Trinidád

[720] Trinidád, 1) britisch-westind. Insel (s. Karte »Westindien«), zwischen 10°3'–10°50' nördl. Br. und 60°55'–62° westl. L., vor der Mündung des Orinoko, von dessen Delta sie durch die Boca de la Sierpe (Serpents Mouth) oder Boca del Soldado getrennt ist, während der Pariagolf und Drachenschlund (Boca de Dragos) zwischen ihr und dem nordvenezolanischen Küstenlande (der Pariahalbinsel) liegen, 4544 qkm groß mit (1901) 255,148 Einw. Die Insel wird von O. nach W. von drei parallelen Bergketten durchzogen, von denen die nördliche im Cerro de Aripo 945 m Höhe erreicht, und zwischen denen Hügelland und niedrige Ebenen liegen. Die Ufer sind eingefaßt von zahlreichen Lagunen, die vielen Flüsse fast alle für Boote schiffbar. Nach seinem geologischen Bau ist T. eine Fortsetzung des Karibischen Gebirges in Venezuela; die Nordkette besteht wie jenes aus archäischen Gesteinen, an die sich südwärts Schiefer und Kalksteine der Kreideformation, dann tertiäre Bildungen anlehnen. Bei Brea liegt der merkwürdige Asphaltsee (Pitch Lake) mit schwimmenden Erdpechinseln, wie denn auch sonst Asphalt- und Erdpechbildungen, Schlammvulkane, Petroleumquellen und heiße Quellen auftreten. Das Klima kennt eine relativ trockene Jahreszeit, die von Januar bis Mai anhält. Trinidads Jahrestemperatur beträgt 25,5° (kältester Monat Februar 24,4°, wärmster Mai 26,3°, mittlere Extreme 31,9° und 17,9°), Regenmenge 1663 mm (Maximum August 290, Minimum März 43 cm). Stürme wüten im Oktober fast täglich. Die Vegetation schließt sich viel enger an diejenige Venezuelas als an die der zunächst gelegenen Kleinen Antillen an. Auch die Kulturpflanzen sind die nämlichen: Zucker, Kaffee, Kakao und Baumwolle. T. gehört zoogeographisch zu der westindischen Subregion der neotropischen Region. Die Nähe des südamerikanischen Festlandes bedingt aber, daß es zahlreiche Charakterformen des Festlandes enthält, wie unter den 65 Säugetierarten 2 Affen, den Ozelot, einen Hirsch, 2 Waschbären, 2 Marder, 2 Peccaris, 3 Ameisenfresser, 2 Dasyproktiden, ein Faultier etc. Bemerkenswert ist, daß sich unter den Landmollusken eine asiatische Gattung findet. Die schnell wachsende Bevölkerung (135,820 männlich, 119,328 weiblich) besteht aus wenigen Weißen, meist spanischer Abkunft, wie auch die spanische Sprache als Umgangssprache noch vorherrscht, aus Negern, ehemaligen Sklaven, und aus 86,357 indischen Kulis, die nach der Sklavenemanzipation jene ersetzen sollten. Christlich sind 193,335. Schulbildung ist noch wenig verbreitet; 1903 wurden 250 öffentliche Schulen von 40,956 Kindern besucht. Für höhere Erziehung bestehen das Queens Royal College und das Roman Catholic College. Die Fruchtbarkeit des Bodens ist sehr groß, in Privatbesitz sind aber erst 180,000 Hektar, davon 23,900 mit Zuckerrohr, 76,000 mit Kakao, 1800 mit Kaffee, 5600 mit Kokospalmen bepflanzt, auch Baumwolle und Reis werden gebaut. Die Viehzucht ist unbedeutend. Dagegen ist der Handel lebhaft; 1905 betrug die Einfuhr 3,303,611, die Ausfuhr 3,168,706 Pfd. Sterl., letztere besteht vornehmlich in Zucker 451,936, Kakao 1,041,109, Asphalt 118,910 Pfd. Sterl., ferner Kokosnüsse, Branntwein, Melasse. Von Eisenbahnen sind 130, von Telegraphenlinien 266, Telephonlinien 1568 km im Betrieb. Ein Kabel verbindet die Insel mit dem südamerikanischen Kontinent und mit den Antillen, regelmäßige Dampferverbindung mit Europa; 1905 betrug der Schiffsverkehr 1,963,121 Ton. Die Regierung liegt in den Händen eines Gouverneurs, seiner Minister und eines von ihm ernannten Beirats. Die Einnahmen betrugen 1905: 808,845, die Ausgaben 818,701, die koloniale Schuld 1,092,593 Pfd. Sterl. Hauptstadt ist Port of Spain (s. d.), mit ihm durch Eisenbahn verbunden ist San Fernando mit (1901) 7600 Einw. – T. wurde von Kolumbus 31. Juli 1496 entdeckt, aber die Spanier nahmen erst 1588 Besitz von der Insel. Später siedelten sich Franzosen unter spanischer Hoheit auf T. an und brachten den Plantagenbau zu hoher Blüte. Endlich 1797 wurde die Insel fast ohne Schwertstreich eine britische Kolonie. Die 1838 verfügte Emanzipation der Negersklaven (20,659) hatte den Verfall der Bodenkultur im Gefolge. In neuerer Zeit hat sich diese durch Herbeiziehung von Kulis aus Ostindien wieder gehoben. Vgl. Borde, Histoire de l'île de la T. sous le gouvernement espagnol (Par. 1876–83, 2 Bde.); Wall und Sawkins, Geological survey of T. (Lond. 1860); de Vertueil, T., its geography, resources, etc. (2. Aufl., das. 1884); Clark, T., a field for emigration (Port of Spain 1886); Collins, Guide to T. (2. Aufl., Lond. 1888); Fraser, History of T. (das. 1894); Stark, Trinidad (Führer, das. 1898); Eversley, The T. Reviewer (das. 1900); Gommersbach, Geschichte, Geographie und Bedeutung der Insel T. (Dissertation, Bonn 1907).

2) Insel im Atlantischen Ozean, zum brasil. Staat Espiritu Santo gehörig, 1200 km östlich von demselben unter 20°15' südl. Br. und 29°30' westl. L., wurde 1895 von England besetzt, doch machte Brasilien ältere Rechte erfolgreich geltend.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 720.
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