Giseke

[869] Giseke, 1) Nikolaus Dietrich, Dichter, geb. 2. April 1724 zu Nemes-Csó bei Günz in Ungarn von deutschen Eltern, gest. 23. Febr. 1765 in Sondershausen, kam nach dem Tode seines Vaters nach Hamburg, studierte seit 1745 Theologie in Leipzig, wo er zum Kreise der »Bremer Beiträger« gehörte, wurde 1753 als Prediger nach Trautenstein im Blankenburgischen, im nächsten Jahre nach Quedlinburg berufen und 1764 zum Superintendenten in Sondershausen ernannt. Ein Denkmal der Freundschaft setzte ihm Klopstock in den Oden »Wingolf« und »An G.« Gisekes »Poetische Werke«, die im Geiste der damals herrschenden Empfindsamkeit gehalten sind, gab Gärtner heraus (Braunschw. 1767). Vgl. G. Giseke, Nachrichten von der Familie G. (Eisleb. 1843); E. Schmidt, Beiträge zur Kenntnis der Klopstockschen Jugendlyrik (Straßb. 1880).

2) Robert, Dichter und Schriftsteller, Urenkel des vorigen, geb. 15. Jan. 1827 in Marienwerder, gest. 12. Dez. 1890 in Leubus, widmete sich seit 1846 in Breslau, Halle und Berlin theologischen, philosophischen und geschichtlichen Studien, sah sich aber 1849 infolge seiner Teilnahme an einer Adresse, die gegen die Auflösung der preußischen Konstituierenden Versammlung protestierte, gezwungen, auf eine Anstellung im Staate zu verzichten und wählte nun die schriftstellerische Laufbahn. Als Journalist tätig, lebte er seit 1852 in Leipzig, wo er die »Novellenzeitung« redigierte, seit 1859 in Dresden als Feuilletonist der »Konstitutionellen Zeitung«, seit 1861 in Koburg und ließ sich 1863 in Berlin nieder. 1866 von einer Gemütskrankheit befallen, wurde er in die Heilanstalt zu Kloster Leubus in Schlesien gebracht; später lebte er teils in Breslau, teils in Görlitz, mußte aber schließlich in jene Heilanstalt zurückkehren. G. machte sich zuerst als Romanschriftsteller bekannt mit den »Modernen Titanen« (Leipz. 1850, 3 Bde.), einer großzügigen Auseinandersetzung mit dem an die Hegelsche Philosophie sich anlehnenden Radikalismus (der Hauptheld Horn ist ein Abbild Max Stirners); es folgten das idyllische »Pfarr-Röschen« (das. 1851) und die Romane: »Kleine Welt und große Welt« (das. 1853, 3 Bde.), »Otto Ludwig Brook« (das. 1862, 2 Bde.), worin er das industrielle Leben schildert, und »Käthchen« (Bresl. 1864, 4 Bde.), ein etwas leichtfertiges Sittengemälde im Stil Paul de Kocks. Daneben versuchte er sich als ein Vorgänger Wildenbruchs in patriotischen, teils preußischen, teils allgemein deutschen Dramen. Hierher gehören die Schauspiele: »Va banque« (1855), »Die beiden Cagliostro« (Leipz. 1858,2. Ausg. 1872), »Kurfürst Moritz von Sachsen« (das. 1860; 2. Ausg., Bresl. 1872), »Luzifer oder die Demagogen« (Leipz. 1861) sowie die »Dramatischen Bilder aus deutscher Geschichte« (das. 1865, 2. Aufl. 1878), die eine Neubearbeitung des früher geschriebenen Trauerspiels »Johannes Rathenow, ein Bürgermeister von Berlin« (1855) und die Dramen: »Der Hochmeister von Marienburg« und »Der Burggraf von Nürnberg« enthalten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 869.
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