Kolumbus

[312] Kolumbus, Christoph (ital. Cristoforo Colombo, span. Cristobal Colon), der Entdecker der Neuen Welt, geb. 1446 oder 1456 in Genua oder Savona, gest. 21. Mai 1506 in Valladolid. Aus kleinbürgerlicher Familie stammend, betrieb er anfangs das Handwerk seines Vaters Domenico, die Wollweberei, und unternahm daneben Seereisen in die Levante, vielleicht auch nach Island. Wahrscheinlich ging er um 1477 nach Portugal und verheiratete sich in Lissabon mit Felipa Moñiz-Perestrello, der Tochter des ersten Lehnsherrn der Insel Porto Santo bei Madeira, eines edlen Italieners und tüchtigen Seemanns, von dem K. die ersten dunkeln Nachrichten von Inseln und Ländern im westlichen Meer empfing. Schiffermärchen und Treibprodukte (ein geschnitztes Holz, Stämme fremdartiger Fichten, mächtiges Rohr, zwei Leichen einer unbekannten Menschenrasse, die von Westen her angeschwemmt worden sein sollten), dazu das eifrige Studium des mittelalterlichen Kosmographen Pierre d'Ailly (Petrus de Alliaco), das alles unterstützte die Ansichten des Aristoteles, Seneca und Plinius, die behaupteten, man könne von Spanien in wenigen Tagen nach Indien reisen. So reiste in K. der Gedanke an die Möglichkeit, Japan (Zipangu) und China, die fabelhaften Länder des Ostens, von denen Marco Polo berichtet hatte, durch eine Fahrt nach Westen zu erreichen, ein Gedanke, den freilich schon vor ihm der Italiener Toscanelli, von dem K. auch eine Kopie einer den Weg nach Indien zeigenden Weltkarte erhielt, gehegt hatte. Wahrscheinlich 1483 trug K. zuerst seinen Plan dem unternehmenden König Johann II. von Portugal vor, der darüber das Gutachten seiner Räte einforderte, die aber das ganze Projekt für eitel Träumerei erklärten. Ende 1484 begab sich K. deshalb und aus andern Gründen unter Zurücklassung von Weib und Kindern eilends nach Spanien, wo er durch Vermittelung seines Gönners, des Herzogs Medina-Sidonia, eine Audienz bei dem König Ferdinand und der Königin Isabella in Cordoba erlangte. Sein Plan wurde einer Junta in Salamanca zur Prüfung vorgelegt, fand aber geringes Verständnis; er selbst wurde in den Dienst des Hofes aufgenommen und auf eine günstigere Zeit vertröstet. Nach 7 Jahren vergeblichen Wartens entschloß sich K. 1491, Frankreich aufzusuchen. Auf dem Weg nach Huelva, wo er sich einschiffen wollte, kam er mit seinem Sohn Diego zum Kloster La Rabida, wo er, erschöpft, eine Stärkung erbat. Der Prior Juan Perez de Marchena, Beichtvater der Königin, und der Arzt Garcia Hernandez hörten seine Pläne, hielten ihn zurück und bewirkten bei der Königin, daß K. zurückberufen wurde. Mit der Eroberung von Granada im Januar 1492 fiel die letzte maurische Stadt, und der Weg für K. schien geebnet. Aber neue Schwierigkeiten entstanden durch die unerhörten Forderungen, die K. für den Fall des Gelingens seines Unternehmens für sich und seine Nachkommen stellte, nämlich: Erhebung in