Maria Stuart

Maria Stuart

[54] Maria Stuart, Königin von Schottland, geb. 1542, die einzige Tochter König Jakob X. von Schottland, mit dem die männliche Linie des kön. Hauses Stuart erlosch und von dem sie als ein Kind von acht Tagen die Krone erbte.

Während ihrer Minderjährigkeit führte anfangs Graf Aran, von 1554–60 ihre Mutter, Maria von Lothringen, die Regierung, M. aber wurde seit dem fünften Jahre in einem Kloster in Frankreich erzogen, weil die Anträge König Heinrich VIII. von England, welcher sie mit seinem Sohne Eduard zu vermählen und dadurch beide Reiche zu vereinigen beabsichtigte, den Wünschen ihrer Mutter nicht entsprachen. Diese hatte den Dauphin und nachherigen König von Frankreich, Franz II., zum Gemahl M.'s ausersehen und diese Ehe ward auch 1558 vollzogen; sein früher Tod bewog aber M. 1560 zur Rückkehr nach Schottland, dessen Regierung sie nun selbst übernahm. Jugend, Schönheit und Geistesbildung reichten aber nicht aus, ihr das Vertrauen des Landes zu gewinnen, welches laut seinen Haß wider alles Katholische aussprach und dem sie durch Erziehung und als eifrige Katholikin entfremdet war; auch hatte sie am verführerischen und sittenlosen franz. Hofe in moralischer Hinsicht sehr wenig strenge Grundsätze angenommen, was ihr besonders verderblich wurde. Den überstrengen schot. Puritanern würde außerdem ihre auf heitern Genuß berechnete Art zu leben nicht weniger Anstoß gegeben haben, auch wenn sie nicht das erlaubte Maß überschritten hätte. Im Dec. 1565 vermählte sie sich mit ihrem Vetter Heinr. Darnley, einem verächtlichen, der Völlerei ergebenen Manne, aus blinder Neigung und dem Rathe aller Klugen zuwider. Nur zu bald kam es zu großen Mishelligkeiten zwischen Beiden und M. wendete ihre Gunst entschieden dem von ihr schon früher bevorzugten Dav. Riccio zu, einem ital. Sänger, welchen sie zu ihrem Geheimschreiber gemacht hatte. Aus Eifersucht und in der Meinung von M.'s ehelicher Untreue, sowie daß Riccio die Hauptursache sei, daß die von Darnley verlangte Krönung nicht erfolgte, ließ dieser ihn durch mehre dazu gewonnene Edelleute, welche er eines Abends selbst in das Gemach führte, wo M. mit Riccio und einigen Frauen speiste, fast vor den Augen der Königin umbringen, welche im siebenten Monat schwanger war. Kaum hatte sie aber im Juni 1566 einen Sohn, den nachherigen König Jakob I. von Schottland und England, geboren, so wählte sie den lasterhaften Grafen Bothwell zu ihrem Günstling, welchen nach der im Febr. 1567 zu Edinburg geschehenen Ermordung ihres Gatten, die öffentliche Stimme als den Mörder bezeichnete. Allein weder dies, noch daß man sie des Einverständnisses mit dem Verbrechen beschuldigte, hielt M. ab, sich drei Monate nach der Unthat und nur 14 Tage nach der vom Grafen frech erschlichenen Scheidung von seiner tugendhaften Gattin, mit ihm zu vermählen. Schnell traten aber Adel und Volk gegen sie auf, und da sie von Bothwell nicht lassen wollte, der entflohen war und später in Dänemark starb, auch alle ihre Handlungen als mit ihrer kön. Machtvollkommenheit gerechtfertigt ansah, mußte sie der Krone zu Gunsten ihres unmündigen Sohnes unter der Regentschaft ihres Halbbruders, des Grafen Murray, entsagen. Es gelang ihr jedoch, aus der Hast zu entkommen, in der die schot. Großen sie hielten, und nun erklärte sie alles Geschehene für ungültig und sammelte ein kleines Heer, das aber 1568 bei Langside unweit Glasgow geschlagen wurde. Mit Mühe und von Allem entblößt entkam M. nach England, wo sie den Beistand der Königin Elisabeth (s.d.) anrief, anfangs auch an der Grenze gastfreie Aufnahme fand, nachdem aber eine Untersuchung ihrer Schuld oder Unschuld veranlaßt worden, tiefer ins Land gebracht und sorgfältig bewacht wurde, damit sie nicht entweiche, weil die Engländer nach M.'s Befreiung das Einschreiten der katholischen Mächte zu deren Gunsten ausnehmend fürchteten. Die noch immer schöne Königin fand aber Anhänger und begeisterte Freunde, welche für ihre Befreiung, ja für Ausführung ihrer Ansprüche auf den engl. Thron zum Nachtheil der Elisabeth thätig waren. Die wiederholte Entdeckung solcher Entwürfe, deren Urheber meist hingerichtet wurden, verschlimmerte aber nur die Loge M.'s, welcher nun auf nach jetzigen Ansichten zwar sehr unregelmäßige Art in ihrem [54] Gefängniß zu Fotheringhay der Proceß gemacht wurde. Sie konnte sich nur mit Leugnen und damit rechtfertigen, daß sie jedes Mittel zur Gewinnung der Freiheit für entschuldigt erklärte, und wurde zum Tode verurtheilt; beide Parlamentshäuser bestätigten diesen Spruch und die gegen den Willen der Elisabeth schnelle Vollziehung desselben, am 18. Febr. 1587, wurde vom engl. Volke mit Freudenfeuern und vierundzwanzigstündigem Lauten der Glocken begangen, so groß war die Besorgniß vor innerm Kriege, vor den fremden Heeren und religiöser Tyrannei, die man als Folgen der Befreiung M.'s fürchtete. Ohne Erfolg hatten sich für M. wiederholt auswärtige Höfe und ihr Sohn verwendet, dem indeß nur an Abwendung der äußersten Gefahr und keineswegs an Freilassung seiner Mutter lag, die übrigens ihr Loos standhaft ertrug, in ihren letzten Tagen aufrichtige Frömmigkeit, sowie angelegentliche Sorge für ihre Diener zeigte, von denen aber nur wenige sie zu dem in einem Saal errichteten Blutgerüst begleiten durften. Ebenso ward ihr auch kein katholischer Geistlicher, sondern dafür ein protestantischer bewilligt, dessen Zuspruch sie aber entschieden ablehnte und furchtlos ihr Haupt auf den Block legte, das erst nach zwei Streichen fiel. Die von Parteimännern entstellte Geschichte M.'s, welche außer ihrem Sohne noch von Bothwell eine Tochter hinterließ, welche zu Soissons in Frankreich Nonne wurde, ist erst in neuester Zeit offen dargelegt worden und danach ist denn auch in Schiller's berühmtem Trauerspiel, das die folgenreichen Verhältnisse ihres frühern Lebens zu wenig berührt, nur der äußere Umriß der Ereignisse geschichtlich begründet.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 54-55.
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