Speranski

[527] Speranski, Michael Graf S., geb. 1. Jan. 1772 zu Tscherkutino im Gouvernement Wladimir, Sohn eines Geistlichen; studirte erst im Seminar zu Wladimir, seit 1788 in dem beim Newski-kloster in Petersburg, wurde 1791 Professor der Philosophie u. Inspector bei letzterem Seminar, verließ dasselbe aber bald u. wurde Secretär beim Fürsten Kurakin, 1797 Abtheilungschef in der Kanzlei des Senates u. 1801 Staatssecretär im Ministerium des Innern, wo er sich bes. durch die Ausführung der liberalen Ideen des Kaisers Alexander Verdienst erwarb; 1808 begleitete er seinen Kaiser nach Erfurt, wo er von Napoleon sehr ausgezeichnet wurde u. mit Talleyrand in Verbindung trat; nach der Rückkehr nach Petersburg wurde er Geheimrath des Kaisers u. die Seele des Reichsrathes, er machte die Vorlagen zu einer gänzlichen Reform der Administration des Reiches, u. die sämmtlichen Ministerien wurden in einen obersten Reichsrath vereinigt, das Steuersystem vereinfacht, das Budget untersucht, ein Schuldentilgungsfond errichtet, die Summe des Papiergeldes vermindert, ein neues Zolltarif- u. Münzsystem eingeführt. Dadurch daß er sich bei diesen Reformen zu weit von dem historischen Boden Rußlands entfernte, machte er sich viele Feinde, denen es endlich gelang ihn dem Kaiser als den erkauften Begünstiger der Franzosen u. Dänen, der Feinde Rußlands, zu verdächtigen, u. er wurde 17. März 1812 nach Nischni-Nowgorod exilirt. Beim Nahen der Franzosen wurde er weiter nach Perm gebracht, erhielt aber 1814 die Erlaubniß auf seinem Gute Welikopolie im Gouvernement Nowgorod zu leben; wurde 1816 Civilgouverneur in Pensa u. 1819 Generalgouverneur von Sibirien, welchem Lande er die Verfassung gab, welche jetzt noch mit wenig Veränderungen gilt; 1821 kehrte er nach Petersburg zurück u. wurde zum Mitglied des Regierungsrathes ernannt, ohne jedoch die frühere Gunst des Kaisers wieder zu erlangen. Unter Kaiser Nikolaus erhielt er zunächst den Auftrag der Untersuchung gegen die Decemberverschworenen u. dann der Redaction des russischen Gesetzbuches, welches er bis Anfang 1833 vollendete; darauf machte er den Plan zu der russischen Rechtsschule u. unterrichtete 1835–37 den Cäsarewitsch Alexander in dem russischen Rechtswesen. Er st. 11. (23.) Febr. 1839, nachdem er kurz vorher in den Grafenstand erhoben worden war. Er übersetzte des Thomas a Kempis Nachfolge Christi ins Russische. Lebensbeschreibungen von seiner Tochter u. von Korff, Petersb. 1861.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 527.
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