den Adelstand, die Würde eines atlantischen Admirals mit dem Genuß aller Vorrechte der Almiranten von Kastilien, die im Rang nur den Kronfeldherren (Condestables) nachstanden; Macht und Titel eines Vizekönigs in den entdeckten Ländern, mit dem Recht, für alle Ämter drei Bewerber vorzuschlagen; den Zehnten der Kroneinkünfte aus den Entdeckungen; endlich das Recht, mit dem achten Teil der Unkosten und entsprechendem Gewinn sich an allen Handelsunternehmungen nach den entdeckten Ländern zu beteiligen. Da man hierauf nicht einging, verließ K. Granada, um nach Frankreich zu gehen. Aber durch den Kardinal Mendoza und den Schatzmeister Sant Angel überredet, ließ die Königin K. durch einen Eilboten zurückholen. Der Vertrag mit der Krone ward 17. April unterzeichnet, und schon 23. Mai befand sich K. in Palos. Hier wurden binnen 10 Tagen zwei Karavelen ausgerüstet; ein drittes kleines Fahrzeug mußte gemietet werden. Hier auch warb K. seine Begleiter, unter ihnen die drei Brüder Pinzon, Martin Alonso, Vicente Yañez und Francisco Martin, aus einer der tüchtigsten Schifferfamilien zu Palos. Am 3. Aug. 1492 segelte K. von Palos ab. Das größte der drei Schiffe, Santa Maria, wurde das Admiralschiff; die beiden andern, Pinta (die Bunte) und Niña (die Kleine), wurden von den Brüdern Pinzon befehligt. K. segelte nach den Kanarischen Inseln, um unter dem Parallelkreis dieser Eilande westwärts zu fahren. Eine Beschädigung des Steuers der Pinta hielt ihn dort 4 Wochen fest; erst 6. Sept. konnte die Fahrt fortgesetzt werden. Am 13. Sept. beobachtete K. zuerst die westliche Deklination der Magnetnadel, ein denkwürdiger Zeitpunkt in der Geschichte der nautischen Astronomie. Am 16. Sept. gelangte man in das Sargassomeer, einen von herumschwimmenden Tangen erfüllten Teil des Atlantischen Ozeans. Durch diese neuen Erscheinungen, wie durch den beständig wehenden Ostpassat, der die Möglichkeit einer Rückkehr auszuschließen schien, wurde die Mannschaft immer verzagter, doch sind alle Erzählungen von einer Empörung derselben unglaubwürdig. Indes trug K. in das Schiffstagebuch, um die Mannschaft nicht durch die Größe der zurückgelegten Meilenzahl zu entmutigen, kleinere Ziffern ein als in das zweite, nur ihm zugängliche Privattagebuch und hielt, um nicht Zweifel an der Festigkeit seiner Überzeugung aufkommen zu lassen, auf der ganzen Fahrt an dem einmal genommenen Kurse fest; erst 7. Okt., als verschiedene Anzeichen auf die Nähe von Land schließen ließen, wurde eine südwestliche [312] Richtung eingeschlagen. Am 11. Okt., abends 10 Uhr, glaubte K. in der Ferne zeitweise ein Licht aufflackern zu sehen, und gegen 2 Uhr nachts gab ein Kanonenschuß von der Pinta das verabredete Zeichen von entdecktem Land, das der Matrose Rodrigo de Triana zuerst erblickt hatte. Am Morgen des 12. Okt. 1492 betrat K. den Boden der Neuen Welt auf der Bahamainsel Guanahani (heute Watlingsinsel).

