Californien [2]

[575] Californien (Gesch.). A) Nieder-C., s.u. Mexico. B) Hoch-C. Die Ansiedelung von Hoch-C., erst seit 1768 von Mexico aus durch Jesuitenmissionen betrieben, hatte nach Bekämpfung der größten Schwierigkeiten vermöge eines zweckmäßigen Colonisationssystems in nicht langer Zeit die Abhängigkeit der ganzen Küste von San Diego bis San Francisco von der weltlich-geistlichen Herrschaft der Missionäre zur Folge. Die Jesuiten, treffliche Ökonomen, brachten bald das ganze Land in blühenden Zustand. Die erste Mission war 1770 zu Monterey entstanden; die Gründung anderer folgte rasch. Nach der mexicanischen Revolution von 1823 blieb C. Provinz der neuen Republik u. erhielt einen Gouverneur als Agenten der mexicanischen Centralregierung. Die Missionäre weigerten sich zum großen Theil, die neue Regierung anzuerkennen, u. verließen endlich das Land. Der rasche Verfall der angebahnten Civilisation veranlaßte jedoch die Machthaber bald zu dem Missionssystem zurückzukehren, worauf das Land eher noch an Wohlstand zunahm. Die bald darauf in Mexico ans Ruder gelangte demokratische Partei setzte aber ein Gesetz durch, wonach die Priesterherrschaft in C. gänzlich ein Ende haben, dagegen die Organisation einer großartigen Einwanderung betrieben werden sollte. Kaum aber hatte die Einwanderung in C. begonnen, so war die demokratische Partei in Mexico wieder gestürzt worden, u. der seit 1833 zur Macht gelangte General Santa Anna beeilte sich, die californischen Missionen im früheren Zustande zu erhalten. Dies gelang vollständig; die mexicanischen Colonisten wurden bald förmlich wieder vertrieben, ein Ereigniß, welches den Grund zu der bittern Feindschaft zwischen Mexico u. C. legte. Doch trotz allen, den Einwanderungen durch die Missionäre u. die mexicanischen Machthaber in den Weg gelegten Hindernissen, nahmen dieselben seit 1823 beständig zu. Die gegen die Einwanderer 1828 verübten Gewaltthätigkeiten führten in dem schon ohnehin immer mehr in Anarchie versinkenden Lande zu einer Conspiration der amerikanischen Ansiedler u. der regierungsfeindlichen Landespartei, um die Unabhängigkeit des Landes herbeizuführen. 1836 erfolgte ein Aufstand von Alvarado u. Graham geleitet u. durch amerikanische Schiffe unterstützt. Alvarado, nach dem Gelingen der Revolution von der ohnmächtigen mexicanischen Regierung als Gouverneur bestätigt, machte sich bald durch sein räuberisches u. despotisches Wesen verhaßt. Die Missionen wurden aufgehoben, ihr Besitz eingezogen u. die Vertreibung der fremden Einwanderer angeordnet. Graham, einer Verschwörung beschuldigt, wurde überfallen, verwundet u. mit seinen angeblichen Mitschuldigen nach Mexico geschleppt, wo erst die Drohung des englischen u. amerikanischen Consuls sie befreite u. ihnen Schadloshaltung verschaffte. Ende 1841 forderte Alvarado dringend Unterstützung von Mexico, worauf ihm Santa Anna 300 Galeerensträflinge u. zugleich einen neuen Gouverneur, General Micheltorena, an Alvarados Stelle, schickte. Die nächsten Jahre vergingen unter fortwährenden Unruhen, welche von den Vereinigten Staaten unterhalten wurden, bis im Frühling 1846 die Bevölkerung Ober-C-s den Gouverneur Micheltorena vertrieb u. einen geborenen Californier, Don Jose Castro, zum Generalcommandanten wählte. In der Folge bildeten sich zwei einander schroff gegenüberstehende Parteien, die californische, welche unter dem Schutze Englands die Selbständigkeit des Staates wahren wollte, u. die amerikanische, welche auf einen Anschluß an die Vereinigten Staaten ausging. An der Spitze der letzteren stand der General Vallejo, welcher wegen seines, in kühnen Unternehmungen gegen die noch freien Indianer bewiesenen