Kaunitz [2]

[397] Kaunitz, altes mährisches Geschlecht, theilt sich in zwei Linien: a) die gräfliche, welche in Böhmen mehrere Majorate, als Neuschloß, Leippa, Brzezno etc., u. b) die fürstliche (Fürst von K. Rietberg u. seit 1752 Graf von Questenberg), welche, seit 1764 in den Reichsfürstenstand erhoben, in Mähren ansässig, Besitzer von der Grafschaft Rietberg wurde, für Rietberg seit 1806 Sitz u. Stimme im Reichsfürstenrath hatte, aber 1807 unter westfälische, 1814 unter preußische Oberhoheit kam (vgl. Rietberg). In Mähren besitzt dieses Haus mehrere Majorate, als Jaromiritz, Petschau, Pruß, Banow, Jacoban etc. Merkwürdig sind: 1) Graf Max. Ulrich, heirathete 1699 die Gräfin Marie Ernestine von Ostfriesland u. erhielt mit ihr Rietberg (s.d.). 2) Fürst Wenzel Anton, Sohn des Vorigen, geb. 1711 in Wien, wählte den geistlichen Stand u. wurde Domherr zu Münster, widmete sich aber nach dem Tode seiner älteren Brüder den Staatsgeschäften, studirte in Wien, Leipzig u. Leyden, wurde 1735 Reichshofrath u. kurz darauf zweiter kaiserlicher Commissär am Reichstage zu Regensburg, zog sich aber nach Erlöschung seiner Vollmacht durch Karls VI. Tod u. Karls VII. von Baiern Thronbesteigung auf seine Güter in Mähren zurück; 1741 ging er als Gesandter nach Rom u. Florenz, schloß 1742 in Turin das Bündniß Österreichs mit Sardinien u. England, wurde 1744 österreichischer Minister am Hofe des Herzogs Karl von Lothringen, Generalgouverneurs der Österreichischen Niederlande, führte in dessen Abwesenheit die Regierung, erhielt 1746, als die Franzosen Brüssel besetzten, für die österreichischen Truppen freien Abzug nach Antwerpen, ging, da auch diese Stadt sich ergab, nach Aachen, trat dort kurze Zeit außer Dienst, erschien aber bald als kaiserlicher Gesandter beim Friedenscongreß in Aachen u. wurde nach dem Frieden Conferenz- u. Staatsminister, 1750–52 Gesandter in Paris u. bewirkte hier die Geheime Allianz zwischen Österreich u. Frankreich, welche erst 1756 bekannt wurde. Von 1753 an leitete er als Hof- u. Staatskanzler fast alle Geschäfte der Österreichischen Monarchie, wurde 1764 vom Kaiser Franz I. in den Reichsfürstenstand erhoben u. genoß bis zum Tode Maria Theresia's unbegrenztes Vertrauen. Weniger groß war sein Einfluß unter Joseph II. u. Leopold II u. beim Regierungsantritt Franz' II. legte er seine Würden nieder u. st. 27. Juni 1794. K., Beförderer u. Schützer der Künste u. Wissenschaften, lebte fast nur in der Französischen Sprache u. Literatur. Er hatte zwei Söhne: 3) Ernst Christoph II. u. 4) Dominicus Andreas, welche beide in der Regierung von Rietberg folgten. 51 Aloys, Sohn des Vor., geb. 20. Juni 1774, folgte 1812 seinem Vater, war österreichischer wirklicher Geheimer Rath, lebte in Wien u. st. 15. Nov. 1848, mit ihm starben die K. im Mannsstamme aus. Er war vermählt mit Franzisca geb. Gräfin Ungnad v. Weißenwolf u. hinterließ 3 Töchter.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 397.
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