K. nahm von der Insel, die er San Salvador nannte, feierlich für Spanien Besitz und ließ sich hierauf als Admiral und Vizekönig den Eid des Gehorsams leisten. Die braunen Insulaner, die K. Indios (Indianer) nannte, weil er Indien nunmehr entdeckt zu haben glaubte, scharten sich harmlos um die fremden Männer, und bald eröffnete sich ein lebhafter Tauschhandel. Auf die eifrigen Fragen der Spanier nach Gold, das hier nur in dünnen Blättchen als Nasenschmuck benutzt wurde, wiesen die Indianer nach Süden. Auf der weitern Fahrt entdeckte K. außer mehreren kleinen Inseln Cuba und Haïti, welch letzteres er, da ihn die Natur lebhaft an Südspanien erinnerte, Hispaniola nannte. An der Küste hinsegelnd, geriet das Admiralschiff auf eine Sandbank; das zweite kleine Schiff (die Pinta unter Martin Alonso hatte sich 21. Nov. heimlich von ihm getrennt) vermochte die ganze Mannschaft nicht zu fassen, und so errichtete K. das Fort La Navidad, in dem er 43 seiner Leute zurückließ. Darauf trat er 4. Jan. 1493 die Rückfahrt nach Europa an, auf der er 6. Jan. wieder mit der Pinta zusammentraf, die viel Gold eingetauscht hatte. Die Rückfahrt war mit mancherlei Gefahren verknüpft. Am 12. Febr. erhob sich ein furchtbarer Sturm, durch den die Pinta verschlagen wurde, während K. den auf Pergament geschriebenen Bericht über seine Reise in einem wasserdichten Kistchen über Bord werfen ließ. Endlich legte sich der Sturm; am 16. Febr. erreichte K. die Azoren, 4. März den Hafen von Lissabon, wo er vom König Johann II. empfangen wurde, und 15. März lief er wieder in den Hafen von Palos ein, den auch die Pinta am Abend desselben Tages erreichte.

Im Triumph zog K. von hier an den Hof nach Barcelona, wo ihn ein glänzender Empfang erwartete. Spanien holte eiligst die Sanktion des Papstes Alexander VI. ein, der durch die von ihm 100 Leguas westlich der Azoren von N. nach S. gezogene Demarkationslinie die Welt zwischen Portugal und Spanien teilte. Zugleich traf man Vorbereitungen zu einer zweiten Expedition. Eine große Flotte von 14 Karavelen und drei Lastschiffen wurde ausgerüstet, die 1200 Bewaffnete an Bord nahm. Es war nicht mehr ein bloßes Entdeckungsgeschwader, sondern eine Flotte mit Auswanderern; denn K. beabsichtigte auch Kolonien zu gründen und europäische Haustiere und Kulturgewächse nach Westindien zu verpflanzen. Viele Adlige schlossen sich diesem Zug an, der glänzenden Gewinn und mannigfache Abenteuer in Aussicht stellte. Ein von Rom aus ernannter apostolischer Vikar der neuen Länder mit elf andern Geistlichen sowie mehrere Beamte der Krone begleiteten die Expedition. Am 25. Sept. 1493 stach die Flotte aus der Bucht von Cadiz in See, steuerte zuerst nach den Kanarischen Inseln und erreichte von dort, den Ozean auf einem südlichern Wege durchschneidend, 3. Nov. die Insel Dominica. Dann entdeckte K. Marie Galante, Guadeloupe, Montserrat, Puerto Rico u. a. und langte 27. Nov. in La Navidad an, wo er das Fort zerstört und die Besatzung erschlagen fand. Er gründete nun etwas östlich davon die Ansiedelung Isabella, schickte eine Expedition unter Alonso Hojeda ins Innere, entsandte im Februar 1494 zwölf Schiffe mit den Kranken nach Spanien, ließ seinen Bruder Diego als Statthalter zurück und segelte selbst im April mit drei Schiffen nach Cuba. Auf die Frage nach Gold von den Eingebornen nach Süden gewiesen, entdeckte er 5. Mai 1494 die Insel Jamaika. Als auch hier kein Gold gefunden wurde, steuerte K. wieder nach Cuba zurück und drang in das Gewirr von kleinen Inseln an der Südküste Cubas, das er »Garten der Königin« nannte und für den Archipel der 7000 Inseln hielt, der nach Marco Polo östlich von China liegen sollte. Überzeugt, in Cuba bereits das Festland von Asien erreicht zu haben, verzichtete er auf eine weitere Untersuchung der Küste, wandte sich südöstlich, untersuchte noch die Südküste von Jamaika und Haïti und kehrte dann, unter übermenschlichen Anstrengungen zusammenbrechend, in den Hafen Isabella zurück. Seinen inzwischen mit drei Schiffen aus Spanien angelangten Bruder Bartolomeo erhob er zum Adelantado oder Vizegouverneur, während er nach Spanien zurückkehrte, um den Angriffen seiner Feinde, die sich über ihn und seine Brüder beschwert hatten, entgegenzutreten. Zugleich führte er gegen 200 unbrauchbare Ansiedler und 30 Indianer mit sich, darunter den heftigsten Feind der Spanier, den Kaziken Kaonabo, der von Hojeda gefangen genommen war, aber noch während der Fahrt starb. Am 11. Juni 1496 landete K. mit zwei Schiffen in Cadiz und zog von da mit großem Gepränge durch Spanien an den Königshof. Die Monarchen empfingen ihn mit dem größten Wohlwollen, aber einflußreiche Kreise betrachteten bereits seine kostspieligen Unternehmungen mit großer Mißgunst.

