Voigtland

[649] Voigtland (Terra advocatorum), Landstrich, welcher den ehemaligen Voigtländischen Kreis (s.d.) des Königreichs Sachsen, die Reußischen Länder, den sachsen-weimarischen Neustädter Kreis, den[649] preußischen Kreis Ziegenrück, das sachsen-altenburgische Amt Ronneburg, die baierische Landeshauptmannschaft Hof u. die böhmische Herrschaft Asch umfaßt. In älteren Zeiten rechnete man hierzu noch die Bezirke der sächsischen Gerichtsämter Eibenstock, Johann-Georgenstadt, Kirchberg, Schneeberg, Schwarzenberg, Werdau u. Zwickau (letztern größtentheils), ferner das Saalfeldische, das Egerland nebst der Herrschaft Graßlitz in Böhmen u. einen Theil des Bisthums Bamberg. Der Sitz des Voigtes war Plauen. Das V. bildet ein mit dem Erzgebirge, dem Fichtelgebirge u. dem Frankenwalde zusammenhängendes, bis zu 2000 Fuß ansteigendes Plateau, welches von den Thälern der Saale, Elster u. Eger durchschnitten wird. – Die alten Herren des V-s stammten mütterlicherseits von den Grafen von Gleisberg, väterlicherseits von dem sächsischen Edeln von Eckbert; Heinrich der Reiche im 12. Jahrh. besaß den ganzen Landstrich, welcher nach ihm, da er vom Kaiser Friedrich I. die erbliche Würde als Reichsvoigt erhalten hatte, das V. genannt wurde. Diese Vögte zerfielen in mehre Linien, nannten sich alle des heiligen Römischen Reichs Vögte u. Herren u. nahmen im 15. Jahrh. den Familiennamen der Reußen an, s.u. Reuß S. 74 f. Aus ihnen ist die fürstliche Linie Reuß entstanden, welche noch jetzt einen Theil des alten V-es beherrscht. Wohl nie ist das ganze V. genannte Land ausschließliches Eigenthum der Vögte zu Plauen gewesen, sondern immer waren andere reichsunmittelbare Dynasten dazwischen, so die Grafen von Eberstein bei Plauen, die Herren von Lobdaburg, die Grafen von Orlamünde etc. Später verloren sie durch Lehnsverhältnisse, indem sie bald den Markgrafen von Meißen u. Landgrafen von Thüringen, bald den Königen von Böhmen lehnbar waren, Eger u. Graßlitz an Böhmen, die Landeshauptmannschaft Hof kam 1373 durch Kauf an die Burggrafen von Nürnberg, u. andere Besitzthümer an andere Fürsten, indem sie immer beträchtliche Güter verpfändet hatten u. andere vertauschten, verkauften etc. So verloren sie nach u. nach Ronneburg, Crimmitzschau u. alle Besitzungen im Erzgebirge, 1560 durch Kauf die Ämter Weida, Arnshaugk u. Ziegenrück, 1569 Plauen, Voigtsberg u. Pausa an Sachsen, u. der Antheil, welchen das Haus Sachsen von dem ehemaligen V. besaß, ward weit größer als der ihrige. 1656 kam das Sächsische V. mit dem Neustädter Kreise an die neue Linie Sachsen-Zeitz, fiel aber mit deren Aussterben 1708 wieder an das Kurhaus zurück. 1815 ward der Neustädter Kreis von Sachsen an Preußen abgetreten, welches den größten Theil desselben an Weimar überließ. Vgl. Tromlers Sammlung zur Geschichte des V-es, Lpz. 1767; Limmer, Geschichte des V-es, Gera 1825–28; Jahn, Geschichte des Sächsischen V-es, Plauen 1831.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 649-650.
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