alle Seefahrer, auch viele Seestädte, die Tyrrhener, die Tarentiner etc. wählten den D. als Wahrzeichen. Man legte dem D. große Anhänglichkeit an den Menschen u. Liebe zur Musik bei, daher ein D. Retter des Arion (s.d.) wurde, eine Erzählung, deren ähnliche im Alterthume mehrere vorkommen. D-e kommen auch auf den Münzen von Messina, Tarent u. Berytus (hier um den Schaft eines Dreizacks gewunden) u. in den Stadtwappen von Gades, Nema, Carteia u. Sagunt (hier nebst Dreizack) u. auf Gemmen vor, auch hier neben od. um einen Dreizack od. Anker geschlungen; 3) kleines Sternbild am nördlichen Himmel, zwischen dem Pegasus u. dem Adler; hat 5 Sterne 3. Größe, wovon 4 eine Raute bilden. Er soll den D. vorstellen, welcher den Arion durchs Meer trug; nach Anderen versetzte ihn Neptun unter die Sterne; vgl. Kleines Pferd; 4) (Herald.), im Wappen ein großer, dicker, bes. dickköpfiger, meist rund gebogener Fisch, bei welchem bemerkt wird, ob er gebärtet, geschwänzt, mit feurigen Augen u. geflosset erscheint; schmachtend ist er, wenn er die Augen geschlossen u. den Mund offen hat, ohne daß man die Zunge sieht; 5) so v.w. Delphinschnecke; 6) (Seew.), bei den Alten ein schweres Stück Eisen in Form eines D., welches an den Endpunkten der Raaen gehißt wurde, um auf die feindlichen Schiffe beim Entern (s.d.) geworfen zu werden; solche Schiffe hießen Delphinophŏroi. Die neuere Seetaktik bedient sich hierzu der Dregg- od. Wurfanker mit 4 Armen u. Widerhaken an den Ankerklauen; 7) auf der Spina im Circus in Rom waren die D-es kleine delphinförmige Zierrathen auf Säulchen, an deren Anzahl man die Menge der vollendeten Rennen sehen konnte; 8) an schweren Kanonen die Henkel od. Handhaben, welche meist die Form eines D. hatten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 823-824.
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