Füßli

[232] Füßli, 1) Johann Kaspar, schweizer. Maler und Schriftsteller, geb. 1706 in Zürich, gest. daselbst 6. Mai 1782, erlernte die Malerei bei seinem Vater Matthias, der namentlich Schlachten und Seestücke ausführte, und bildete sich nachher auf Reisen weiter aus. F. schrieb eine »Geschichte der besten Künstler in der Schweiz nebst ihren Bildnissen« (Zür. 1769–79, 5 Bde.) und gab ein »Verzeichnis der vornehmsten Kupferstecher und ihrer Werke« (das. 1771) und »Winckelmanns Briefe an seine Freunde in der Schweiz« (1778) heraus. Er war vorzugsweise als Bildnismaler tätig.

2) Johann Rudolf, Zeichner und Maler, geb. 5. Sept. 1709 in Zürich, gest. daselbst 12. Sept. 1793, wurde Schüler Lutherburgs in Paris in der Miniaturmalerei und widmete sich später ganz der Schriftstellerei. Die Frucht eines 30jährigen Fleißes ist die Begründung des »Allgemeinen Künstlerlexikons« (Zür. 1763–76, 3. Aufl. 1799), das von seinem Sohn Johann Heinrich (s. unten 5) in Supplementen (1806–21) fortgesetzt wurde.

3) Hans Rudolf, Zeichner, Kupferstecher und Maler, Sohn und Schüler von F. 1), geb. 1737 in Zürich, gest. 1806 in Wien, kam 1765 nach Wien, fertigte in jener Zeit interessante Charakterzeichnungen aus Ungarn, wurde sodann Geometer in der ungarischen Staatskanzlei und stellte im Staatsauftrag Messungen und statistische Forschungen in Slawonien, Dalmatien und Kroatien an. Joseph II. ernannte ihn zum Oberingenieur der Syrmier Gespanschaft und bald darauf zum Präsidenten der Steuerkommission daselbst. Sein »Kritisches Verzeichnis der besten Kupferstiche nach berühmten Malern aller Schulen« (Zür. 1798–1806, 4 Bde.; unvollendet) halte für ihn 1800 den Auftrag von seiten der Regierung, eine den Bedürfnissen junger studierender Künstler angemessene Bibliothek und Kupferstichsammlung anzulegen, sowie seine Ernennung zum Archivar der Akademie zur [232] Folge. Er gab auch »Annalen der bildenden Künste für die österreichischen Staaten« (2 Hefte, Wien 1801 bis 1802) heraus.

4) Johann Heinrich, von den Engländern Fuseli genannt, Maler, Bruder des vorigen, geb. 7. Febr. 1742 in Zürich, gest. 16. April 1825 in Putney Heath, studierte Theologie und erwarb sich große Gewandtheit in den alten und neuern Sprachen, widmete sich aber zugleich auch der Malerei. Durch die Übersetzung einiger Dramen Shakespeares mit dem englischen Gesandten in Berlin bekannt geworden, ging er auf dessen Veranlassung 1765 nach London. Dort lernte er 1767 Sir J. Reynolds kennen, der ihn bestimmte, die Feder mit dem Pinsel zu vertauschen. 1770 ging F. nach Rom, wo er, mit Winckelmann und Mengs verkehrend, nächst den Antiken vornehmlich Michelangelo studierte. Als er 1779 nach London zurückkehrte, war er bereits ein bewährter Künstler. 1788 in die Akademie aufgenommen, schuf er neun Gemälde zur Boydellschen Shakespeare-Galerie und einen Zyklus von 47 Bildern zu Miltons »Verlornem Paradies«. 1799 zum Professor und 1804 zum Direktor der Akademie ernannt, widmete er sich der Ausarbeitung verschiedener Schriften, wie der »15 lectures on painting« (Lond. 1820; deutsch von Eschenburg, Braunschw. 1830), des Pilkingtonschen »Dictionary of painters« etc. Neben Reynolds und West war F. damals der gefeiertste Maler in England; doch übertraf er beide an Tiefe der Empfindung, an sinnvoller und kunstgerechter Anordnung und an Sicherheit und Festigkeit der Zeichnung. Aber es mangelte ihm an Fleiß in der Ausführung, und über der Sucht, zu blenden und Dinge, die nur in den Bereich der dichterischen Darstellung gehören, in Gestalt und Farbe zu bringen, kam er zu keiner vollendeten Schöpfung. Von seinen Gemälden sind zu erwähnen: der Bund der Stifter der schweizerischen Freiheit, auf dem Züricher Rathaus; F. und Bodmer im Gespräch; Theseus, am Eingang des Labyrinths von Ariadne Abschied nehmend; Zug der Schatten im Elysium, nach Lukians Beschreibung; Ugolino im Hungerturm. Vgl. Knowles, Life and works of John Fuseli (Lond. 1831, 3 Bde.).

5) Johann Heinrich, schweizer. Geschichtsforscher und Schriftsteller, Sohn von F. 2), geb. 3. Dez. 1745 in Zürich, gest. 26. Dez. 1832, bildete sich erst in seiner Vaterstadt, sodann in Genf und Italien, wo er mit Winckelmann eng befreundet wurde. 1764 nach Zürich heimgekehrt, widmete er sich historischen Studien, was ihn mit Joh. v. Müller zusammenbrachte, und wurde 1775 Nachfolger Bodmers auf dem Lehrstuhl der vaterländischen Geschichte in Zürich. Nachdem er zum Mitglied des Großen, seit 1785 auch des Kleinen Rates seiner Vaterstadt und 1795 zum »Obmann« der Verwaltung der geistlichen Güter ernannt worden war, wurde er bei der helvetischen Umwälzung 1800 Mitglied des Gesetzgebenden Rates, 1801 Minister des Innern und 1802 zweiter Statthalter des Landammanns der Helvetischen Republik. Aber gerade diese Beteiligung an der Helvetischen Republik bewirkte, daß er nach der föderalistischen Reaktion von 1803 zu keinem höhern Amt mehr gewählt wurde. Von seinen zahlreichen Schriften sind die hervorragendsten: »Johann Waldmann, Ritter, Burgermeister der Stadt Zürich« (Zür. 1780); »Allgemeine Blumenlese der Deutschen« (das. 1782–88, 6 Tle.); »Schweizerisches Museum« (das. 1783–90; als Fortsetzung erschien »Neues schweizerisches Museum«, 1793–96); »Über das Leben und die Werke Raphael Sanzios« (das. 1815). Ferner gab er heraus: »Sämtliche Schriften des armen Mannes in Tockenburg« (Zür. 1789–92) und setzte das von seinem Vater begonnene »Allgemeine Künstlerlexikon« von 1806–21 fort, wozu noch 1824 ein Heft mit Zusätzen kam. Vgl. W. Füßli, Johann Heinrich F. als Privatmann, Schriftsteller und Gelehrter (Neujahrsblatt der Stadtbibliothek in Zürich, 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 232-233.
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