Stade [1]

[656] Stade, 1) Landdrosteibezirk im Königreich Hannover, zwischen dem Hamburger Amt Ritzebüttel, der Nordsee, den Landdrosteien Lüneburg u. Hannover, dem Gebiet der Freien Stadt Bremen u. Oldenburg, begreift die Herzogthümer Verden u. Bremen u. das Land Hadeln, hat viel Haiden, Moor u. Geestland, aber auch sehr viel fruchtbaren Marschboden; 123 QM. mit 296,700 Ew. in fünf selbständigen Städten u. 18 Ämtern. Das durchaus flache Land, zwischen der unteren Elbe u. der Weser liegend, ist von der Geeste, Lune, Hamme, Oste, Wümme u.a. durchflossen; 2) Hauptstadt der Landdrostei u. des Herzogthums Bremen, an der Schwinge, 1/2 Meile von der Elbe u. mit dieser durch einen Kanal verbunden; Festung, seit 1816 sehr verstärkt, aber die Befestigungen noch nicht ganz ausgeführt, mit detachirtem Fort an der Mündung der Schwinge (Schwinger Schanze), welches den Stader Elbzoll (s.d.) deckte. S. ist der Sitz des Landdrosten, eines Obergerichts u. der übrigen Provinzialbehörden, eines Consistoriums, Generalsuperintendenten, hat 3 Kirchen, Gymnasium, Schullehrerseminar, Gewerbeschule, Taubstummenanstalt, Strafanstalt, Creditinstitut, Bremen-Verdensche Brandversicherungsgesellschaft, Stückgießerei, Bierbrauerei, Schiffbau, Fabriken in Wollen- u. Baumwollenwaaren, Watte, Pianoforten, Tabak, Fischerei, Schifffahrt, Handel; Freimaurerlogen: Großer Christoph u. Friedrich zur Unsterblichkeit; 8270 Ew. – S. ist eine alte Stadt, welche früher unter eigenen Grafen stand. Der erste erwiesene Graf war Luithar, welcher 930 in der Schlacht bei Lenzen gegen die Slawen fiel; sein Sohn Graf Heinrich der Kahle, Vetter des Kaisers Otto des Großen, stiftete das Kloster Hersefeld u. st. 973; dessen Sohn Graf Heinrich II. wurde 994 von Seeräubern gefangen u. gab denselben seinen Sohn Sigfried als Geißel, welcher von den Seeräubern verstümmelt ward u. sein Leben verlor. Heinrich st. 1016, worauf sein Bruder Sigfrid 1017 vom Kaiser die Grafschaft erhielt u. 1037 starb. Mit seinem Sohne Udo erhielten die Grafen von S. durch Gelangung zur Grafenwürde in der Nordmark noch größere Wichtigkeit, sie nannten sich deshalb auch Markgrafen von Nordsachsen u. der Nordmark, s.u. Brandenburg (Gesch.) II. Graf Hartwig, Bruder u. Erbe des Grafen Rudolf II. von der Nordmark, damals Propst, nachmals Erzbischof von Bremen, schenkte die Grafschaft dem Bremer Erzbisthum u. nahm sie von ihm zu Lehn, doch Heinrich der Löwe entriß sie ihm 1144 u. erst nach dessen Ächtung 1180 gab sie Kaiser Friedrich I. dem Erzstifte Bremen zurück. Mit Hartwig erlosch 1168 das Grafengeschlecht von S. S. trat zur Hansa, wurde aber wegen des drückenden Stader Elbzolles (s.d.) 1267 von der Hanse zerstört. 1648 kam es durch den Westfälischen Frieden an Schweden u. wurde zur Hauptstadt des Fürstenthums Bremen gemacht. Als Schweden 1676 mit Frankreich alliirt wurde, wurde S., damals eine ansehnliche Festung, von den Reichstruppen unter dem Herzog von Lüneburg belagert, bis sie durch den Nimwegner Frieden wieder an Schweden kam. 1712 wurde S. von den Dänen belagert u. durch Capitulation genommen (s.u. Nordischer Krieg S. 90), 1790 aber mit dem Bisthum Bremen an Hannover abgetreten. 1757 wurde S. neu befestigt, 1786 aber geschleift; 1807 kam es erst an das Königreich Westfalen, wurde 1810 von Napoleon in Besitz genommen, kam 1813, nachdem es von den Alliirten genommen worden war (s.u. Russisch-Deutscher Krieg[656] S. 589), wieder an Hannover u. wurde 1813 wieder Festung u. 1816 neu befestigt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 656-657.
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