James [2]

[164] James (spr. dschēms), 1) George Payne Rainsford, engl. Schriftsteller, geb. 9. Aug. 1801 in London, gest. 9. Juni 1860 in Venedig, schrieb früh anonyme ErzählungenThe string of pearls«, 2 Bde.) und Beiträge zu Zeitschriften, dann ein »Life of Edward the Black Prince« (1822, 2 Bde.) und versuchte sich mit »Richelieu, a tale of France« (1829) auf dem Gebiete des historischen Romans mit Glück. Durch Walter Scotts Lob angespornt, ließ er viele ähnliche Romane rasch folgen, z. B. »Darnley« (1830), »Delorme« (1831), »Philip Augustus« (1831), »One in a thousand, or the days of Henri Quatre« (1835), »Attila« (1837), »The Huguenot« (1838), »Arrah Neil« (1845) etc. Daneben schrieb er ernstere historische Werke, wie »The memoirs of great commanders« (1834, neue Ausg. 1872); »The history of Charlemagne« (1832); »History of Richard Cœur de Lion« (1841–49, 4 Bde.; neue Ausg. 1859) u. a. J. wurde von König Wilhelm IV. zum Historiographen Großbritanniens ernannt, siedelte indessen 1849 nach Amerika über, wurde 1852 britischer Konsul in Richmond (Virginia) und 1858 britischer Generalkonsul in Venedig. Seine Romane, die auch ins Deutsche übersetzt wurden, hat er selbst in 29 Bänden gesammelt, mit biographischer Einleitung.

2) Sir Henry, Geodät, geb. 1803 in Rosemundi (St. Agnes), gest. 14. Juni 1877 in Southampton, besuchte die Militärakademie in Woolwich, wurde 1844 Direktor der geologischen Vermessung von Irland, 1846 Direktor der Admiralitätsarbeiten in Portsmouth, 1854 Chef der Ordnance Survey des Vereinigten Königreichs und 1857 Dirigent des topographischen und statistischen Departements des Kriegsministeriums. Letztern Posten gab er 1870 auf und trat 1874 in den Ruhestand. Er schrieb: »Notice of the arrangements which have been made for taking meteorological observations at the principal foreign stations of the Royal Engineers« (Lond. 1851); »Ordnance trigonometrical survey of Ireland« (1858); »Abstract of the principal lines of spirit levelling in England and Wales« (1861); »Account of the principal triangulation of the United Kingdom« (1864); »Record of the expedition to Abyssinia« (1870). Mit Hilfe seines photozinkographischen Verfahrens veranstaltete er ein Faksimile des ganzen »Doomesday-book« (32 Bde.), »Facsimiles of national manuscripts of William the Conqueror to Queen Anne«, »Facsimiles of national manuscripts of Scotland« (1867) und »of Ireland« (Dublin 1874).

3) Lord Henry I. of Hereford, brit. Staatsmann, geb. 30. Okt. 1828 in Hereford, wurde 1852 Rechtsanwalt in London und ward 1869 zum königlichen Rat ernannt. Im gleichen Jahr wurde er als Mitglied der liberalen Partei ins Parlament gewählt; 1873 war er Solicitor general, von da bis 1874 und wieder 1880–85 Attorney general. Das ihm 1886 von Gladstone angebotene Amt des Lord-Kanzlers lehnte er ab, weil er dessen Standpunkt in der Homerulefrage nicht teilte, und war von da an eins der einflußreichsten Mitglieder der Partei der liberalen Unionisten. Im Juli 1895 ward er in Lord Salisburys drittem Kabinett Kanzler des Herzogtums Lancaster und gleichzeitig mit dem Titel Lord J. von Hereford in den Peersstand erhoben; im Juli 1902 nahm er den Abschied.

4) Thomas L., nordamerikan. Generalpostmeister, geb. 29. März 1831 in Utica (New York), studierte an der Akademie daselbst und folgte dann seiner Neigung zur Journalistik. Als die republikanische Partei gebildet wurde, trat er mit Eifer in die neue Organisation ein. Während der Knownothingskämpfe verteidigte er mutig und energisch die Gegenpartei. Nach der Wahl des Präsidenten Lincoln wurde er Zollinspektor und unter Grant Vorsitzender des Board of Examiners, dann Postdirektor von New York. Seine hervorragenden Leistungen auf diesem Posten veranlaßten Garfield, ihn 1881 zum Generalpostmeister zu ernennen, von welchem Amt er 1882 zurücktrat, um das Präsidium der Lincoln National Bank zu übernehmen.

5) Henry, amerikan. Schriftsteller, geb. 15. April 1843 in New York, studierte an der Harvard-Universität die Rechte, widmete sich aber der Literatur und siedelte 1869 nach Europa über, wo er seinen ständigen Wohnsitz in London nahm, sich aber viel in Italien und Frankreich aufhielt. Mit seinem Künstlerroman »Roderick Hudson« (1875) trat er in die erste Reihe amerikanischer Schriftsteller und befestigte den rasch erlangten Ruhm durch die in kurzen Zwischenräumen folgenden Romane und Novellenbände: »The passionate pilgrim« (1875), »The American« (1877), »The Europeans« (1878), »Daisy Miller« (1879), »Diary of a man of fifty« (1880), »Washington Square«, »The portrait of a lady« (1881), »The point of view« (1883), »The Bostonians« (1886), »The tragic muse« (1890), »The pupil« (1891) u. a. Ein tiefer Denker und seiner Seelenkenner, verlegte J. in der Folge den Schwerpunkt seines Schaffens in die Behandlung äußerst schwieriger psychologischer Probleme, die er durch einen Stil von seltener suggestiver Kraft meisterhaft zur Darstellung brachte. Er büßte durch sein Verschmähen spannender Handlungen und rein äußerlicher Wirkungen an Popularität ein, gewann aber in der Wertschätzung der Literaturkenner Englands und Amerikas, die ihn den Balzac der englischen und amerikanischen Gesellschaft seiner Zeit nennen. Die Romane »What Maisie knew« (1897), »The awkward age« (1899), »The sacred fount« (1901) und »The wings of the dove« (1903) und die Novellenbände »The two magics« (1898), »The soft side« (1900) und »The better sort« (1903) legen Zeugnis ab von seiner künstlerischen Auffassungs- und Gestaltungskraft. Kein zweiter englisch schreibender Autor hat sich bei so außerordentlicher Fruchtbarkeit auf einer so gleichmäßigen Höhe erhalten. Er ist als Kritiker kaum minder bedeutend in »French poets and novelists« (1878), »Hawthorne« (1879) und »Partial portraits« (1886), als Reiseschilderer in »Transatlantic sketches« (1875), »Portraits of places« und »A little tour of France« (1884). Eine Anzahl seiner Schriften erschienen auch in deutscher Übersetzung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 164.
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