Tempelherren

[429] Tempelherren, Templer, lat. pauperes comilitones Christi templique Salomonis d.h. die armen Genossen Christi u. des Tempels Salomons, die Mitglieder des merkwürdigsten der 3 großen geistlichen Ritterorden, die in der Zeit der Kreuzzüge in Jerusalem aufkamen und mit den Gelübden des Mönchthums den Waffenkampf wider die Ungläubigen verbanden. Stifter des T.ordens wurden 9 franz. Ritter, an ihrer Spitze Hugue de Payens, welche 1118 in die Hände des Patriarchen Garmund die 3 klösterlichen Gelübde ablegten, die Regel der Benedictiner als Grundlage der ihrigen [429] annahmen u. dazu schwuren, die Straßen des heil. Landes von Räubern zu säubern, für die Sicherheit der Pilger zu sorgen u. die Ungläubigen zu bekämpfen. König Balduin II. überließ ihnen einen Theil seines Palastes, östlich vom ehemaligen salomonischen Tempel gelegen, daher der Name. Hugue wurde der 1. Ordensmeister, 1127 bestätigte Papst Honorius II. auf dem Concil von Troyes den Orden, der hl. Bernhard von Clairvaux wurde die Seele desselben u. 200 Jahre verfocht dieser die Idee der Kreuzzüge, vermittelte die Verbindung des Abendlandes mit dem Grabe Christi und des Ritterthums mit dem Mönchsleben. Die ursprünglichen vom Concil zu Troyes, namentlich unter dem Einflusse des heil. Bernhard gegebenen Statuten sind verloren, andere zwischen 1247–66 aufgeschriebene seit 1794 in mehren Exemplaren aufgefunden worden und höchstwahrscheinlich ein Auszug aus den ursprünglichen, doch nur die Ordensvorsteher erhielten vollständige Statuten, die gewöhnlichen T. lediglich eine latein. geschriebene Regel, welche das für jeden Nothwendige enthielt. Der T.orden bestand aus Rittern als dem Kern, aus Servienten, dienenden Brüdern der Ritter, und Capellänen, die den Altardienst besorgten. An der Spitze stand der Großmeister mit dem Seneschall, Marschall, Platzmeister, Drapier; der ganze Orden zerfiel in Gebiete oder Präceptorien, diese in Provinzen od. Balleien, und diese in Commenden. Ordensgewand der Ritter: ein weißer Mantel mit einem einfachen rothen Balkenkreuz, Gewand der Servienten grau od. schwarz, der Geistlichen weiß, außerdem trug jeder Ordensangehörige als Symbol der Keuschheit einen Gürtel von leinenen Fäden. Verheirathete konnten gleichfalls Ordensmitglieder werden, durften aber den weißen Mantel nicht tragen und wurden als Tertiarier betrachtet; auch hatte der Orden eigentliche Profeßschwestern (jedenfalls in Deutschland) sowie Tertiarierinen. Genau vorgeschriebene u. strenge Lebensordnung, auch hinsichtlich des Waffenhandwerkes. Anfangs war der Orden so arm, daß manchmal 2 T. auf einem Pferde gesessen sein sollen, aber als eine Hauptstütze der Macht der Christenheit im heiligen Land wurde er bald so reich, daß jeder Ritter 3 Pferde und 1 Knappen bekam. Charakter der ganzen Verfassung streng monarchisch, was nicht wenig zum raschen Emporkommen der T. beitrug. Bereits 1130 waren dieselben zahlreich, die Päpste wetteiferten nacheinander, dieselben mit Privilegien zu überschütten, noch Benedikt XI. (1303–4) bestätigte diese. Im Königreich Jerusalem allein zählte er 3 Provinzen (Jerusalem, Antiochien, Tripolis) mit großen Besitzungen und festen Plätzen, sein Hauptland in Europa war Frankreich mit 6 Provinzen, dabei waren alle übrigen Länder, voran die pyrenäische Halbinsel, mit Tempelhöfen übersäet. Im deutschen Reich bildeten Böhmen, Mähren und Oesterreich eine besondere Provinz, Oberdeutschland eine 2. u. Niederdeutsch land die 3. Um 1250 soll der Orden über 9000 Tempelhöfe mit etwa 54 Mill. Franken jährlichen Einkommens (damals eine unermeßliche Summe!) besessen haben. Daß die T. den Sarazenen gegenüber ritterlich Stand hielten u. nach dem Fall von Ptolemais 1291 den Kampf von der Insel Cypern aus (welche Insel sie einst dem Richard Löwenherz um 25000 Mark Silbers abgekauft) fortsetzen wollten, ist sicher; gleich den Johannitern waren sie mit Privilegien reich ausgestattet, in Paris hatten sie unermeßliche Schätze aufgehäuft, die Herrschsucht des französ. Königshauses wollte des mächtigen Ordens entledigt werden und fand Gelegenheit dazu, sogar am Papste selbst einen Gehilfen. Etwa seit 1305 liefen dunkle unheimliche Gerüchte über geheime Verbrechen und gräuliche Götzendienerei, die im T.orden im Schwange seien, in Frankreich von Mund zu Mund. Als um diese Zeit der Großmeister Jakob de Molay mit 60 Rittern ins Abendland kam, da ein neuer Kreuzzug u. die Vereinigung aller Ritterorden verabredet werden sollte, wurde er mit sämmtlichen Rittern seines Ordens in Frankreich am 13. Oct. 1307 plötzlich verhaftet, um vor ein geistliches Gericht gestellt zu werden, eine keineswegs unterschobene und noch [430] vorhandene Bulle Clemens V. vom 30. Dez. 1308 ordnete Gefangennehmung aller T. in Folge freiwillig eingestandener Verbrechen an. In Frankreich bewies das vom 7. August 1309 bis zum 26. Mai 1311 niedergesetzte Gericht, daß es in seiner gänzlichen Abhängigkeit vom König Philipp dem Schönen der schändlichsten Rechtsverletzungen fähig sei und nur durch die Folter Geständnisse zu erpressen wisse; 1310 mußte eine Provincialsynode zu Sens 54 Ordensmitglieder verbrennen, aus denen alle Folterqualen keine Geständnisse herausbrachte, das vom 16. October 1311 bis zum 6. Mai 1312 dauernde 15. ökumenische Concil von Vienne gab den Orden dem Könige Preis, doch behielt sich Clemens V. das Urtheil über die Häupter u. den Großmeister desselben vor; am 6. Mai 1312 wurde die päpstliche Aufhebungsbulle, die ihre Unsicherheit hinter 127 Klagepunkten verbarg, zu Vienne in Gegenwart Philipps und seines Hofes feierlich als päpstliche Constitution verlesen. Die Güter des Ordens wurden in Frankreich theilweise den Johannitern zuerkannt (weitaus den größten Theil derselben aber verstand der König einzusacken), anderwärts neugestifteten Orden od. den Johannitern. Außerhalb Frankreichs wurde die Unschuld des Ordens im Ganzen anerkannt u. gerichtlich erwiesen, behielten die T. meist Leben und Freiheit, wurden pensionirt oder traten in andere Orden, namentlich in den der Johanniter. Ueber den Großmeister u. die Häupter verhängte Papst Clemens V. als Endurtheil ewige Hast, Molay und Guy, der Dauphin von Auvergne, nahmen hierauf alle früher erpreßten Geständnisse zurück, dafür ließ sie der König am 18. März 1314 auf einer Seineinsel verbrennen; als endlich kurz darauf der Papst wie der König rasch wegstarben, sah das Volk hierin ein Gottesgericht. Ueber die einzelnen Anklagepunkte (Verspottung Christi bei der Aufnahme in den Orden, der Götze Baphomet, Sodomiterei von Ordenswegen), Verfälschung von Aktenstücken, über das Benehmen des Papstes, über die Hauptzwecke Philipps des Schönen wie über viele einzelne Umstände herrscht noch viel Ungewißheit. Damberger suchte nachzuweisen, der König trage alle Schuld des an den T. begangenen Justizmordes, der Papst sei nur schwach gewesen und schändlich mißbraucht und hintergangen worden, den T. selbst sei nichts vorzuwerfen. Soviel steht fest, daß Philipp der Schöne einer der abgefeimtesten u. gewaltthätigsten Tyrannen des Mittelalters war, Clemens V. aber mehr als schwach, zumal er sich schon 1305 durch die Ernennung von französisch gesinnten Cardinälen selber die Hände band, endlich daß die französ. Gelehrten und neuestens entdeckte Quellen im Widerspruche mit den meisten Schriftstellern des 14. Jahrh. die T. nichts weniger als schuldlos hinstellen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 429-431.
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