Roux [2]

[201] Roux (spr. rū), 1) Karl, Maler, geb. 15. Aug. 1826 in Heidelberg, gest. 21. Juli 1894 in Mannheim, Sohn von Jakob Wilhelm R. (geb. 1771 in Jena, gest. 1831 in Heidelberg), der sich als Zeichner, Maler und Radierer bekannt gemacht, bezog 1844 die Akademie in Düsseldorf, wurde dort Schüler von Karl Hübner, ging 1848 nach München, später nach Antwerpen und Paris, war dann viele Jahre in Karlsruhe und München und seit 1882 Direktor der Gemäldegalerie in Mannheim. Anfangs malte er historische Genre- und Schlachtenbilder in der Art Wouvermans, wie: Reiter auf der Flucht (1847), Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg (in der Galerie zu Karlsruhe) u.a.; dann wandte er sich dem Idyll zu, wie in Hans und Verene (1861) und Dorothea mit dem Ochsengespann nach Goethe (1863, in der Galerie zu Karlsruhe), und zuletzt behandelte er mit Vorliebe das Tierleben, besonders Ochsen und Kühe (Heuernte, Viehmarkt des Münchener Oktoberfestes, Herde am Achensee).

2) Pierre, Mediziner, geb. 17. Dez. 1853 in Confolens, studierte in Clermont-Ferrand, wurde Präparator am klinischen Laboratorium des Hôtel-Dieu in Paris und 1877 Pasteurs Assistent am Chemischen Laboratorium der höhern Normalschule, wo er mit Chamberland über den Milzbrand arbeitete. Bei Gründung des Institut Pasteur wurde er an diesem angestellt, 1895 wurde er Vizedirektor, 1904 Direktor des Instituts. R. ist einer der hervorragendsten Bakteriologen. Neben sehr wertvollen Arbeiten auf diesem Gebiete hat er sich besonders durch das genaue Studium des Diphtheriegiftes (1889, mit Yersin) einen bedeutenden Namen gemacht und ist dadurch der Vorläufer Behrings geworden, da ohne die genaue Kenntnis des Diphtheriegiftes die Serumgewinnung gegen Diphtherie unmöglich gewesen wäre. R. erhielt daher auch die Hälfte des Preises, der für ein Diphtherieheilmittel ausgesetzt war. Auch arbeitete er über Hundswut und Tetanus.

3) Wilhelm, Anatom und Physiolog, geb. 9. Juni 1855 in Jena als Sohn des dortigen Universitätsfechtmeisters Wilhelm R. (geb. 1817, gest. 1. Juni 1897), studierte daselbst, in Berlin und Straßburg, wurde 1879 Assistent am Hygienischen Institut in Leipzig, habilitierte sich in Breslau als Privatdozent, wurde 1886 außerordentlicher Professor und 1888 Direktor des für ihn errichteten Instituts für Entwickelungsgeschichte und Entwickelungsmechanik (s. d.), ging aber 1889 als ordentlicher Professor der Anatomie nach Innsbruck und 1895 nach Halle. Er förderte besonders die Entwickelungsmechanik und zeigte zunächst beim Blutgefäßsystem, daß dessen Verzweigungen, Winkel etc. der Forderung eines geringsten Kraftaufwandes bei größter Arbeitsleistung im Blutdurchtrieb entsprechen. Die funktionelle Anpassung (s. d.) wurde von ihm auf einen Kampf der Elementarteile im Organismus in dem Sinne zurückgeführt, daß die Zellen der mehr in Anspruch genommenen Organe auf Kosten der weniger tätigen assimilieren und sich kräftigen, wodurch der anatomische Bau vom embryonalen Leben an zu solchen Formen sich umbildet, die der Ausdruck ihrer Leistungsrichtung sind. R. schrieb: »Über die Verzweigungen der Blutgefäße« (Jena 1878); »Über die Leistungsfähigkeit der Prinzipien der Deszendenzlehre zur Erklärung der Zweckmäßigkeiten des tierischen Organismus« (Bresl. 1880); »Der Kampf der Teile im Organismus« (Leipz. 1881); »Beiträge zur Morphologie der funktionellen Anpassung« (Jena 1883); »Über die Bedeutung der Kernteilungsfiguren« (Leipz. 1883); »Über die Zeit der Bestimmung der Hauptrichtungen des Froschembryo« (das. 1883); »Die Entwickelungsmechanik der Organismen, die anatomische Wissenschaft der Zukunft« (Wien 1890); »Gesammelte Abhandlungen über Entwickelungsmechanik der Organismen« (Leipz. 1895, 2 Bde.); »Programm und Forschungsmethoden der Entwickelungsmechanik der Organismen« (das. 1897) und gibt seit 1894 das »Archiv für Entwickelungsmechanik der Organismen« (das.) heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 201.
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