Pfaff [2]

[678] Pfaff, 1) Christoph Matthäus, prot. Theolog, geb. 25. Dez. 1686 in Stuttgart, wirkte von 1717–56 als Professor der Theologie an der Universität in Tübingen, sodann als Kanzler und Generalsuperintendent in Gießen, wo er 19. Nov. 1760 starb. Er ist bekannt als Gründer des sogen. Kollegialsystems sowie durch seine Bemühungen für eine Union der Lutheraner und Reformierten, zumeist aber durch die Schrift »De originibus juris ecclesiastici« (Tübingen 1719; 4. Aufl., Ulm 1754). Daß sein wissenschaftlicher Charakter nicht einwandfrei war, zeigte Harnack: »Die Pfaffschen Irenäus-Fragmente als Fälschungen Pfaffs nachgewiesen« (Leipz. 1900).

2) Johann Friedrich, Mathematiker, geb. 22. Dez. 1765 in Stuttgart, ward 1788 Professor der Mathematik in Helmstedt, 1810 in Halle, wo er 21. April 1825 starb. Er schrieb unter anderm: »Disquisitiones analyticae« (Helmstedt 1797); »Methodus generalis, aequationes differentiarum partialium etc. integrandi« (Abhandlungen der Berliner Akademie 1814 bis 1815). Diese Methode, partielle Differentialgleichungen erster Ordnung in beliebig vielen Variabeln zu integrieren, beruht auf der Lösung der allgemeinern Aufgabe, eine lineare homogene Gleichung zwischen den Differentialen zu integrieren. Man nennt daher Gleichungen dieser Art Pfaffsche Gleichungen und die Integration einer solchen Gleichung das Pfaffsche Problem. Sein Briefwechsel mit Herzog Karl von Württemberg, Bouterwek u.a. erschien Leipzig 1853.

3) Friedrich, Geolog, Neffe des vorigen, geb. 17. Juli 1825 in Erlangen, gest. daselbst 18. Juli 1886, studierte in seiner Vaterstadt, in München, Prag und Berlin, habilitierte sich 1849 in Erlangen und wurde 1855 außerordentlicher, 1863 ordentlicher Professor der Mineralogie und Geologie daselbst. Er schrieb: »Grundriß der mathematischen Verhältnisse der Kristalle« (Nördling. 1853); »Grundriß der Mineralogie« (das. 1860); »Das Wasser« (Münch. 1870, 2. Aufl. 1878); »Die vulkanischen Erscheinungen« (das. 1872); »Allgemeine Geologie als exakte Wissenschaft« (Leipz. 1873); »Grundriß der Geologie« (das. 1876); »Schöpfungsgeschichte« (Frankf. 1855, 3. Aufl. 1880); »Der Mechanismus der Gebirgsbildung« (Heidelb. 1880, Streitschrift gegen Heim etc.); »Die Naturkräfte in den Alpen« (Münch. 1877); »Die Entwickelung der Welt auf atomistischer Grundlage« (Heidelb. 1883). In den »Zeitfragen des christlichen Volkslebens« und der von ihm und Frommel seit 1879 herausgegebenen »Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk« (Heidelb.) bekämpfte er den Darwinismus und suchte die Ergebnisse geologischer Forschung mit der biblischen Tradition in Übereinstimmung zu bringen.

4) Hermann von, bayr. Finanzminister, geb. 20. Aug. 1846 in Nürnberg, studierte die Rechte, begann 1867 den juristischen Vorbereitungsdienst, war 1871–75 Rechtskonzipient in Nürnberg und München, wurde 1876 Hilfsarbeiter im Justizministerium, 1877 Regierungsassessor in Regensburg, 1882 Regierungsrat daselbst, 1883 vortragender Rat im Finanzministerium und im November 1904 als Nachfolger v. Riedels Finanzminister. P. nahm am Feldzuge 1870/71 teil, ist seit 1888 Kronanwalt, seit 1886 juristischer Beirat bei der Administration des Vermögens König Ottos, seit 1906 Kurator des Königs und schrieb: »Das bayerische Erbschaftssteuergesetz« (2. Aufl., Münch. 1900) und »Das bayerische Gebührengesetz« (5. Aufl., mit A. v. Reisenegger, das. 1901; Nachtrag 1904).[678]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 678-679.
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