Zittel

[964] Zittel, 1) Karl, Führer des kirchlichen Liberalismus in Baden, geb. 21. Juni 1802 in Schmieheim, gest. 28. Aug. 1871 in Karlsruhe, war seit 1834 Pfarrer in Bahlingen, seit 1849 in Heidelberg. Als Mitglied der badischen Ständekammer ist er besonders 1845 durch seinen Antrag zugunsten der Religionsfreiheit bekannt geworden. Später gehörte er zu den Gründern des Protestantenvereins und gab 1857–1864 die erbauliche Zeitschrift »Der Sonntagabend« heraus, aus der Zittels eigne Arbeiten von seinem Sohn unter gleichem Titel gesammelt erschienen (Berl. 1893, 2 Bde.). – Sein Sohn Emil, geb. 14. Aug. 1831 in Lörrach, gest. 23. Jan. 1899 in Karlsruhe, seit 1874 Dekan, später Kirchenrat in Karlsruhe und Mitglied der badischen Generalsynode, machte sich ebenfalls um die Entwickelung der evangelischen Kirche in Baden verdient und schrieb: »Die Entstehung der Bibel« (Karlsr. 1872; 5. Aufl. in Reclams Universal-Bibliothek, Leipz. 1891); »Bibelkunde« (11. Aufl., Karlsr. 1893); »Dr. M. Luther von 1483–1517« (das. 1883); »Wie Jesus von Nazareth der Messias oder Christus wurde« (Berl. 1893); »Die Schriften des Neuen Testaments dem deutschen Volke übersetzt und erklärt« (Karlsr. 1894); außerdem »Rings um die Jungfrau, Touristenblätter« (das. 1874).

2) Karl Alfred von, Geolog und Paläontolog, Sohn des vorigen, geb. 25. Sept. 1839 in Bahlingen, gest. 5. Jan. 1904 in München, studierte in Heidelberg und Paris, arbeitete seit 1861 an der Geologischen Reichsanstalt in Wien und wurde Assistent beim Hofmineralienkabinett. 1863 habilitierte er sich an der dortigen Universität, ging aber noch in demselben Jahr als Professor der Mineralogie nach Karlsruhe und 1866 als ordentlicher Professor der Paläontologie und Direktor des Paläontologischen Staatsmuseums nach München. Z. begleitete im Winter 1873/74 die Rohlfssche Expedition nach der Libyschen Wüste, und wesentlich durch seine Arbeiten (s. unten) erhielt dieselbe ihren großen Wert. 1899 wurde er Präsident der Münchener Akademie der Wissenschaften und Generalkonservator der wissenschaftlichen Sammlungen Bayerns. Er schrieb: »Paläontologische Studien über die Grenzschichten der Jura- und der Kreideformation« (in den »Paläontologischen Mitteilungen aus dem Museum des königlich bayrischen Staats«, Bd. 2, Kassel 1868–83, mit Atlas); »Geologische Beobachtungen aus den Zentralapenninen« (in Beneckes »Geognostisch-paläontologischen Beiträgen«, Münch. 1869); »Aus der Urzeit« (2. Aufl., das. 1875); »Briefe aus der Libyschen Wüste« (das. 1875); »Handbuch der Paläontologie« (Bd. 1 bis 3: Paläozoologie, das. 1876–93; Bd. 4: Paläophytologie, von Schimper und Schenk, 1890; auch ins Französische übersetzt); mehrere Arbeiten über den Bau und die Klassifikation der fossilen Schwämme (in den »Abhandlungen der bayrischen Akademie der [964] Wissenschaften«, 1877 u. 1878); Berichte über seine Reise nach Schweden und Norwegen (Stuttg. 1860); »Beiträge zur Geologie und Paläontologie der Libyschen Wüste« (im Rohlfsschen Reisewerk, das. 1883; 2. Teil von Loriol); »Die Sahara« (das. 1883); »Grundzüge der Paläontologie. Paläozoologie« (Münch. 1895, 2. Aufl. 1903); »Geschichte der Geologie und Paläontologie bis Ende des 19. Jahrhunderts« (das. 1899). Für das Novara-Reisewerk bearbeitete er die fossilen Mollusken und Echinodermen von Neuseeland (Wien 1863); auch beteiligte er sich an der geologischen Aufnahme Badens durch Publikation der Sektionen Möhringen und Mößkirch (Karlsr. 1867), gab die Zeitschrift »Paläographica« (bis 1885 mit Dunker, seitdem allein) und seit 1879 mit Haushofer »Paläontologische Wandtafeln und geologische Landschaften« (Kassel, dann Stuttg. 1879–1901, 73 Tafeln; Tafel 74–83, hrsg. von Pompeckj, Stuttg. 1908) heraus. Vgl. Pompeckj, Karl Alfred v. Z. (Stuttg. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 964-965.
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