Kaiser [1]

[223] Kaiser (franz. Empereur, engl. Emperor), der höchste Titel eines weltlichen Fürsten. Er kommt von dem lateinischen Caesar (s.d.) her, obgleich der K. in Rom nicht so, sondern Imperator od. Augustus (s. b.) hieß. Nach der Theilung des Römischen Reichs, 395 n.Chr., führten die Beherrscher sowohl des Abendländischen (Römische K., Abendländische od. Occidentalische K.) als auch des Morgenländischen Reichs (Griechische K., Morgenländische od. Orientalische K., Byzantinische K.) den Titel Imperator Augustus fort, u. als ersteres 476 unterging, behielten die Beherrscher von Byzanz den Kaisertitel allein. Als. Karl der Große Italien eroberte, suchte er, um seiner Herrschaft mehr Glanz zu geben u. sich in gleichen Rang mit dem Griechischen K. zu setzen, den Titel K. wieder hervor u. wurde vom Papst Leo III. im J. 800 zu Rom zum Romischen K. gekrönt. Von seinen nächsten Nachfolgern wurde[223] stets der, welcher König von Italien war, auch zum K. gekrönt, u. nach Aussterben der Karolinger Otto I., König von Deutschland, 964 vom Papst u. römischen Volk als K. begrüßt. Seitdem meinte man, daß dem deutschen König, der zugleich König von Italien war, der Kaisertitel nur dann zustehe, wenn er Rom durch einen Römerzug förmlich in Besitz nehme u. vom Papst gekrönt werde. Wer dies nicht that (wie Heinrich I.) führte nur den Titel als Römischer König, so wie auch jedem, so lange er nicht nach Rom gegangen war, nur dieser beigelegt wurde. Dies währte bis Maximilian I. den Titel Erwählter Römischer K. annahm, seitdem führten die Könige von Deutschland den Kaisertitel (K. von Deutschland) auch ohne vom Papst gekrönt zu sein. Der letzte in Italien zu Bologna gekrönte K. war Karl V., s. Deutscher Kaiser. Aus dem Griechischen Kaiserthum hatten sich seit der Eroberung Constantinopels durch die Franken 1204 zwei Kaiserthümer gebildet, das Lateinische der Franken zu Constantinopel (s.d.) u. das Griechische zu Nikäa (s.d.); 1263 wurden sie wieder vereinigt, aber 1328 theilte es sich von Neuem, u. neben dem Griechischen in Constantinopel bildete sich das Kaiserthum zu Trapezunt (s.d.), beide wurden von den Türken, das Byzantinische 1453, das Trapezuntische 1461, zerstört, u. nun nahmen die türkischen Sultane den Kaisertitel wieder auf u. bedienten sich desselben gegen auswärtige Mächte, u. seit 1606 ist der türkische Padischah bei allen europäischen Mächten als Türkischer K. anerkannt. 1721 nahm auch der russische Czar den Titel Russischer K. an (s. Russisches Reich). Österreich nahm für sein Stammland 1804 den Titel K. an, u. als das Deutsche Reich 1806 endigte, legte Franz den Titel als Deutscher K. ab u. nannte sich K. von Österreich. Napoleon Bonaparte nahm 18. Mai 1804 den Titel K. der Franzosen an, wurde von allen Mächten, ausgenommen England, anerkannt; das Kaiserthum bestand bis zur Restauration der Bourbons, 1814 u. 1815. Am 2. Decbr. 1852 wurde das Kaiserthum in Frankreich durch Napoleon III. wiederhergestellt. Auch pflegen Großbritannien u. Spanien gegen außereuropäische Mächte sich den Kaisertitel beizulegen, um nicht bei den, der europäischen Gewohnheiten unkundigen Nationen geringer zu scheinen als ein anderer Monarch. Spanien führte unter Ferdinand I. u. noch später selbst in Europa den Kaisertitel. Außerhalb Europa sind in neuester Zeit in christlich cultivirten Ländern drei neue Kaiserthümer entstanden; das eine stiftete Iturbide, als K. von Mexico, 1822 in Mexico; doch wurde er schon nach Jahresfrist seiner Würde wieder entsetzt u. die Republik wieder hergestellt; das zweite wurde ebenfalls 1822 in Brasilien, nachdem sich dies Reich von dem Mutterlande Portugal losgesagt hatte, unter Pedro I. gestiftet (s.u. Brasilien III.); das dritte war das Kaiserthum Hayti (auf San Domingo), wo General Soulouque 1849 den Kaisertitel annahm, aber im Dec. 1858 durch eine Revolution vertrieben u. die Republik darauf wieder hergestellt wurde. Auch mehrere nicht christliche Fürsten außerhalb Europa erhalten von europäischen Mächten den Kaisertitel, so der K. von Marokko, von China u. Japan. Übrigens ist gegenwärtig der Kaisertitel nur in der Volksmeinung, keineswegs aber im Völkerrecht, höher als der Königstitel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 223-224.
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