Attentat

[907] Attentat (v. lat.), 1) eigentlich jeder Versuch, den man macht etwas zu erreichen od. auszuführen; bes. 2) in schlimmem Sinn, ein gesetzwidriges Unternehmen; 3) die Vollziehung einer Verfügung durch einen Richter, welche in Folge von Appellation suspendirt worden ist; die Strafe dafür Attentatenstrafe 4) mißglückter Versuch auf das Leben eines Andern, bes. einer fürstlichen Person. Zu solchen A-en, bes. aus neuester Zeit, gehören: in Deutschland: ein Pistolenschuß des österreichischen Hauptmanns Reindl auf Ferdinand V., damals König von Ungarn, später Kaiser Ferdinand I. von Österreich zu Baden am 9. August 1832, u. ein Mordversuch (Messerstich) des Schneidergesellen Libenyi (s.d.) auf den Kaiser Franz Joseph zu Wien am 18. Febr. 1853; zu Berlin feuerte am 26. Juli 1844 der ehemalige Bürgermeister Tschech (s.d.), u. am 22. Mai 1850 der Feuerwerker Sefeloge (s.d.) scharfe Pistolenschüsse auf den König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. In England kam König Georg III. zweimal in Lebensgefahr: durch das A. der Margarethe Nicholsen, welche mit einem dolchartigen Instrumente den König am 4. Mai 1786 verwundete, u. durch den Pistolenschuß des[907] irrsinnigen Matrosen Hatfield, den derselbe auf den König im Theater am 15. Mai 1800 richtete. Im Jahre 1817 ward der Wagen des damaligen Prinzregenten, später Georg IV., als dieser am 5. Januar zur Eröffnung des Parlaments fuhr, mit scharfen Schüssen (2 Kugeln drangen in den Wagen) von unbekannter Hand verfolgt. Auf das Leben der Königin Victoria wurden zwei A-e gemacht: durch den Pistolenschuß des Kellners Oxford, den 10. Juni 1840, u. durch den Schuß des Zimmergesellen Francis 30. Mai 1842. In Frankreich: ein A. des Bootsknechtes Barrières im August 1593, u. eins dergl. Chastel's im December 1594 auf König Heinrich IV.; das A. des geisteskranken Damiens, ein Messerstich, am 5. Januar 1757 auf Ludwig XV. zu Versailles; die von Carbon u. St. Regent vorbereitete Pulverexplosion zu Paris am 24. December 1800 (3. Nivôse d. J. IX), um den ersten Consul Bonaparte, später Napoleon I., als dieser ins Theater fuhr, zu vernichten; gegen König Ludwig Philipp: am 19. Novbr. 1832 ward zu Paris ein Schuß von unbekannter Hand auf ihn gefeuert; am 28. Juli 1835 erfolgte die Losbrennung der von Fieschi (s.d.) angefertigten sogenannten Höllenmaschine auf den König u. dessen Umgebung; am 25. Juni 1836 schoß der verabschiedete Soldat Alibaud (s.d.), am 27. Decbr. desselben Jahres der Commis Meunier, u. am 15. Octbr. 1840 der Arbeiter Darmès (s.d.) eine mit 5 Kugeln geladene Flinte auf ihn ab; im Jahre 1846 schoß der Forstwärter Lecomte (s.d.) am 16. April zu Fontainebleau u. am 29. Juli der Fabrikant Henry (s.d.) zu Paris auf ihn. Auch auf die Söhne des Königs, die Herzöge von Orleans, Anmale u. Nemours, schoß am 13. Septbr. 1841 beim Einzuge des 17. Regiments der Arbeiter Quenisset. Auf den Kaiser Napoleon III. schoß am 28. April 1855 in den Elysäischen Feldern der Italiener Pianori (s.d.). Am 2. Febr. 1852 führte ein Priester, Martin Marino (s.d.), gegen die Königin Isabelle von Spanien, als dieselbe aus der Atochakirche kam, einen Dolchstich; am 8. Decbr. 1856 stach der Soldat Milano (s.d.) mit seiner Bayonnetslinie nach dem König Ferdinand von Neapel. Herzog Karl III. (s.d.) unterlag dem am 26. März 1854 gegen ihn gerichteten mörderischen Angriffe eines Unbekannten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 907-908.
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