Böttger

[270] Böttger, 1) (Böttcher oder Böttiger) Johann Friedrich, Erfinder des Meißener Porzellans, geb. 4. Febr. 1682 in Schleiz, gest. 13. März 1719 in Dresden, erlernte in Berlin die Apothekerkunst, trieb auch Alchimie und flüchtete, weil er in Gefahr geriet, als Adept festgehalten zu werden, nach Dresden, wo ihm Fürst Egon von Fürstenberg ein Laboratorium einrichtete. 1704 suchte er nach Wien zu entfliehen, wurde aber zurückgebracht und stellte in einer vom Grafen von Tschirnhausen errichteten Fabrik aus einem Ton der Meißener Gegend ein vortreffliches, braunrotes Porzellan dar. Vor den eindringenden Schweden ward B. mit drei Gehilfen auf dem Königstein in Sicherheit gebracht, wo sie ihre Arbeit fortsetzen mußten. 1707 nach Dresden zurückgeführt, wurde er 1708 mit der Leitung des Porzellanmachens betraut und 1710 zum Administrator der zu Meißen errichteten Fabrik ernannt. Bereits 1709 hatte man mit glasiertem und unglasiertem, auch etwas weißem Porzellan die Leipziger Messe bezogen, und 1711 wurde eine besondere Werkstätte für weißes Porzellan eingerichtet. 1716 ließ sich B. mit Personen in Berlin wegen Mitteilung seiner Kunst um Geld in eine Korrespondenz ein. Letztere wurde 1719 entdeckt und hatte die gefängliche Einziehung Böttgers zur Folge. 1891 wurde ihm in Meißen eine Bronzebüste errichtet. Vgl. Engelhardt, Joh. Friedr. B. (Leipz. 1837).

2) Rudolf Christian, Chemiker, geb. 28. April 1806 in Aschersleben, gest. 29. April 1881, studierte in Halle Theologie, widmete sich seit 1831 den Naturwissenschaften und wurde 1835 Lehrer am Physikalischen Verein in Frankfurt a. M. Er machte zuerst galvanoplastische Kopien von gravierten druckfertigen Kupferplatten, empfahl Calciumsulfhydrat zur Enthaarung von Tierhäuten (Depilatorium), erfand mit Bromeist 1842 die Hyalographie, entdeckte, unabhängig von Schönbein, 1846 die Schießbaumwolle und das Kollodium, erfand die sogen. schwedischen Zündhölzer, die Versilberung und Verplatinierung des Glases, die Vernickelung und Verstählung leicht oxydierbarer Metalle etc. Neue Bereitungsweisen, z. B. von Thallium, Cäsium, Indium, und interessante Reaktionen verdankt ihm die Chemie in großer Zahl.[270]

3) Adolf, Dichter und Übersetzer, geb. 21. Mai 1815 in Leipzig, gest. daselbst 16. Nov. 1870, studierte dort seit 1836 und widmete sich dann ausschließlich literarischen Beschäftigungen. Seinen Ruf begründete B. mit der Übersetzung von Byrons »Sämtlichen Werken« (Leipz. 1840, 7. Aufl. 1891). Weniger glücklich war er mit der Übertragung Shakespearescher Stücke; dagegen lieferte er in den Übersetzungen der poetischen Werke Popes (mit Ölckers, Leipz. 1842, 4 Bde.), Goldsmiths (das. 1843), Miltons (das. 1846), der Ossianischen Gesänge (das. 1847), »Hiawatha« von Longfellow (das. 1856) u. a. wieder Proben großer Sprachgewandtheit. Als selbständiger Dichter schrieb B. unter Anlehnung an Byron einige poetische Erzählungen, ferner die Märchengedichte: »Ein Frühlingsmärchen« (1.–3. Aufl., Leipz. 1849) und »Die Pilgerfahrt der Blumengeister« (Text zu Grandvilles »Fleurs animées«, das. 1851, 3. Aufl. 1858) und die Dramen »Agnes Bernauer« (das. 1845, 3. Aufl. 1850) und »Das Galgenmännchen« (das. 1870), eine phantastische Faustiade im kleinen. An die erste Sammlung seiner lyrischen »Gedichte« (Leipz. 1846, 7. Aufl. 1851; neue Sammlung 1854) schließen sich die »Johannislieder« (das. 1847), die Lieder »Auf der Wartburg« (das. 1848), die Sammlungen: »Heilige Tage« (Wien 1865) und »Neue Lieder und Dichtungen« (Troppau 1868) an. Seine »Gesammelten Dichtungen« erschienen in 6 Bänden (2. Aufl., Leipz. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 270-271.
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