Friedrich II. [1]

[113] Friedrich II., mit dem Beinamen der Hohenstaufe, ein Enkel Friedrich I., war röm. deutscher Kaiser 1215–1250 und stand seinem Großvater an Heldensinn und Kühnheit nicht nach, während er ihn an Freisinnigkeit und Pracht seines Hofes noch übertraf. Er war, geb. 1194, der Sohn Heinrich VI. und der Konstantia von Sicilien und daher auch Erbe von Neapel und Sicilien. Während seiner Herrschaft hatte F. fortwährend zu kämpfen. Die Päpste sahen ihr Reich in Mittelitalien von beiden Seiten durch die gewaltige Macht der Hohenstaufen eingeengt, betrachteten daher F. fortwährend mit argwöhnischen Blicken und benutzten jede Gelegenheit, seine Macht zu schwächen. Die reichen Städte, die herrschsüchtigen Großen und die Päpste begegneten sich in dem Streben nach einer Selbständigkeit, welche der Kaiser, um allen seinen Unterthanen gleiche Gerechtsame und seiner eignen Würde Ansehen zu verschaffen, zu überwinden suchte. Dazu kam, daß F. die Vorurtheile seiner Zeit wenig achtete und durch sein Benehmen nicht selten gegen die religiöse und sittliche Denkweise seiner Unterthanen verstieß. Sein Vater hatte ihn schon als zweijähriges Kind zum röm. Könige krönen lassen; aber als Heinrich bald darauf starb, wählte die eine Partei der deutschen Fürsten, welche den Hohenstaufen feindlich gesinnt war, Otto von Braun schweig, die andere Philipp von Schwaben. Während diese miteinander kämpften, wurde F. unter der Vormundschaft des Papstes Innocenz III. in Italien erzogen und übernahm 1209 die Regierung seines mütterlichen Erbtheils. Indeß war Philipp von Otto von Wittelsbach erschlagen und Otto dem Papste misfällig geworden. Dieser berief daher F. auf den Kaiserthron. Er erschien 1212 in Deutschland. Alle Anhänger der Hohenstaufen eilten zu ihm, Otto wurde besiegt und 1215 wurde F. zu Aachen, 1220 zu Rom gekrönt.

Die erste Veranlassung zum Streit mit dem Papste gab der Umstand, daß F. wiederholt und zuletzt noch bei seiner Kaiserkrönung zu Rom einen Kreuzzug zur Eroberung Jerusalems, welches noch immer in den Händen der Ungläubigen war, gelobt hatte. Unruhen in Italien hinderten ihn an der Ausführung und er mußte wiederholt vom Papste Aufschub verlangen. Endlich 1227 schiffte sich F. ein, um nach Palästina zu gehen, aber von einer Krankheit befallen, sah er sich schon nach drei Tagen zur Rückkehr gezwungen. Der Papst Gregor IX. meinte, die Krankheit sei nur vorgeschützt, um das heißersehnte Unternehmen wieder zu vereiteln, und sprach den Bann gegen F. aus. Dieser wollte beweisen, daß es ihm Ernst gewesen, und ging gleich im folgenden Jahre nach Palästina. Da er aber den Bann vor seiner Abreise nicht gelöst hatte, so erklärte nun der Papst sein Unternehmen für unheilig und gotteslästerlich, machte den Bannfluch im Morgenlande bekannt und that selbst einen Einfall in F.'s Erblande. Dieser war indeß in seinem Unternehmen glücklich. Er schloß mit dem Sultan von Ägypten, welcher das gelobte Land inne hatte, einen Waffenstillstand auf zehn Jahre. Jerusalem und die übrigen heiligen Orte, sowie das Land zwischen ihnen und die wichtigen Seestädte Sidon und Tyrus wurden an die Christen abgetreten, und F., welcher die Jolanta, eine Tochter des Königs Johann von Jerusalem, geheirathet hatte, setzte sich selbst die Krone von Jerusalem auf, da des Bannes wegen kein Priester vor ihm Messe lesen und ihn krönen wollte. Eilig kehrte er nun nach Italien zurück und bewog den Papst 1230 Frieden zu schließen und den Bann aufzuheben. Zu neuem Kampfe mußte aber F. nach Deutschland eilen. Dort hatte er seinen Sohn, Heinrich, zum Verweser des Reichs bestellt, und dieser, verblendet und verführt, empörte sich gegen seinen Vater. Heinrich wurde gefangen und nach Apulien in ein Gefängniß geführt, wo er nach sieben Jahren starb. Mit Recht wurde es F. zum Vorwurf gemacht, daß er gleich nach Gefangennehmung seines Sohnes in Worms seine Vermählung mit der engl. Prinzessin Isabella mit unerhörter Pracht beging.

In Mainz hielt F. 1235 einen großen Reichstag, auf welchem der Landfriede durch schriftliche Gesetze befestigt wurde, und wendete sich darauf gegen die lombardischen Städte, welche fortwährend ihm hinderlich in den Weg getreten waren. Er eroberte mehre Städte und besiegte die Mailänder, welche zur Nachgiebigkeit bereit waren. Aber F. foderte unbedingte Ergebung und erbitterte dadurch seine Feinde nur noch mehr. Papst Gregor IX. unterstützte diese und that den Kaiser von Neuem in den Bann. Sein allerdings nicht tadelloses Leben wurde auf das Härteste gerügt der Schutz, welchen er den Sarazenen angedeihen ließ, die sich als treue und fleißige Unterthanen im sicil. Reiche angesiedelt hatten, wurde als Beweis seiner Hinneigung zum Mohammedanismus angeführt. Innocenz IV., der als Papst nach Gregor IX. folgte, früher ein Freund F.'s, wurde sein gefährlichster Feind., Er bestätigte den Bann, floh, um der Macht F.'s sich zu entziehen, 1244 nach Lyon und sprach hier, obschon der Kanzler Thadäus von Suessa den Kaiser glänzend vertheidigte, nochmals in einer feierlichen Kirchenversammlung den Bannfluch über F aus. In Deutschland brachte er es zur Wahl eines Gegenkönigs, Heinrich Raspe (s.d.) von Thüringen, und als dieser schon im folgenden Jahre starb, eines andern, Wilhelm von Holland. Die Verwirrung in Deutschland mit allen Schrecken des Faustrechts stieg aufs Höchste. Einen der härtesten Schläge erfuhr F., als er selbst von den Lombarden besiegt wurde und sein natürlicher Sohn, Enzio, den er zum Könige von Sardinien erklärt hatte, in die Hände der Bologneser fiel, die ihn in ewiger Gefangenschaft hielten. Noch mußte F. erleben, daß mehre seiner nächsten Freunde ihn verrätherisch verließen, ja ihm sogar nach dem Leben standen. Niedergebeugt von so vielen Schicksalsschlägen starb F. 1250 in den Armen seiner geliebten Blanca, Gräfin von Lancia, der Mutter Manfred's, welcher später König von Sicilien wurde. Auf dem Kaiserthron folgte ihm sein zweiter Sohn, Konrad, aber seine zahlreichen Nachkommen starben alle eines frühen, die meisten eines unnatürlichen Todes. F. selbst war der schönste, liebenswürdigste, geistreichste Fürst, ein Freund alles Schönen, selbst Dichter und Schriftsteller, ein mächtiger Feldherr, ein kluger Gesetzgeber und doch von so Vielen gehaßt und verfolgt, daß er mit allen seinen hohen Vorzügen der Zeit erlag, die er nicht besonnen fortzuführen, sondern übereilt zu reformiren unternommen hatte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 113.
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