Ruffo

[437] Ruffo, eins der ältesten u. berühmtesten fürstlichen Häuser in Italien, begütert in Neapel (Fürstenthum Scilla, Herzogthum Guardia Lombarda, die Grafschaft Sinopoli etc.), Sicilien (Fürstenthum Palazzo u. Marquisat Licodia) u. Spanien (Herzogthum Sa. Cristina, weshalb die regierenden Fürsten Granden von Spanien erster Klasse sind). Bes. berühmt sind: 1) Graf R. von Cantancaro, in der Mitte des 13. Jahrh. Statthalter von Messina, versagte der Vormundschaft Manfreds unter Konradin seine Anerkennung u. mußte deshalb Messina verlassen. 2) Fabricio, jüngster Sohn des Herzogs von Baranello, geb. 1744; zum geistlichen Stande bestimmt, ging er nach Rom, gewann das Vertrauen des Papstes Pius VI. u. wurde Oberschatzmeister, in welcher Stellung er sich aber durch seinen heftigen Charakter u. seine fiscalische Strenge viele Feinde machte. Zum Cardinal 1791 ernannt, ging R. in neapolitanische Dienste u. wurde Intendant des Schlosses Caserta, widerrieth 1796 gegen Acton den Krieg mit Frankreich u. folgte, als seine Stimme nicht gehört wurde, dem Hofe nach Sicilien. Um ihn zu entfernen, wußte es Acton dahin zu bringen, daß man ihn 1799 mit Vollmachten, Geld u. fünf Begleitern nach Calabrien sandte, um das Volk zum Aufstande zu bringen. Er pflanzte im März bei Bagnara das Panier des Kreuzes auf u. führte die von allen Seiten zuströmenden Calabresen nach Neapel, wo er den Republikanern, gegen welche er dem Hofe Mäßigung u. Milde empfohlen hatte, den freien Abzug zusicherte, welchen jedoch nachher Nelson nicht bewilligte. Er kam deshalb, von Acton der Begünstigung der Jakobiner beschuldigt, selbst in Gefahr verhaftet zu werden, doch ward er zum Conclave nach Venedig berufen, wo er Pius VII. wählen half, welchem er dann nach Rom folgte u. daselbst 1801 eine Verwaltungsstelle[437] erhielt. Bald kehrte er nach Neapel zurück u. trat wieder in den Staatsrath, vermochte aber 1605 ebenfalls nicht den Krieg gegen Frankreich zu verhindern u. lebte bis 1809 zurückgezogen in Rom. Nach der Zerstreuung des Cardinalcollegiums ging er nach Paris u. näherte sich Napoleon, weshalb er, als er nach der Rückkehr des Papstes in seine Staaten auch wieder nach Rom ging, bei den andern Cardinälen als Bonapartist mit Mißtrauen betrachtet wurde. Später kam er nach Neapel zurück, wo er 1821 von Ferdinand I. in den Staatsrath berufen wurde u. immerfort zu gemäßigten Maßregeln rieth. 1823 reiste er zur Wahl Leos XII. nach Rom u. st. 13. December 1827 in Neapel. 3) Lodovico R. Scilla, geb. 1750 zu S. Onofrio in Calabrien, aus dem Geschlecht der Fürsten u. Grafen von Scilla u. Sinopoli; wurde 1801 Cardinal u. später Erzbischof von Neapel. Als Joseph Bonaparte den Thron von Neapel bestieg, verlangte R. als Bedingung seiner Eidesleistung von dem neuen König die Erneuerung des an den Römischen Stuhl gegebenen Tributs (einen Zelter dahin zu schicken), mußte aber deshalb das Land verlassen u. begab sich nach Rom, wo er bis 1815 alle Wechselfälle des römischen Hofes mit ertrug. Er trat nach der Rückkehr Ferdinands wieder in seine Würden, zog sich aber durch seine hierarchischen Bestrebungen die Mißbilligung des Königs selbst u. durch Unduldsamkeit den Haß des Volkes zu. 1820 erklärte er sich für die Constitution, sprach sich aber gleichwohl gegen die den Nichtkatholiken ertheilte Erlaubniß des Privatgottesdienstes als verfassungswidrig aus. Nach der Rückkehr des Königs stand er kurze Zeit an der Spitze der Universität u. des öffentlichen Unterrichts u. st. 17. Nov. 1932. 4) Fürst Fulco, geb. 11. Juli 1773, war bis 1848 neapolitanischer Staatsminister der auswärtigen Angelegenheiten u. st. 23. April 1862; er war vermählt seit 1798 mit Felicitas geb. Prinzessin von Villafranca. 5) Fulco R., Prinz von Palazzolo, Sohn des Vor., geb. 11. Juni 1801, war neapolitanischer Gesandter in Turin u. bei der Schweizer Tagessatzung u. st. 17. April 1848; vermählt seit 1835 mit Eleonore, geb. Prinzessin von S. Cataldo; jetziger Chef ist: 6) Fürst Fulco R. di Calabria-Cantapau, ältester Sohn des Vor., geb. am 6. Februar 1837 u. folgte seinem Großvater (s. R. 4) 1852; er ist seit 1859 vermählt mit Marie geb. Gräfin von Merval (geb. 1939).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 437-438.
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