Gotter

[173] Gotter, 1) Gustav Adolf, Graf von, preuß. Diplomat, geb. 26. März 1692 in Altenburg, gest. 28. Mai 1762 in Berlin, studierte die Rechte, unterstützte seit 1715 seinen Vater, gothaischen Kammerdirektor, in Wien bei Abwickelung finanzieller Geschäfte, gewann das Vertrauen des Prinzen Eugen, ward der Günstling vornehmer Damen und erlangte am kaiserlichen Hofe großen Einfluß. Seit 1717 als Legationssekretär Vertreter des Herzogs von Gotha am kaiserlichen Hof, ward er 1720 dessen außerordentlicher Gesandter, 1724 Reichsfreiherr, 1729 zugleich Komitialgesandter in Regensburg und 1732 preußischer Gesandter am Wiener Hof, zog sich aber 1736 auf das von ihm im Rokokostil erbaute und mit zahlreichen Kunstwerken ausgeschmückte Schloß Molsdorf bei Erfurt zurück, von wo er gleichzeitig das Amt eines preußischen Gesandten im obersächsischen Kreis versah. 1740, nach der Thronbesteigung Friedrichs II., der an seiner geistreichen, liebenswürdigen Unterhaltung besondern Gefallen fand, als Oberhofmarschall an den Hof gerufen, wurde er zum Reichsgrafen ernannt, Ende 1740 mit einer wichtigen Mission an Maria Theresia betraut, deren Scheitern den ersten Schlesischen Krieg zur Folge hatte, ward 1743 Generaldirektor der Oper, 1744 einer der Kuratoren der Akademie der Wissenschaften und, nachdem er seiner Kränklichkeit wegen wieder fünf Jahre zu Molsdorf in Ruhe hatte leben müssen, 1752 Generalpostmeister und 1753 dirigierender Minister im Generaldirektorium. Vgl. Beck, Graf Gustav Adolf v. G. (Gotha 1867).

2) Friedrich Wilhelm, Dichter, geb. 3. Sept. 1746 in Gotha, gest. daselbst 18. März 1797, studierte in Göttingen die Rechte, daneben englische, italienische und namentlich französische Literatur, insbes. die Dramatiker, und wagte, angeregt durch den Schauspieler Ekhof, selbst einige nicht unglückliche dramatische Versuche. Nach der Rückkehr in seine Vaterstadt (1766) ward er als zweiter Archivar daselbst angestellt und begleitete im folgenden Jahr den Freiherrn v. Gemmingen als Legationssekretär nach Wetzlar. Doch verließ er die diplomatische Laufbahn, um 1768 als Erzieher zweier junger Edelleute nach Göttingen zurückzukehren, wo er mit Boie die Herausgabe des ersten deutschen »Musenalmanachs« besorgte uno durch seine dazu gelieferten Beiträge seinen Dichterruf begründete. 1770 ging er als Legationssekretär wieder nach Wetzlar, wo er mit Goethe, Jerusalem u.a. verkehrte, und ward nach seiner Rückkehr nach Gotha Geheimer Sekretär daselbst. Aus Gesundheitsrücksichten unternahm er 1774 eine Reise nach Lyon und lebte dann in seiner Vaterstadt den Musen. G. war der letzte namhafte Vertreter des spezifisch französischen Geschmacks in der deutschen Poesie, der in korrekter Nüchternheit und eleganter Versifikation seine Triumphe suchte. Seine Opern, Lustspiele und Schauspiele waren größtenteils nur Bearbeitungen französischer Originale; am bekanntesten wurden davon das Melodrama »Medea« (1775), mit Musik von Benda (1778). Seine Episteln, Lieder, Elegien, Erzählungen etc. zeichnen sich durch schalkhafte Laune und weltmännischen Ton aus, sind aber ohne tiefern poetischen Wert. Seine »Gedichte« erschienen gesammelt Gotha 1787–88, 2 Bde.; Bd. 3, als »Literarischer Nachlaß«, das. 1802. Vgl. Schlösser, Friedr. Wilh. G. Sein Leben und seine Werke (Hamb. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 173.
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