Erst 30. Mai 1498 konnte K. zur dritten Entdeckungsreise mit sechs Schiffen aus dem Hafen von Sanlucar auslaufen. Da sich nach den übeln Erfahrungen keine genügende Anzahl freiwilliger Auswanderer fand, wurden alle mit Verbannung zu bestrafenden Verbrecher in die neue Kolonie verwiesen. Mit solcher Mannschaft segelte K. zu den Kapverdischen Inseln, um das Meer diesmal noch südlicher zu kreuzen, da er in der heißen Zone die wertvollsten Produkte zu finden hoffte. Die Mannschaft litt furchtbar von Hitze und Mangel an Wasser und Lebensmitteln. Am 31. Juli, in der höchsten Not, entdeckte man Land, dem K. einem Gelübde gemäß den Namen Trinidad gab. Während er dem Südrande der Insel folgte, erblickte er 1. Aug. Land im S., bewerkstelligte auch 5. Aug. eine Landung daselbst, segelte aber, obwohl aus der Mächtigkeit des Orinokowassers zu schließen war, daß man die Küste eines großen Festlandes vor sich hatte, nachdem er die perlenreichen Inseln Margarita und Cubagua entdeckt, nach Hispaniola, wo er vieles verändert fand. Während seiner Abwesenheit hatte sein Bruder Bartolomeo als Statthalter eine neue Stadt, San Domingo, angelegt, die Häuptlinge zur Anerkennung der spanischen Oberhoheit gebracht und ihnen einen Tribut in Gold oder andern Landeserzeugnissen auferlegt. Auch hatte das Bekehrungswerk unter den Eingebornen begonnen. Die Spanier aber gehorchten dem strenge Manneszucht fordernden genuesischen Statthalter nur mit Widerwillen. Und als in der Stadt Isabella während der Abwesenheit des Statthalters ein Aufstand ausbrach, stellte sich der Oberrichter Roldan, den K. selbst emporgehoben, an die Spitze der Unzufriedenen. Zwar wurde der Aufstand unterdrückt, dennoch wuchs die Partei Roldans, und als K. endlich selbst eintraf,[313] mußte er sich zu schimpflichen Verhandlungen verstehen. In Spanien hatten inzwischen die Klagen gegen K. nicht aufgehört, der auch schließlich den Schutz der Königin verlor. Ferdinand und Isabella glaubten von der Unfähigkeit des K. zum Befehlen und Regieren überzeugt zu sein. Als daher auf den Wunsch des Vizekönigs, der um einen tüchtigen Richter bat, Francisco de Bobadilla abgeordnet wurde, übertrug man diesem auch die ganze Verwaltung und die militärische Gewalt auf der Insel. Bobadilla kam im August 1500 in San Domingo an und ließ K. und seine Brüder Diego und Bartolomeo in Fesseln legen und nach Spanien abführen. Man wollte K. auf dem Schiff die Ketten abnehmen, aber er lehnte es ab; Spanien sollte die Schmach sehen, die ihm als Lohn für seine Verdienste angetan war. Daß der Entdecker der Neuen Welt in Ketten nach Spanien zurückbefördert wurde, erregte das höchste Aufsehen, und die Monarchen gaben sofort Befehl, K. mit der höchsten Auszeichnung zu behandeln. Zugleich ließen sie ihm 2000 Dukaten zustellen, damit er seinem Range gemäß bei Hof erscheinen könne. Am 17. Dez. wurde er mit zahlreichem Gefolge empfangen, mußte aber gleichwohl seinen Wunsch, in seine Hoheitsrechte wieder eingesetzt zu werden, unerfüllt sehen. Doch wurde an Stelle Bobadillas der unparteiische Ovando ernannt, der das von Bobadilla konfiszierte Vermögen des Statthalters zurückfordern und die dem Vizekönig zustehenden Einkünfte diesem ungeschmälert überweisen sollte. Ovando segelte 13. Febr. 1502 mit 30 Schiffen und 2500 Personen von Sanlucar de Barrameda ab und erreichte 15. April