Sidney [1]

[22] Sidney (Sydney, spr. Sidni), 1) Henry, geb. um 1495 in Surrey, vertrauter Freund des jungen Königs Eduard VI., nach dessen Tode er sich vom Hofe zurückzog. Die Königin Maria rief ihn aber wieder dahin u. übertrug ihm wichtige Staatsämter. Elisabeth ernannte ihn erst zum Gouverneur von Wales u. nachher zum Statthalter von Irland; als letzter entwarf er Statuten für Irland u. verwaltete sein Amt mit Weisheit u. Mäßigung; er st. 1586. 2) Philip, Sohn des Vorigen, geb. 1554 in Penshurst in der Grafschaft Kent; er bereiste bis 1575 nach absolvirten Studien den Continent worauf er an dem Hofe der Königin Elisabeth lebte; 1576 sendete ihn Elisabeth nach Deutschland, um dem Kaiser Rudolf II. zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen, eigentlich aber, um insgeheim die protestantischen Fürsten Deutschlands zu einem Bunde gegen Spanien u. den Papst zu bewegen, was er auch bewerkstelligte. Nach seiner Rückkehr wurde er Obermundschenk, fiel aber 1578 in Folge eines Streites mit dem Grafen von Oxford in Ungnade, lebte zu Wilton u. schrieb während der Verbannung vom Hofe den Roman: Arkadien (welcher aber erst nach seinem Tode gedruckt wurde). 1582 ernannte ihn Elisabeth zum Ritter u. rief ihn zu sich zurück, u. zugleich trat er als Abgeordneter der Grafschaft Kent ins Parlament ein; kurz darauf wollte er eine Entdeckungsreise mit Franz Drake unternehmen, aber die Königin hielt ihn zurück u. machte ihn zum Gouverneur von Vliessingen. Er wohnte dem Krieg in Flandern bei, eroberte 1586 Axel u. zeichnete sich bei Gravelingen aus, starb aber kurze Zeit darauf am 16. Oct. 1586 in Folge der bei Zütphen erhaltenen Wunde in Arnheim, ohne Kinder zu hinterlassen. Er schrieb außer dem Roman Arkadien noch mancherlei, z.B. Astrophel u. Stella; Defense of poesie; Werke, Lond. 1725, 3 Bde.; Miscellaneous works, herausgegeben von Grey, Oxf. 1824; vgl. Zouch, Memoirs of the life and writings of Sir Phil. S., Lond. 1808; Lebensbeschreibung S-s von Fox Bourne, Lond. 1862. 3) Algernon, geb. um 1617 in London, der zweite Sohn des Grafen Robert von Leicester; begleitete 1632 seinen Vater nach Dänemark u. 1636 nach Irland, wo Leicester Vicekönig wurde u. S. eine Compagnie in dessen Regimente erhielt. Karl I. berief ihn u. seinen Bruder, den Viscount de l'Isle, nach dem Waffenstillstand von 1643 zu sich, aber bei ihrer Landung in England wurden sie auf Befehl des Parlaments sogleich verhaftet. Dieser Umstand führte den öffentlichen Abfall Leicesters u. seiner Söhne von der Partei des Königs herbei. S. erhielt ein Regiment in der Armee des Parlaments, mit welchem er nach Irland ging; kurz darauf wurde er General u. Gouverneur von Dublin, später aber kehrte er als Gouverneur von Dover nach England zurück. Dem Proceß des Königs wohnte er als Mitglied des[22] hohen Raths bei, fand sich aber an dem Tage der Abstimmung nicht ein u. unterzeichnete auch den Befehl zur Hinrichtung nicht mit. Unter Cromwells Protectorat zog er sich nach Penshurst zurück u. schrieb hier die Discourses concerning government, welche der Lieblingscodex der exaltirten Republikaner aller Zeiten u. Länder geworden sind. Als nach Richard Cromwells Abdankung das Parlament wieder hergestellt wurde, schickte es 1659 S. nach Dänemark, um den Frieden zwischen diesem Lande u. Schweden zu vermitteln. Inzwischen bestieg Karl II. 1660 den Thron wieder, u. S. weigerte sich die Bedingungen, unter welchen Karl die Amnestieacte erließ, zu unterschreiben u. lebte 17 Jahre abwechselnd in Italien, der Schweiz u. in Frankreich. 1677 erhielt er Erlaubniß zur Rückkehr nach England unter der Bedingung, daß er dem König Gehorsam u. Treue verspreche. Zurückgekehrt widerrieth er den Krieg mit Frankreich u. setzte so die Erhaltung des Friedens wirklich durch. 1678 wurde er in das Parlament gewählt, in welchem er als eine Hauptgeisel der Minister auftrat u. Alles aufbot, um die Bill durchzusetzen, welche den Herzog von York vom Throne ausschließen sollte. 1683 wurde er nach der Entdeckung u. Bestrafung des Complots von Rye House, in welche das Volk verflochten war u. welche die Ermordung Karls II. u. seines Bruders zum Zwecke hatte, mit Lord Russel u. dem Herzog von Monmouth der Verschwörung gegen den Herzog von York angeklagt, verhaftet u. vor Gericht gestellt; obgleich nun statt der zur Verurtheilung eines Angeklagten nöthigen zwei Zeugen nur einer vorhanden war, so nahm doch der Oberrichter als den zweiten Zeugen eine, in S-s Papieren gefundene Schrift an, worin dieser die Göttlichkeit des Königthums widerlegt hatte, u. er wurde als Hochverräther verurtheilt. Nach dem Processe überreichte er durch seinen Neffen, den Marquis von Halifax, dem König Karl ein Memoire zu seiner Vertheidigung, welches ihm aber nichts half. Er wurde 7. Decbr. 1683 hingerichtet, das Urtheil aber 1689 von Wilhelm von Oranien als unrechtmäßig cassirt. Die Discourses concerning government erschienen 1698 u.ö. (deutsch Lpz. 1794), auch herausgegeben mit S-s Vertheidigung u. Briefe von Hollis, Lond. 1772; Sidney-papers, herausgegeben von Blen-cowe, ebd. 1825; vgl. Grey, Secret history of the Rye-house-plot and of Monmouth's rebellion, Lond. 1754. 4) S. Smith, s. Smith. 5) S. Herbert, so v.w. Pembroke 26). Er wurde im Juni 1859 wieder Kriegssecretär im Ministerium Palmerston, bald darauf zum Lord Herbert of Lea ernannt, trat als solcher ins Oberhaus, gab Anfang 1861 seiner wankenden Gesundheit wegen sein Portefeuille ab, unternahm eine Badereise nach Spaa u. st. 2. Aug. 1861 auf seinem Schlosse Wilton.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 22-23.
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