Muthes, wie um seines trefflichen Charakters[575] willen hochgeachtet war. Seit Frühjahr 1846 befand sich bereits eine amerikanische Flotille an der californischen Küste. Auf deren Beistand rechnend, brach die amerikanische Partei endlich los. Von Suttersfort aus zog im Juni 1846 eine Schaar von Amerikanern gegen Sonoma, bemächtigte sich der Kaserne u. nahm Vallejo gefangen. Inzwischen hatte der Krieg der Vereinigten Staaten gegen Mexico eine günstige Wendung genommen, u. Sloat, der Befehlshaber der amerikanischen Flotille am Stillen Meere, erklärte sofort, daß er Ober-C. im Namen der Vereinigten Staaten in Besitz nehme. Sein Nachfolger Stockton ergriff die nöthigen Maßregeln zur völligen Unterwerfung des Landes, stieß jedoch auf heftigen Widerstand. Ein trefflich berittenes Corps brach gegen das von Stockton dem Gouverneur Castro bereits entrissene Los Angelos auf u. zwang die amerikanische Garnison zur Capitulation. Eine um diese Zeit landwärts anlangende Abtheilung der in Mexico eingerückten amerikanischen Armee unter Kearney erlitt gleichfalls bei San Pasqual durch die Californier eine empfindliche Niederlage. Stockton setzte nun seine ganze Schiffsmannschaft ans Land u. marschirte mit 500 Mann am 29. Dec. 1847 gegen Los Angelos, schlug am 8. Jan. 1848, nach einem hitzigen Treffen, die viel stärkeren Californier zurück u. besiegte sie am 9. Januar vollständig. Durch Friedensvertrag am 2. Februar 1848 wurde das Land nebst anderen großen Gebietsstrecken von der mexicanischen Republik förmlich an die Vereinigten Staaten abgetreten. Diese Einverleibung hatte um so größeren Werth, als die Entdeckung der reichen Gold lager des Landes fortschritt. Nachdem man schon 1842 an der San Franciscobai eine reiche Goldader aufgefunden hatte, entdeckte im Frühjahr 1848 Marshall, ein Geschäftsfreund eines eingewanderten Luzerners, des Capitän Sutter, bei dem Bau einer Sägemühle am Americanos, einem Nebenflusse des Sacramento, eine große Anzahl Goldschuppen. Ihre Goldwäscherei war kaum im Gange, als eine zufällig in der Gegend eintreffende große Abtheilung von Mormonen 30 Meilen über Suttersfort ebenfalls eine ergiebige Goldwäsche anlegte, u. binnen 3 Monaten waren schon 4000 Menschen mit dem Goldsuchen beschäftigt. Die Bevölkerung von San Francisco sammt der Mannschaft der im Hafen liegenden Schiffe, selbst die Besatzung von Monterey, strömten schaarenweise dem Golddistricte zu, so daß alle anderen Geschäfte völlig liegen blieben. Der Zuzug von Colonisten aus der Union wie aus Europa u. Asien vermehrte die Einwohnerzahl in unglaublicher Schnelligkeit, hatte aber eine fast völlige Vernichtung der Regierungsautorität zur Folge, so daß die Anarchie in schreckenerregender Weise um sich griff. Um dem Unwesen zu steuern, schickten die Staaten 1849 General Smith als Militärgouverneur nach Francisco; indeß wollten die Californier von einer Beihülfe der Staaten weder zur Beruhigung ihres Staates noch zur Entwerfung der Verfassung etwas wissen. Anfangs August trat der Convent der Californier zu Monterey zum Beschluß der Verfassung zusammen u. übergab dieselbe am 12. Oct.; das Volk nahm sie 13. Nov. fast einstimmig an. Anfang December wurde Burnet als Gouverneur gewählt u. am 17. Dec. die Assembly eröffnet. Am 15. Aug. 1850 wurde die Bill über die Zulassung C-s in die Union im Senate zu New-York angenommen u. am 9. Sept. votirte das Repräsentantenhaus die Aufnahme Hoch- C-s in die Vereinigten Staaten als eines besonderen unabhängigen, die Sklaverei ausschließenden Staates. 1858 bis 1860 John B. Weller Gouverneur.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 575-576.
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