sein Ziel. Als aber K., der vier kleine Karavelen ausgerüstet und mit 150 Leuten bemannt hatte, um eine neue, vierte Entdeckungsfahrt zu unternehmen, 11. Mai 1502 von Cadiz absegelte und 29. Juni vor San Domingo erschien, gestattete ihm Ovando nicht, das Land zu betreten, mißachtete auch des K. Warnung und ließ die zur Rückkehr nach Spanien bereite Flotte auslaufen, so daß der Sturm 20 Schiffe, mit Bobadilla und Roldan an Bord, verschlang und nur ein Fahrzeug mit dem ausgelieferten Vermögen des K. Spanien erreichte. K. aber segelte 14. Juli von Haïti ab, um die Meerenge aufzufinden, die nach seiner Ansicht aus dem Karibischen Meer in das Indische führen mußte. Er erreichte zuerst die Insel Guanaja im Golf von Honduras, die er nach dem prächtigen Fichtenwald Isla de Pinos nannte, 12. Sept. das östlichste Vorgebirge von Honduras, das er Gracias á Dios taufte, landete 25. Sept. an der Mündung des San Juan, suchte aber, bis in die Nähe der Landenge von Panama hinfahrend, vergeblich nach einer Durchfahrt. Nachdem der Versuch der Gründung einer Niederlassung in dem goldreichen Veragua an der Feindseligkeit der Indianer gescheitert war, sah sich K. genötigt, seine sinkenden Schiffe an der Küste von Jamaika in der Cristobalsbucht auf den Strand laufen zu lassen. Hier geriet er in große Not, die durch die Rebellion eines Teiles der Mannschaft noch gesteigert wurde, bis er nach Jahresfrist durch den Mut des treuen Diego Mendez, der in einem Indianerboot nach San Domingo fuhr und Hilfe herbeischaffte, gerettet wurde. Am 12. Sept. 1504 trat K. die Heimreise an und landete nach einer stürmischen Überfahrt 7. Nov. in Sanlucar.

Niemand kümmerte sich um die Heimkehr des Schiffbrüchigen, und mit dem bald nach seiner Rückkehr erfolgten Tode der Königin Isabella verlor er seine treueste Freundin. Vergebens wartete er in Sevilla auf eine Wiedereinsetzung in seine Rechte und Würden. Seine Briefe an den König blieben unbeachtet, und als er 1505 sich selbst an den Hof von Segovia begab, bot man ihm für sein Vizekönigtum Besitzungen in Spanien an. K. wies dies Ansinnen zurück, wollte aber zugunsten seines Sohnes Diego verzichten, doch ging man darauf nicht ein. Gebrochen an Geist und Körper starb er, ohne die Erfüllung seiner Hoffnung gesehen zu haben. Seine Leiche wurde im Franziskanerkloster von Valladolid beigesetzt, aber 1513 nach Sevilla ins Kloster Santa Maria de las Cuevas übergeführt, und vermutlich hier erhielt der Sarg die Inschrift: »A Castilla y á Leon Nuevo Mundo dió Colon« (»Für Kastilien und Leon fand eine Neue Welt Colon«), die sich auch im Wappen des Vizekönigs befand. Erst 1537 wurden, wie er es gewünscht hatte, seine sterblichen Überreste nach Haïti übergeführt und im Dom von San Domingo beigesetzt, in dem später sein Sohn Diego, sein Bruder Bartolomeo und seine Enkel Don Luis und Cristobal ihre Ruhestätte fanden. Als 1795 Domingo an Frankreich abgetreten wurde, führte man die Überreste des großen Entdeckers nach Havana über und setzte sie 19. Jan. 1796 feierlich im dortigen Dom bei. Nach der Vernichtung der spanischen Herrschaft auf Cuba wurden die Gebeine des K. wieder nach Spanien übergeführt und 19. Jan. 1899 in der Kathedrale von Sevilla beigesetzt. Denkmäler wurden ihm errichtet in Genua (von M. Canzio), in Mexiko (von Cordier), zu Cardenas auf Cuba (von Piquer) und in Barcelona.

