Selbstbiographie Ich bin geboren 1862, in Wien. Mein Vater ist Kaufmann. Er hat eine Eigenheit: Er liest nur französische Bücher. Seit 40 Jahren. Über seinem Bette hängt ein wunderbares Bildnis seines Gottes »Victor Hugo«. Er sitzt abends in einem dunkelrothen ...
Selbstbiographie
Seltsame Ehescheidung Ein junger Schweizer aus Ballstall kam in spanische Dienste, hielt sich gut, und erwarb sich einiges Vermögen. Als es ihm aber zu wohl war, dachte er: Will ich, oder will ich nicht? Endlich wollte er, nahm eine hübsche ...
Seltsamer Spazierritt Ein Mann reitet auf seinem Esel nach Haus, und läßt seinen Buben zu Fuß nebenher laufen. Kommt ein Wanderer, und sagt: »Das ist nicht recht, Vater, daß Ihr reitet, und laßt Euren Sohn laufen; Ihr habt stärkere Glieder ...
Sie Schleifwege zum geistlichen Schafstall Der Schleifwege zum geistlichen Schafstall sind so viel, daß jemand dieser Gegend sehr kundig sein muß, wenn er es unternehmen will, sie alle oder doch nur die meisten davon zu beschreiben. Eines der sichersten und ...
Siegmund Simon Neun Ärzte behaupten, daß Samuel Simon an Wahnvorstellungen leide. Ich füge mich. Seit neunundzwanzig Jahren bin ich in der Anstalt. Man ist freundlich zu mir. Ich kann tun und lassen, was ich will. Wenn es warm ist, gehe ...
Jean Nicolas de Parivall Sinnreiche, Kurtzweilige und Traurige Geschichte
Sommer 1906 Eine junge Dame, für die ich eine zärtliche Freundschaft empfand, hatte eine besondere Vorliebe für schönes edles Schuhwerk an Männerfüßen. Besonders ein sehr eleganter Mann hatte es ihr diesbezüglich angetan mit seiner idealen Chaussüre. Ich selbst trug Schuhe ...
Sommers Ende Ich sehe nun so viele Gesichter mit der »Patina des Landlebens«. So von gesteigertem Stoffwechsel verschönerte, idealisierte. Wie der Maler sie auffassen würde in exzeptionellen Augenblicken ihres trägen flachen Seins. Ein Maler müßte z.B. sagen: »Ich werde ...
Sonnenuntergang im Prater Sie waren stundenlang im Grabenkiosk gesessen, letzter Augusttag, hatten Fiaker betrachtet mit Fremden, Automobile, wie Zugvögel von fernen Reisen, Damen auf dem Trottoire, die wunderbar sicher dahinglitten, und andere, die trippelten und tänzelten, um etwas Besonderes aus ...
Sonntag-Vormittag Der Erste sagte einmal: »Ich möchte wissen, was das für ein Trick ist, dass der Dritte Ihrer Einladung, Sie Vormittags zu besuchen, nie Folge leistet?!?« »Muss es ein Trick sein?!?« sagte die Dame ruhig. »Ja,« erwiderte der Erste ...
Spaziergänge eines Wiener Poeten [von Anastasius Grün] Jupiters Blitze von der Hand einer Grazie umhergestreut. – Nie hat mich ein Buch so gerührt, wie diese Spaziergänge eines Wiener Poeten . Wir andern in allen Städten und Ländern klagen auch; aber wir klagen ...
Spekulations am Neujahrstage 'n fröhlichs Neujahr, 'n fröhliches Neujahr für mein liebes Vaterland, das Land der alten Redlichkeit und Treue! 'n fröhlichs Neujahr, für Freunde und Feinde, Christen und Türken, Hottentotten und Kannibalen! für alle Menschen über die Gott seine ...
Christian Egenolff Sprichwörter / Schöne / Weise Klůgredenn Darinnen Teutscher vnd anderer Spraachen Höfflicheit / Zier / Höhste Vernunfft vnn Klůgheit /Was auch zu Ewiger vnd zeitlicher Weißheit / Tugent / Kunst vnd Wesen dient / gespürt vnn begriffen. Von Alten vnnd Newen im brauch gehabt vnd beschriben ...
Sprüche des Pythagoreers Demophilus (Aus dem Griechischen) Hab immer in Gedanken, daß, wo auch dein Körper und deine Seele etwas vorhat und tut, Gott dich sehe und zugegen sei. Gaben und Opfer ehren Gott nicht, und Tempelschmuck schmückt ihn nicht ...
Stammtisch-Eroberer Es war die ekelhafte Zeit der ersten Kriegsmonate. Die hysterische Verrücktheit aller Bevölkerungsschichten hatte sich auch bis auf verschwindende Ausnahmen den Kreisen der Künstler und Dichter mitgeteilt, die sich selbst so gern als den geistig überlegenen Teil der ...
Station Unter-Purkersdorf Kleines braunes Holzhäuschen. Daneben eine Bank. Kleines Beet von Sonnenblumen. Die junge Frau: »In 10 Minuten kommt der Zug aus Wien mit meinem Manne – – –.« Der junge Herr: »Wie schön war dieser Weg heute nachmittag das Flußbett entlang ...
Steht Homer z. Ex. unterm Spruch des Aristoteles & Compagnie? Steht er drunter, oder steht er nicht drunter? Hab mal eine schreckliche Geschicht gelesen, von Romeo, Julia und einem Doktor Benvoglio; wird dem geneigten Leser auch wohl bekannt sein. Die Frage ...
Suwarow Der Mensch muß eine Herrschaft über sich selber ausüben können, sonst ist er kein braver und achtungswürdiger Mensch, und was er einmal für allemal als recht erkennt, das muß er auch tun, aber nicht einmal für allemal, sondern immer ...
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Therese gibt sich nach dem frühen Verfall ihrer Familie beliebigen Liebschaften hin, bekommt ungewollt einen Sohn, den sie in Pflege gibt. Als der später als junger Mann Geld von ihr fordert, kommt es zur Trgödie in diesem Beziehungsroman aus der versunkenen Welt des Fin de siècle.
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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
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