Heim [1]

[81] Heim, 1) Ernst Ludwig, Mediziner, geb. 22. Juli 1747 zu Solz im Meiningischen, gest. 15. Sept. 1834, studierte seit 1766 in Halle, besuchte seit 1772 die berühmten Heilquellen Deutschlands, lebte längere Zeit in Leiden, bereiste England und Frankreich und ließ sich 1775 als Arzt in Spandau nieder, wo er 1776 zum Physikus und einige Jahre später zum Kreisphysikus des Havellandes ernannt ward. 1783 siedelte er nach Berlin über und erwarb sich hier in kurzer Zeit eine ungemein ausgebreitete ärztliche Praxis, in der er auch als der erste Arzt in Berlin die Schutzpockenimpfung ausführte. H. war einer der edelsten Charaktere, liebenswürdig und heiter, mit vortrefflichen Anlagen des Geistes und Herzens. Der Eindruck seiner Persönlichkeit war am Krankenbett von unbeschreiblicher Wirkung. Tausende von Armen behandelte er jährlich unentgeltlich und unterstützte sie in der Not. Heims »Vermischte medizinische Schriften« wurden von Pätsch (Leipz. 1836) herausgegeben und betreffen die Diagnose der hitzigen Hautkrankheiten,[81] die Erkennung und Behandlung der Herzentzündung, desgleichen der Hirnentzündung der Kinder, die Anwendung des Arseniks zum innern Gebrauch. Vgl. Keßler, Der alte H. Leben und Wirken Ernst Ludw. Heims (3. Aufl., Leipz. 1879).

2) Johannes Wilhelm Friedrich, Freiherr von, sachsen-meiningischer Minister, geb. 11. Nov 1835 in Hildburghausen, studierte 1853–57 in Göttingen, Heidelberg und Jena die Rechte, trat in den Justizdienst, wurde 1865 Regierungsassessor in Mei ningen und 1866 Regierungsrat. 1873 unter Ernennung zum Staatsrat und Vorstand der Abteilung des Innern verantwortliches Mitglied des Ministeriums geworden, erhielt H. 1882 das Prädikat »Geheimer Staatsrat« und wurde 1890 Wirklicher Geheimer Rat und Staatsminister. Nachdem er 1894 das Großkreuz des herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens, womit der erbliche Adel verbunden ist, erhalten hatte, ward er 1898 gelegentlich seines 25jährigen Amtsjubiläums in den erblichen Freiherrenstand erhoben und trat im September 1902 in den Ruhestand.

3) Ludwig, Architekt, geb. 8. Jan. 1844 in Salzungen, widmete sich erst unter Lucaes, dann unter Hitzigs Leitung der Baukunst und war 1870–77 im Dienste der Potsdamer Eisenbahndirektion tätig, für die er unter anderm den Zentralbahnhof in Magdeburg entwarf. Von seinen Privatbauten aus dieser Zeit ist besonders das Aktienhotel in Harzburg (1871) zu erwähnen. Seit 1877 widmete er sich ganz dem Privatbau. Nachdem er sich zuerst durch das Haus des Unionklubs in Berlin (1880) bekannt gemacht, entfaltete er eine rege Tätigkeit in palastartigen Geschäftshäusern und in Prachthotels, die seine Spezialität wurden. Seine Hauptwerke sind: das Hôtel Continental, das Bellevue-Hotel (s. Tafel »Berliner Bauten II«, Fig. 4), das Monopol-Hotel, die Dresdener Bank, das Palast-Hotel, der Erweiterungsbau der Philharmonie, das Gebäude der Diskontogesellschaft (sämtlich in Berlin) und der Umbau des Hôtel de Pologne in Leipzig. In allen diesen Bauten schließt sich H. an den Stil der italienischen Hochrenaissance an. Er ist königlicher Baurat.

4) Albert, Geolog, geb. 12. April 1849 in Zürich, studierte dort und in Berlin, habilitierte sich 1871 als Privatdozent am Züricher Polytechnikum und an der Universität, wurde 1873 Professor am Polytechnikum, 1875 zugleich außerordentlicher und 1887 ordentlicher Professor an der Universität. Seit 1878 an der geologischen Landesuntersuchung beteiligt, ist er namentlich mit den Aufnahmen im Hochgebirge betraut. Seit 1881 ist er Vorstand der naturwissenschaftlichen Abteilung am Polytechnikum und Direktor der geologischen Sammlungen. 1901–02 machte er eine Forschungsreise nach Neuseeland. Er schrieb: »Der Ausbruch des Vesuvs im April 1872« (Basel 1873); »Über einen Fund aus der Renntierzeit« (Zürich 1874); »Über die Verwitterung im Gebirge« (Basel 1879); »Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung« (das. 1878, 2 Bde., mit Atlas); »Die Erdbeben und deren Beobachtung« (das. 1880, ins Französische übersetzt von Forel); »Der Bergsturz von Elm« (mit Buß, Zürich 1881); »Die Gebirge«, Vortrag (Basel 1881); »Über Bergstürze« (Zürich 1882); »Handbuch der Gletscherkunde« (Stuttg. 1885); »Die Quellen« (Basel 1885); »Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz«, Blatt XIV (Lief. 25, Bern 1890); »Geologische Exkursion quer durch die östlichen Schweizer Alpen« (Lausanne 1894); mit Maurer und dem Luftschiffer Spelterini: »Die Fahrt der Wega über Alpen und Jura« (Basel 1899). Mit Schmidt bearbeitete er auf Grund der genannten »Beiträge« eine »Geologische Karte der Schweiz«, 1: 500,000 (Bern 1894). Zu Lehrzwecken gab er geologische Reliefs heraus, deren charakteristische Ausführung in großem Maßstabe beim Unterricht sehr gute Dienste leistet; außerdem eine Reihe von ihm selbst gezeichneter und lithographierter Panoramen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 81-82.
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