Vor der welthistorischen Größe des K. stehen wir mit geteilten Gefühlen. Wir bewundern die Kühnheit, die aus der felsenfesten Überzeugung von der Richtigkeit seiner Theorien entsprang, wir fühlen uns vielseitig angeregt durch seine treffenden Naturbeobachtungen; aber auf der andern Seite fühlen wir uns abgestoßen durch seinen blinden Autoritätsglauben, die Zuversichtlichkeit, mit der er seine abenteuerlichen Lehrsätze verkündet, die Anmaßung, mit der er sich als den Abgesandten Gottes einführt, endlich durch seine Doppelzüngigkeit und goldgierige Grausamkeit. Er starb, ohne die Tragweite seiner Entdeckung kennen gelernt zu haben; er glaubte, nur eine neue Handelsstraße zu alten Ländern gefunden zu haben. Das Tagebuch der ersten Reise, von K. selbst geschrieben, veröffentlichte Navarrete in seinen »Viajes de los Españoles« (Madr. 1825–26, 2 Bde.; franz., Par. 1828, 3 Bde.), ferner Markham, »The journal of Christopher C.« (Lond. 1893). Eine »Raccolta completa« der Schriften des K. lieferte Torre (Lyon 1864); »Select letters of Chr. C.« gab Major heraus (2. Ausg., Lond. 1892, Hakluyt-Society); »Scritti di Cr. C.« veröffentlichte Lollis (Rom 1894).

Vgl. Humboldt, Examen critique de l'histoire de la géographie du nouveau Continent (s. Humboldt 2); die Biographie von Washington Irving (s. d. 1); Ortega y Frias, Vida y viajes de Cristobal Colón (Madr. 1874, 4 Bde.); Tondero, Historia de la vida y viajes de Cr. Colón (Barcelona 1878); Tarducci, Vita de C. Colombo (Mail. 1885, 2 Bde.); Peragallo, C. Colombo e la sua familia (Lissab. 1889); Harrisse (s. d.), Christophe Colomb, son origine, sa vie, ses voyages, sa famille et ses descendants (Par. 1884, 2 Bde.) und Christophe C. devant l'histoire (das. 1892), Hauptwerke; Asensio, Cristobal Colón (Barcelona 1891); Winsor, Christ. Columbus and how he received and imparted the spirit of discovery (New York 1891); S. Ruge, Christoph K. (2. Aufl., Dresd. 1902); S. [314] Günther, K. und die Erweiterung des geographisch-kosmographischen Horizonts (Hamb. 1892); Markham, Life of Christopher Columbus (Lond. 1892); Rein, K. und seine vier Reisen nach dem Westen (Leipz. 1892); A. Fournier, Histoire de la vie et des voyages de l'amiral Christophe Colomb (Par. 1894); Fastenrath, Chr. C., Studien zur spanischen 4. Zentenarfeier der Entdeckung Amerikas (Dresd. 1895); Belgranou. Staglieno, Documenti privati di Cr. Colombo e della sua famiglia (Rom 1896); Vignaud, Études critiques sur la vie de Colomb avant ses découvertes (Par. 1905), und zahlreiche andre Schriften, die bei Gelegenheit der 400jährigen Jubelfeier der Entdeckung von Amerika erschienen. Des K. Leben gab vielfach Stoff zu poetischen Darstellungen; dramatisch bearbeitet wurde es von Fr. Rückert (1845), K. Werder (1858), K. Kösting (1863), H. v. Schmid (1875) u. a.

