Deutscher Sprachverein

[738] Deutscher Sprachverein, Allgemeiner. Das gesteigerte Selbstbewußtsein des deutschen Volkes im neuen Reich hat seit der Gründung des letztern vielfach den Wunsch angeregt, daß die hergestellte Einheit auch der Pflege der gemeinsamen Sprache zu gute kommen möge. Nachdem einzelne leitende Männer im öffentlichen Dienst, zumeist der Staatssekretär des deutschen Reichspostamtes v. Stephan, innerhalb ihtes Kreises in diesem Sinn vorzugehen begonnen hatten, gelang es dem Museumsdirektor H. Riegel zu Braunschweig, mit zwei kleinen Schriften: »Ein Hauptstück[738] von unsrer Muttersprache« (Leipz. 1885) und »Der Allgemeine Deutsche Sprachverein« (Heilbr. 1885), die Bewegung in festere Bahnen zu leiten. Der vorgeschlagene Verein trat im August 1885 ins Leben und konnte unter lebhafter Beteiligung schon 1887 in Dresden und 1888 in Kassel seine Jahresversammlungen halten. Der Verein verfolgt den Zweck, die Reinigung der deutschen Sprache von unnötigen fremden Bestandteilen zu fördern und die Erhaltung und Wiederherstellung des echten Geistes und eigentümlichen Wesens der deutschen Sprache zu pflegen. Durch Begründung von Zweigvereinen, öffentliche Versammlungen, Entsendung von Wanderrednern, Preisaufgaben, namentlich aber durch die Herausgabe der »Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins« (seit 1886), der »Wissenschaftlichen Beihefte« (seit 1891) und der »Verdeutschungswörterbücher« wußte der Verein ein reges Leben zu erhalten. 1902 zählte er 231 Zweigvereine und 20,150 Mitglieder. An Widerspruch und Bedenken hat es freilich nicht gefehlt. Gustav Rümelin vertrat besonders vom kulturhistorischen Standpunkte »Die Berechtigung der Fremdwörter« in einer Schrift dieses Titels (2. Aufl., Freiburg 1887); eine Kundgebung von 41 namhaften Gelehrten und Schriftstellern in den »Preußischen Jahrbüchern« vom 28. Febr. 1889 richtete sich gegen unberufene und einseitige Meisterung der Sprache, die sie von der Tätigkeit des Vereins, besonders auch von dem Gedanken an die Einsetzung einer Art Sprachbehörde fürchteten. Man kann diesen Bedenken ihr volles Recht lassen, ohne doch das Gute der Vereinsarbeit zu verkennen. In diesem Sinn haben sich die öffentliche Meinung und Presse auch wirklich zumeist entschieden. Die Behörden und Schulen haben sich die Beseitigung und Vermeidung überflüssiger Fremdwörter angelegen sein lassen, und die Fremdwörtermode veraltet mehr und mehr. Vgl. außer den bereits angeführten Schriften noch Pietsch, Der Kampf gegen die Fremdwörter (Berl. 1887); Dunger, Die Sprachreinigung und ihre Gegner (Dresd. 1887); Grün, Der Deutsche Sprachverein und seine Gegner (Straßb. 1888); Sarrazin, Beiträge zur Fremdwörterfrage (Berl. 1887); Derselbe, Verdeutschungswörterbuch (2. Aufl., das. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 738-739.
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