Merlin [2]

[153] Merlin (spr. Merläng), 1) Philipp Anton, Graf von M., geb. 1754 in Arleux; machte seine ersten Studien in Douai (deshalb auch M. de Douai genannt), kaufte 1782 die Stelle eines königlichen Secretärs u. wurde 1789 Deputirter für Douai bei der Ständeversammlung. Als Präsident eines Criminaltribunals in seine Heimath zurückberufen, blieb er bei diesem Posten bis 1792, wo er Deputirter beim Nationalconvent wurde, votirte beim Proceß Ludwigs XVI. mit der Mehrzahl u. wand sich durch Klugheit durch die Schreckensregierung. 1794 wurde er Präsident des Nationalconvents, veranlaßte den Umsturz der pariser Municipalität u. 1795 die Schließung des Jacobinerclubs u. knüpfte Unterhandlungen mit Preußen u. Spanien an, welche den Tractat von Basel herbeiführten. Nachdem er 1796 dem Nationalconvent einen Criminalcodex vorgelegt hatte, welcher angenommen wurde u. bis 1811 in gesetzlicher Kraft blieb, wurde er 1797 Justizminister u. nahm hierauf die Stelle des Directors Barthelemy ein, milderte, so viel er konnte, das Deportationsdecret, gab aber 1799 zugleich mit la Reveillère-Lèpeaux seine Dimission ein. Bonaparte ernannte ihn zum Substituten des Generalprocurators beim Cassationstribunal, dann zum Generalprocurator, Staatsrath u. Graf; bei der ersten Restauration 1814 verlor er seinen Posten als Staatsrath u. 1815 den als Generalprocurator, begab sich nach der zweiten Restauration, weil er für den Tod Ludwigs XVI. gestimmt hatte, als Verwiesener nach Brüssel u. wollte nach Amerika gehen, aber er litt auf dieser Reise Schiffbruch, kehrte nach Brüssel zurück u. lebte erst hier, dann in Harlem; er st. 1838 in Paris u. schr.: Traité des offices de France, Par., 4 Bde.: Recueil des questions de droit, ebd. 6 Bde.; Répertoire de jurisprudence, ebd. 16 Bde. 2) Anton Christoph M. von Thionville, geb. 1762 in Thionville; Parlamentsadvocat in Metz u. 1791 Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung; der Theilnahme an dem angeblichen österreichischen Comité beschuldigt, wurde er verhaftet, aber bald wieder frei gelassen, hob später im Departement der Somme 7000 Mann aus, die er zur Armee nach der Champagne führte, wurde nach seiner Zurückkunft Deputirter des Moseldepartements beim Convent u. darauf als Commissär zur Armee des Generals Custine geschickt; nachdem Mainz 1793 von den Preußen erobert worden war, führte er die Armee nach der Vendée, half die Schreckensregierung stürzen, wurde darnach Präsident des Convents u. wirkte als solcher eifrig gegen die Jacobiner; er kam als Adjutant zu Pichegrü, wurde später zu der[153] Rheinarmee geschickt u. nahm die Festung Luxemburg im Namen der Republik in Besitz; hierauf kam er in den Rath der Fünfhundert, wurde Commissär-Ordonnateur bei der Armee von Italien u. dann Generaladministrator der Posten, sprach sich gegen Bonapartes lebenslängliches Consulat aus, gab seine Dimission ein u. zog sich auf sein Gut in der Picardie zurück; 1814 errichtete er als Oberst zu Amiens eine Legion gegen die Verbündeten u. st. 1833 zu Paris als General. 3) Ant. Franç. Eugène, Graf M., Sohn von M. 1), geb. 1778 in Douai, machte die Feldzüge unter Napoleon mit u. wurde Brigadegeneral; bei der Restauration verließ er Frankreich, kehrte 1818 zurück, ohne jedoch eine öffentliche Stellung einzunehmen; erst 1832 wurde er Generallieutenant, trat 1835 in die Deputirtenkammer u. wurde 1839 zum Pair ernannt; er st. 1854 in Eaubonne.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 153-154.
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