Galilēi

[857] Galilēi, 1) Galileo, geb. 18. Febr. 1564, erhielt von seinem Vater eine sorgfältige Erziehung u. studirte, obwohl er schon als Knabe mehr zu mechanischen Arbeiten sich hinneigte, in Pisa seit 1581 Medicin u. Philosophie; bald jedoch wählte er die Mathematik zu seinem eigentlichen Studium, nachdem er in einem Alter von 19 Jahren durch Beobachtung der Schwingungen einer Lampe im Dom zu Pisa auf die Gesetze vom Pendel hingeleitet worden war. 1586 erfand er die Hydrostatische Wage; 1589 Professor der Mathematik in Pisa geworden, eiferte er bes. gegen die geistlose Nachbeterei der Aristotelischen Philosophie, namentlich wies er die Schwächen u. Unrichtigkeiten von physikalischen Aufstellungen der Aristotelischen Schule nach, indem er unter Anderem die Lehre vom Falle angriff u. durch seine deshalb angestellten Versuche auf dem Thurm in Pisa zeigte, daß das Gewicht auf die Geschwindigkeit fallender Körper keinen Einfluß habe. Seine Feinde zwangen ihn, sein Amt niederzulegen, worauf er 1592 Professor der Mathematik in Padua wurde, wo er zuerst die Italienische Sprache bei seinen Vorträgen anwandte u. rasch einen europäischen Ruf erlangte; 1597 erfand er den Proportional;irkel u. später machte er wichtige Beobachtungen über das Wesen des Magnets u. mittelst eines um dieselbe Zeit erfundenen, von ihm vervollkommneten Fernrohres viele wichtige astronomische Entdeckungen. So bemerkte er zuerst die Mondberge u. berechnete deren Höhe aus ihrem Schatten, entdeckte einen Jupitertrabanten, den Saturnring, die Sonnenflecken u. schloß aus der Fortbewegung derselben auf eine Umdrehung der Sonne. Um dieselbe Zeit begründete er das Gesetz des Falles. Sein wissenschaftlicher Ruf nahm nun eine immer größere Bedeutung an; Cosmo II. von Toscana berief ihn 1610 wieder nach Pisa als ersten Lehrer der Mathematik, mit der Erlaubniß, sich seinen Wohnsitz, wo es ihm beliebe, zu wählen. G. zog, dem Rufe folgend, auf das Lustschloß Alle Selve zu seinem Freund Salviati u. machte hier Beobachtungen über das Schwimmen fester Körper u. über die Bewegungen einzelner Planeten. Da diese Beobachtungen das von der Katholischen Kirche verdammte Copernikanische Sonnensystem bestätigten, gerieth er in Streit mit dem Clerus; er hoffte in Rom Schutz gegen fanatische Mönche zu finden, sah sich aber getäuscht u. mußte versprechen, zur Vertheidigung des Copernikanischen Systems weder etwas zu reden, noch drucken zu lassen; 1618 schrieb er über drei damals erschienene Kometen. Einer seiner Schüler benutzte diese Schrift anonym zum Angriff gegen die Jesuiten u. gerieth darüber mit dem Jesuiten Garasse, welcher G. für den Verfasser hielt, in Streit; G. vertheidigte sich in seinem Saggiatore, zog sich aber dadurch die Feindschaft des Ordens zu, dessen Verfolgungen er nun fortdauernd ausgesetzt war. Unter dem Schutze des Großherzogs lehte u. lehrte er indeß ungestört,[857] bis er 1632 seine berühmte Schrift: Dialogo dove ne' congressi di quattro giornate si discorre de' due massimi sistemi del mondo, Tolemaico e Copernicano, worin er drei Personen redend einführte, eine, welche das Copernikanische, eine, welche das Ptolemäische System vertheidigte, u. eine, welche beide Systeme mit einander verglich, die Streitfrage aber unentschieden ließ, veröffentlichte. Diese Schrift, obgleich mit römischer Censur gedruckt, benutzten seine Feinde, um ihn beim Papste Urban VIII. zu verdächtigen. Durch den Tod Cosmos II seines Schutzes beraubt, wurde er 1633 vor die Inquisition in Rom gefordert, mußte dort seine Behauptungen kniend abschwören u. wurde sodann auf unbestimmte Zeit ins Gefängniß gesetzt. Unverbürgt ist die Sage, daß G. beim Aufstehen, nachdem er den Schwur geleistet, mit dem Fuße stampfend vor sich hin gemurmelt habe: E pur si muove! (Und sie bewegt sich doch!) Man ließ ihn später wieder los, verwies ihn Anfangs in den bischöflichen Palast zu Siena, später in das Kirchspiel Arcetri bei Florenz. Hier beschäftigte er sich mit Untersuchungen, welche die Ballistik u. Mechanik betrafen, entdeckte noch, obschon halb blind, das Schwanken des Mondes u. wies darauf hin, daß man die Beobachtungen der Bahn der Trabanten des Jupiter zu Längenbestimmungen nutzen könne. Umgeben von zahlreichen Freunden u. Schülern, welche ihm die Leiden des Alters, Blindheit, Taubheit u. Gliederschmerzen, leichter ertragen ließen, starb er 8. Jan. 1642 Ihm wurde in Pisa eine Statue errichtet. Seine Reliquien, Instrumente u. Arbeiten sind seit 1841 in dem Gebäude des naturwissenschaftlichen Museums in Florenz (G.-Tribune) aufbewahrt. Seine erste Schrift war: Operazioni del compasso geometrico e militare, 1606, seine letzte: Discorsi e dimonstrazioni matematiche, 1638; er schr. auch: Studi sulla Divina commedia, 1588, herausgeg. von O. Gigli, Flor. 1855; seine Werke erschienen Bologna, 1656, 2 Bde.; Flor. 1718, herausgeg. von Bonaventuri u. Bottari, Padua 1744, 4 Bde., Mailand 1808–11, 13 Bde.; Flor. 1842–56, 15 Bde. von Alberi (5 Bde. astronomische, 5 Bde. Briefe, 4 Bde. physisch-mathematische Schriften, 1 Bd. literarische Arbeiten); Lebensbeschreibung von C. I. Jagemann, Weimar 1787; Nelli, Vita e commercio lett. di G. G., Lauf. 1793; Venturi, Memoire e lettere di G. G., Mail. 1818–21; Mar. Marini, G. e l'inquisizione, 1850; Libri, Hist. de la vie et des oeuvres de G., Par. 1841 (deutsch, Wiesb. 1842); Cattauro, Cluni su la vita di G. G., Mail. 1843. 2) Vincenz, Sohn des Vor., wandte zuerst den Pendel, den sein Vater erfunden hatte, auf die Uhren an (1649), welche Erfindung Huygens später noch verbesserte.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 857-858.
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