Caraccioli

[678] Caraccioli (spr. Karatscholi), aus Griechenland stammende, aber schon seit dem 9. Jahrh. in Neapel ansässige Familie; theilt sich in 2 Linien, Rossin d'al Leone (Pisquiti). Merkwürdigkind: 1) Gianni, Herzog von Melsi u. Vicenza, Graf von Avellino, Herr zu Capua, armer neapolitanischer Edelmann; wurde 1415 Secretär der Königin Johanna II. von Neapel, deren Gunst er genoß, nachdem er 1416 den königlichen Gemahl, Jakob von Bourbon, Grafen de la Marche, gefangen gesetzt hatte, Connetable, Großseneschall u. Herzog. Er regierte in Johanna's Namen unumschränkt; da. er aber die Königin, welche seinen ferneren habsüchtigen Wünschen das Gehör verweigerte, unwürdig behandelte, bewirkte die Herzogin von Suessa einen Verhaftbefehl gegen ihn, bei dessen Vollziehung er 1432 erschlagen ward. Die Königin confiscirte seine Güter. 2) Giovanni C., Fürst zu Melfi, Herzog von Venosa, Ascoli u. Soria, Großseneschall von Neapel u. Marschall von Frankreich; ergriff beim Einfall der Franzosen in Neapel unter Karl VIII. dessen Partei, so wie Anfangs auch unter Ludwig XII., erklärte sich aber später für Karl V. u. wurde deshalb vom Marschall Lautrec 1528 in Melfi gefangen u. nach Frankreich geführt. Franz I. verzieh ihm u. gab ihm mehrere Güter u. den Oberbefehl über die französischen Truppen in der Provence. Er entsetzte 1543 Luxemburg u. Landrecy, wurde 1544 Marschall u. Oberbefehlshaber in Piemont u. st. 1550 in Susa, auf der Rückreise nach Frankreich. 3) Marino, Graf von Galera, geb. 1468 in Neapel; ging als Gesandter des Herzogs von Mailand 1515 auf das Lateranische Concil, wo ihn Leo X. kennen lernte, wurde zum Apostolischen Protonotar ernannt u. 1518 nach Deutschland geschickt, um den Kurfürsten von Sachsen zur Auslieferung Luthers zu bewegen. Karl L. nahm ihn in seine Dienste u. brauchte ihn in den Unterhandlungen mit Venedig, England u. Mailand; er schloß 1529 mit dem Herzog von Mailand Frieden u. wurde zum Grafen von Galera ernannt; als 1535 die Sforza in Mailand ausstarben, wurde C. kaiserlicher Statthalter in Mailand u. st. hier 1538. 4) Carlo Andrea, Marquese von Torrecusa, Herzog von S. Georgio, geb. 1583 in Neapel; zeichnete sich als spanischer General in Afrika, Amerika, den Niederlanden unter dem Cardinalinfanten, in Deutschland, bes. in der Schlacht von Nördlingen, im Elsaß, in Italien u. Frankreich aus. 1641 erhielt er das Obercommando in Roussillon, Catalonien, Portugal u. Neapel u. st. 1646. 5) Marquis de C., geb. 1711, war neapolitanischer Gesandter in London u. Paris, dann Vicekönig von Sicilien u. st. 1789 in Palermo; 6) Louis Antoine de C., geb. 1721; wurde eine Zeit lang Soldat, Oberster in polnischen Diensten, durchreiste dann Italien, lebte darauf in Paris den Wissenschaften u. st. 1803; er schr.: Le livre à la mode, 100070060 (1760, roth gedruckt; dasselbe, aber etwas verschieden, grün gedruckt); Lettres et récréations morales, ebd. 1757; Dictionn. pittoresque et sentencieux, ebd. 1768, 3 Bde.; La petite Lutéce devenue grande fille, 2 Bde.; Lettres intéressantes du pape Clément XIV., ebd. 1777, 4 Bde.; Oeuvres, Lüttich 1761, 10 Bde. 7) Francesco Marchese, trat jung zur Marine, durchlief die unteren Dienstgrade u. ging dann nach England. 1793 commandirte er bei der Einnahme von Toulon die neapolitanischen Schiffe. Als 1798 der Hof bei seiner Übersiedelung von Neapel nach Sicilien statt auf der dazu bestimmten, von C. befehligten Flotte, sich vielmehr auf englischen Schiffen überfahren ließ, ging C. nach Neapel zurück, wo er im Dienst der Parthenopeischen Republik mit den Überresten der Marine einen Landungsversuch der sicilisch-englischen Flotte abschlug. Als 1799 der Cardinal Ruffo Neapel für den König wieder besetzte, ward C. verhaftet u. auf einem Schiff, seinem Palast gegenüber, gehenkt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 678.
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