Schaffhausen [2]

[679] Schaffhausen, Hauptstadt des gleichnamigen schweizer. Kantons (s. oben), Knotenpunkt der schweizer.[679] Eisenbahnlinien Winterthur-S., S.-Eglisau und S.-Etzwilen u. der badischen Staatsbahnlinie Waldshut-Konstanz, 406 m ü. M., an der rechten Talseite des Rheins gelegen und mit dem zürcherischen Ort Feuerthalen durch eine Brücke verbunden, ist ein sehenswerter Ort von mittelalterlicher Bauart, mit Erkern, bemalten Frontseiten und steinernen Stufengiebeln. Von der alten Stadtmauer sind nur noch drei Türme übrig. Erhalten ist aber der über der Stadt gelegene Munot, ein 1515–82 errichtetes Kastell mit angeblich bombenfesten Kasematten (vgl. Harder, Historische Beschreibung des Munots, 4. Aufl. 1874).

Wappen von Schaffhausen.
Wappen von Schaffhausen.

Die gotische Hauptkirche St. Johann und das romanische Münster stammen aus dem 12. Jahrh.; eine neue kath. Kirche im gotischen Stil wurde 1886 vollendet. Auf dem freien Platz Herrenacker, dem ehemaligen Schauplatz der Ritterspiele adliger Herren, steht das Imthurneum (1864 gestiftet von einem in London wohnenden Bürger Imthurn zur Förderung ästhetischer und wissenschaftlicher Bildung). Im Museum werden Altertümer, besonders die interessanten Funde aus dem »Keßlerloch« (s. d.) bei Thaingen, aufbewahrt. Auf der Promenade steht das Denkmal des Geschichtschreibers Joh. v. Müller. Die Stadt besitzt eine Bibliothek von 40,000 Bänden, den berühmten »Onyx« (antike Gemme), eine Knaben- und Mädchen realschule, gewerbliche Fortbildungsschule, Musikschule und ist Sitz der humanistisch-technischen Kantonschule. Sie zählt (1900) 15,399 Einw., darunter 4085 Katholiken. Die Eisenbahnen und die ausgiebige Nutzbarmachung der Rheinwasserkräfte (seit 1890 geschieht die Kraftübertragung auf elektrischem Wege) haben die Stadt S., zusammen mit ihrer Nachbargemeinde Neuhausen, zu einem bedeutenden Industrieplatz erhoben. Es bestehen eine Maschinenfabrik, Stahlwerke, eine Kammgarnspinnerei, 2 Wollspinnereien, eine Tuchfabrik, ferner Fabriken für Strickmaschinen, Silberwaren, Uhren, mathematische und physikalische Instrumente, Kinderwagen, Tonwaren, Verbandstoff etc. Kommerzielle Anstalten sind: die Bank in S. und die Kantonalbank mit 3, bez. 1,5 Mill. Frank Kapital. S. hat besuchte Wochenmärkte und großen Fremdenverkehr. Besondern Reiz erteilt der Gegend der weißschäumende Strom und dessen naher Fall; auf Züricher Seite liegt das Schloß Laufen (s. d. 2). – S., ein alter Schifferflecken, wurde im 11. Jahrh. Eigentum des dort von den Herren von Nellenburg gestifteten Klosters Allerheiligen und mit diesem unter den Staufern reichsunmittelbar. Nach dem sich die Bürgerschaft allmählich von der Herrschaft des Abtes emanzipiert hatte, wurde die Stadt von Ludwig dem Bayern 1330 an Österreich verpfändet, erlangte jedoch 1415 infolge der Ächtung Herzog Friedrichs ihre Reichsunmittelbarkeit wieder. Bedrängt vom österreichischen Adel, schloß S. 1454 ein 25jähriges Bündnis mit den Eidgenossen, das 19. Aug. 1501 in ein ewiges verwandelt wurde. Nach längerm Schwanken und heftigen Tumulten trat es 1529 zur Reformation über und erwarb teils durch Abtretung der Besitzungen von seiten des Klosters und andrer Stifte, teils durch Kauf ein kleines Gebiet auf dem rechten Rheinufer. 1799 zwangen die Österreicher die Franzosen zum Rückzug aus S., wobei die letztern die berühmte, 364 Fuß lange hölzerne Rheinbrücke verbrannten. Die Mediationsakte gab dem Kanton S. eine Repräsentativverfassung, die 1814 in aristokratischem, 1830–31 aber unter tumultuarischen Bewegungen auf der Landschaft in demokratischem Sinne modifiziert wurde. 1835 wurde durch eine Verfassungsrevision das Wahlvorrecht der Stadt beinahe ganz beseitigt und 1852 Vertretung nach der Kopfzahl eingeführt. Durch das neue, 14. Mai 1876 angenommene Grundgesetz, das fakultatives Referendum und Gesetzesinitiative auf das Verlangen von 1000 Bürgern sowie die Wahl der Regierung durch das Volk festsetzte, hat sich S. den rein demokratischen Kantonen der Schweiz angereiht. In eidgenössischen Abstimmungen stand es fast ohne Ausnahme auf bundesfreundlicher Seite. Vgl. Rüeger, Chronik der Stadt und Landschaft S. (Schaffhaus. 1884–92, 2 Bde.); Kirchhofer, Schaffhauserische Jahrbücher (das. 1819); »Geschichte des Kantons S. bis zum Jahr 1848« (Festschrift, das. 1901) und »Festschrift der Stadt S. zur Bundesfeier 1901«; Lang, Die römischen Altertümer des Kantons S. (Schaffh. 1899); »Beiträge zur vaterländischen Geschichte« (hrsg. vom historisch-antiquarischen Verein S., 1863 ff.); »Der Unoth« (das. 1863–61); »Neujahrsblätter des Kunstvereins und des historisch-antiquarischen Vereins S.« (1879 ff.); Wanner, Forschungen zur ältesten Geschichte des Klettgaues (Frauens. 188 i); »Urkundenregister für den Kanton S.« (Schaffhaus. 1906 ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 679-680.
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