Via

[548] Via (lat.), 1) Straße, Weg; daher Viae servĭtus, der Wegservitut, s.u. Servitut S. 903. Viae receptae actio (V. rejectae actio), Klage eines Grundstückbesitzers gegen seinen Nachbar, welcher den, zwischen beider Grundstücken hingehenden Weg auf des Klägers Grundstück, z.B. durch successives Ab Pflügen u. Hinüberdrängen, hinübergebracht hat, sowie gegen den, welcher das Grundstück eines Andern zum öffentlichen Wege zieht. Sie geht auf Wiederherstellung des Wegs u. Ersatz des Schadens. Bes. 2) größere Gassen in Rom; so V. sacra (s. Rom S. 244), nach welcher ein eigner Stadttheil benannt war (s. ebd. 243); 3) (V. strata), Heer-, Landstraße, Chaussee. Die Heerstraße in Italien waren entweder Viae publĭcae (zur Kaiserzeit V. regĭae), welche auf Staatskosten gebaut u. unterhalten wurden, od. V. privatae od. viciuales Die Aufsicht über die V. war Anfangs den Ädilen, später den Censoren übertragen, noch später wurden dazu besondere Magistrate, Viocuri (Curatores viarum od. Duumviri viarum) angestellt, welche seit Augustus zwei Lictoren zu ihrer Begleitung erhielten. Ihre Namen hatten die römischen Straßen entweder von den Orten, wohin sie führten, od. von Personen, welche sie gebaut od. ausgebessert hatten. A) Südlich von Rom: a) V. Latina, ging von der Porta Capena, später von der Porta Latina, in Rom aus u. führte über Ferentinum nach Casilinum, wo sie sich mit der V. Appia, vereinigte. Eine Seitenstraße derselben war die V. Tusculana, welche sich beim Albanergebirge von ihr trennte, zwischen dem Algidus u. den Bergen von Tusculum durchführte u. sich bei Anagnia an die V. Praenestina anschloß. In das südliche u. östliche Italien führte b) V. Appia, die früheste, schönste u. dauerhafteste, jetzt an mehren Stellen noch vorhandene Straße, vom Censor Appius Claudius Cäcus 312 v. Chr. erbaut; ging von der Porta Capena (später der P. Appia) in Rom nach Sinuessa, hierauf östlich über Casilinum bis Capua, später durch Augustus verlängert nach Benevent u. Brundisium. In den Pontinischen Sümpfen wurde sie durch einen mitten durch dieselben gehenden Kanal ersetzt, auf welchem man in einem Fahrzeuge von Maulthieren gezogen wurde. Nebenstraßen von ihr waren: V. Domitiana, von Sinuessa bis nach Puteoli, V. Trajana, wahrscheinlich die von Trajan angelegte Straße in Bruttium; V. Numicia (V. Minucia) auch nach Brundisium, V. Setina bis Setia in Campanien; V. Campana, von Capua nach Puteoli; c) V. Ardeatina, ging neben der Appia von der Porta Ardeatina bei den Antoninischen Bädern aus nach dem Numicus u. nach Ardea; d) V. Ostiensis, führte von der Porta Ostiensis (später der P. Nävia) auf dem östlichen Tiberufer nach Ostia; ihre Verlängerung über Circeji nach Terracina hieß V. Severina, ihre Seitenstraße nach Laurentum V. Laurentina; e) V. Portuensis, führte von der Porta Portuensis jenseit des Tibris nach Portus bei Ostia; bis Centumcellä fortgesetzt hieß sie V. Litoralis. Von ihr liefen wahrscheinlich die alte V. Campana u. V. Vitellia (V. Janiculensis), vom Janiculus nach dem Meere. f) V. Asinarĭa, ging von der Porta Asinaria aus, durchschnitt die Appia u. Latina unweit Roms u. vermittelte die Verbindung mit der Ardeatina u. den Küstenplätzen. B) Auf der Ostseite von Rom: z) V. Labicana, ging von der Porta Esquilina (später Labicana), nach Labicum u. fiel ad Pictas die Latina; h) V. Praenestīna, ebenfalls von der [548] Porta Esquilina (später P. Gabinia) ausgehend, führte über Präneste nach Gabii, daher auch V. Gabīna, von da nach Anagnia, wo sie in die V. Latina, mündete. i) V. Collatīna, eine alte u. minder frequente Straße nach Collatia k) V. Tiburtina, ging vom Tiburtinischen Thore über Medullia nach Tibur; von da als V. Valerĭa durch das Marser-u. Pelingnerland über Corfinium bis Hadria. Von ihr gingen ab die V. Sublacensis nach Sublaquium u. die V. Claudia valeria von Cerfennia nach der Mündung des Aternus C) Nördlich von Rom: l) V. Nomentana, von der Porta Collina od. P. Nomentana, führte über den Anio nach Nomentum; m) V. Salarĭa, ebenfalls von der P. Collina, (später P. Salaria) ausgehend, lief parallel mit der vorigen über Fidenä, nahm dieselbe bei Eretum auf u. ging dann weiter nach Reate u. Asculum. n) V. Flaminĭa, die große Hauptstraße, begann an der Porta Flaminia u. führte über die Mulvische Brücke über Ocriculum, Narnia u. Pisaurum nach Ariminum; sie war 222 v. Chr. angelegt u. wurde vom Kaiser Augustus, später vom Papst Julius III. erneuert; ihre Verlängerung war die V. Aemilĭa welche von Ariminum nach Bononia u. Aquileja führte. Von der Ämilia zweigte sich die V. Claudĭa Augusta ab, welche von Aktinium über die Alpen nach der Donau führte. o) V. Cassĭa, zweigte sich nördlich von Rom von der Vorigen ab u. ging über Sutrium u. Volsinii nach Clusium, von wo sie Kaiser Hadrian über Arretium nach Florentia verlängerte. Zweige derselben waren: V. Veientana, nach Veji; V. Amerĭna, nach Ameria; V. Ciminĭa, bei Sutrium, rechts vom See Ciminius abführend; V. Annĭa, gegen Falerii; V. Flaminia nova, von Arretium nach Bononia; V. Claudĭa (Clodia), bei Sutrium, links über Sabate u. Sena nach Luca; p) V. triumphalis, für Triumphe bestimmt, ging über die Triumphbrücke u. verband sich unweit der Stadt mit der Cassia. q) V. Aurelĭa, 242 v. Chr. von Aurelius Cotta angelegt, sie führte an der Westküste Italiens durch Etrurien nach Pisa u. Genua. Vgl. Bergier, Hist. des grands chemins de l'emoire Romain, Brüssel 1736, 2 Bde. 4) Die Wege od. Gassen im römischen Lager, s.d. S. 20 f.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 548-549.
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