Riénzi

[922] Riénzi (Rienzo), Cola di, d. h. Nikolaus, Sohn des Laurentius, röm. Volkstribun, geb. um 1313 in Rom als Sohn eines Schenkwirtes, gest. 8. Okt. 1354, suchte, durch seine klassischen Studien für die altrömische republikanische Staatsform begeistert, dem römischen Volke durch feurige Reden den Druck zum Bewußtsein zu bringen, unter dem es vom Adel gehalten wurde. Er wurde 1343 von den Römern an Papst Clemens VI. nach Avignon abgeschickt, um eine in der Verfassung der Stadt vorgenommene Änderung zu rechtfertigen, und gewann die Gunst des Papstes, der ihn zum Notar der städtischen Kammer ernannte. R. leitete nun eine Verschwörung gegen die Aristokratie ein, die am 20. Mai 1347 zum Ausbruch kam. An diesem Tage erschien er mit seinen Anhängern und dem päpstlichen Legaten auf dem Kapitol, kündigte die Gründung eines neuen Volksstaats an, erließ Gesetze für ihn und nahm einige Tage später den Titel eines Volkstribunen an. Mit Hilfe der städtischen Miliz zwang R. den Adel zur Flucht oder zur Unterwürfigkeit und führte strenge Gerechtigkeitspflege ein. Zugleich suchte er die alte Macht der römischen Republik herzustellen, indem er an alle Fürsten und Städte Italiens Einladungen zu einer Versammlung in der alten Hauptstadt Italiens und der Welt ergehen ließ. Das große italienische Verbrüderungsfest, das am 1. Aug. in Rom begann, bestand jedoch hauptsächlich aus prahlerischen Aufzügen und Schaustellungen; ein Zeichen lächerlicher Anmaßung und törichter Verkennung aller realen Verhältnisse war es, daß R. die Entscheidung über die Kaiserwürde beanspruchte und Ludwig den Bayer wie Karl IV. und die deutschen Kurfürsten nach Rom vorlud. Hierdurch entfremdete er sich den Papst, der noch mehr gereizt wurde, als R. 19. Sept. einen Termin zur Kaiserwahl durch Vertreter der italienischen Städte anberaumte. Indem nun aber R. durch den Prunk seines Auftretens und die behufs Erhaltung von Truppen auferlegten Steuern auch die Gunst des Volkes verloren hatte, war es um ihn geschehen. Noch erfocht er 20. Nov. einen Sieg[922] über den Adel; aber dessen neue Erhebung, vom Papst geradezu befohlen, zwang 15. Dez. den Tribunen zur Flucht. Nachdem R. längere Zeit bei schwärmerischen Eremiten in den Abruzzen gelebt hatte, begab er sich 1350 zu Karl IV. nach Prag, um den König zum Römerzug aufzufordern, wurde aber als der Ketzerei verdächtig gefangen gesetzt (s. Raudnitz) und 1352 dem Papst Clemens IV. ausgeliefert. Dessen Nachfolger Innozenz IV. suchte Rienzis Einfluß zur Unterwerfung des Adels zu benutzen und schickte ihn im Gefolge des Kardinals Albornoz mit dem Titel eines Senators nach Rom (1354). Er schritt nun aufs neue gegen die Barone ein, ließ 29. Aug. den berüchtigten Bandenführer Fra Moreale hinrichten, umgab sich mit einer starken Leibwache, erhöhte die Steuern und schaltete mit tyrannischer Willkür. So ward er allgemein verhaßt; 8. Okt. brach ein neuer von den Colonna und Savelli angestifteter Aufstand aus; R. floh aus dem Kapitol, ward aber erkannt, festgehalten und grausam ermordet. Seinen Leichnam schleifte der Pöbel durch die Stadt, verbrannte ihn und streute die Asche in die Luft. Rienzis Schicksal ward von Bulwer als Stoff eines Romans, von Jul. Mosen zu einem Trauerspiel und von Richard Wagner zu einer Oper benutzt. Auf der zum Kapitol führenden Rampe steht seit 1887 sein Bronzestandbild (von Masini). Seine Briefe gab Gabrielli heraus im 6. Band der »Fonti per la storia d'Italia« (Rom 1890). Vgl. Papencordt, Cola. di Rienzo und seine Zeit (Hamb. 1841); Auriac, Étude historique sur Nic. R. (Amiens 1885); Rodocanachi, Cola di Rienzo. Histoire de Rome de 1342 à 1354 (Par. 1888); Kühn, Die Entwickelung der Bündnispläne Cola di Rienzos im Jahre 1347 (Berl. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 922-923.
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