[Familie des Kolumbus.] Der nächstälteste Bruder des Entdeckers, Bartolomeo, ebenfalls Seemann, gest. 12. Aug. 1514 auf Hispaniola, verließ noch vor jenem sein Vaterland und erlangte in Lissabon als Kosmograph und Seekartenzeichner einen gewissen Ruf. Um Heinrich VII. für des Bruders Unternehmen zu gewinnen, ging er nach England, kehrte aber auf die Nachricht von den gemachten Entdeckungen nach Spanien zurück, wo er geadelt und mit drei Schiffen seinem Bruder, der seine zweite Reise eben angetreten hatte, nachgesandt wurde. In Hispaniola traf er mit dem Admiral zusammen, der ihn zu seinem Stellvertreter (Adelantado) ernannte. Als solcher gründete er die Stadt San Domingo, machte sich jedoch durch energische Aufrechthaltung der Disziplin bei den zügellosen Spaniern verhaßt. Auch er wurde 1500 in Ketten nach Spanien zurückgebracht, begleitete darauf den Admiral auf dessen vierter Entdeckungsreise und erhielt als Lohn seitens des spanischen Hofes die kleine Insel Mona zwischen Haïti und Puerto Rico und die Leitung der Bergwerke auf Cuba. Er war ein vollendeter Seemann, von großer Willenskraft und klarem Verstand, aber nicht so enthusiastisch und phantasievoll wie sein Bruder. – Der zweite Bruder, Giacomo (span. Diego), gest. 1515, ward nach der Entdeckung Amerikas ebenfalls geadelt und Gouverneur und Präsident des Rates von Kastilien.

Der älteste und einzig rechtmäßige Sohn des Entdeckers, Don Diego, geb. um 1480, gest. 23. Febr. 1526 in Montalban, folgte seinem Vater in der Würde eines Admirals von Indien und erhielt den Besitz der Landschaft Veragua mit dem Titel eines Herzogs von Veragua und Markgrafen von Jamaika, nebst der Grandeza. – Don Fernando, ein unehelicher Sohn des K. von der Beatrix Enriquez aus Cordoba, geb. 15. Aug. 1488, gest. 12. Juli 1539 in Sevilla, begleitete den Vater auf seiner letzten Reise, trat dann in den geistlichen Stand und bereiste Europa, um Bibliotheken zu sammeln. Seine gegen 12,000 Bände starke Bibliothek (Biblioteca Colombina) hinterließ er der Domkirche zu Sevilla. Er galt lange als Verfasser der Lebensgeschichte seines Vaters, der »Vida del Almirante« (ital. von Als. Ulloa, Vened. 1571; neue Aufl. 1614; franz. von Cotolendi, Par. 1681), doch enthält sie so viel legendenhaften Stoff, daß sie unmöglich seiner Feder entstammen kann. – Don Luis, Marquese Colon, Herzog von Veragua, Sohn Diegos, geb. 1520, gest. 1572, erhielt statt des Herzogtums Veragua die Stadt La Vega auf Jamaika mit einem weitläufigen Gebiet als Herzogtum und jährlich 10,000 Golddublonen statt des K. versprochenen Zehntels aller Erzeugnisse Indiens. Mit seinem Neffen und Erben Diego starb 1576 die männliche Linie der Familie des K. aus. Vgl. Harrisse, Les Colombo de France et d'Italie (Par. 1874).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 312-315.
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