Schmidt, Familie (Döbeln)

[847] Schmidt (Döbeln). Carl Schmidt wurde am 14. 8. 1829 zu Waldheim als Sohn eines Bäckers während eines Gewitters und einer Feuersbrunst geboren, so daß das Kind aus dem brennenden Hause gerettet werden mußte. Der Knabe war von früh an körperlich schwächlich, lernte jedoch sehr leicht, so daß sich der Vater entschloß, ihn mit 9 Jahren zum Besuch der Selekta nach Leipzig zu schicken, wo er zugleich Aufnahme bei einem Onkel fand. Seinem Lieblingswunsch, Bäcker und Diakonus zu werden, mußte er hier allerdings entsagen; er kam im Jahre 1843 zu der angesehenen Buchhandlungsfirma E. F. Steinacker in die Lehre. Hier widmete er sich mit Liebe und Begeisterung dem Beruf; der Inhaber des Hauses, Konsul Einhorn, ist ihm von Beginn seiner Laufbahn ein Gönner und späterhin ein treu beratender und helfender Freund gewesen. Bei Beendigung seiner Lehrzeit empfing er von seinem Chef als besondere Auszeichnung eine Taschenuhr. Kurze Zeit war er bei Steinacker noch als Gehilfe tätig und nahm alsdann Stellung bei Craz & Gerlach in Freiberg an, bei denen er bis 1849 verblieb. Da regte sich in ihm der Wunsch nach Amerika zu gehen, nach dem Lande der goldenen Freiheit – wohl eine Nachwirkung der Freiheitsideen, für die er im Jahre 1848 mit auf den Barrikaden in Dresden gestanden hatte. Sein Chef Stettner stattete ihn mit Empfehlungen an Fl. Schuster in St. Louis aus; aber der Plan zerschlug sich und Schmidt ging statt nach Amerika nach Altona zu A. Lehmkuhl, alsdann nach Nürnberg in die Zeh'sche Buchhandlung, wurde aber seines freiheitlichen Sinnes wegen, wie er ihn auf der Barrikade erwiesen hatte, aus Nürnberg ausgewiesen. 1851 nahm er abermals Stellung bei Craz & Gerlach in Freiberg als erster Gehilfe an und verblieb dort bis April 1857. Im Mai desselben Jahres gründete er in Döbeln sein Geschäft, dem er sich mit aller Hingebung, Fleiß und Schaffensfreudigkeit widmete. Ein goldener Buchhändlerbrief ist jenes Schreiben, das er wenige Wochen vor seinem Tode mit Bezug auf sein fünfzigjähriges Buchhändlerjubiläum an einen Freund richtete. Er schrieb darin u. a.:

»Wenn auch viele von den Idealen, die mir einst vorgeschwebt haben, verschwunden sind, so bin ich doch auch heute noch stolz darauf ein deutscher Buchhändler und zwar in dem Sinne zu sein, wie es mir damals vorgeschwebt, und ich freue mich, wenn ich auch kein großer Buchhändler geworden bin und heute noch im Schweiße meines Angesichts mein Brot und das für meine zahlreiche Familie, die mir ein lieber Gott geschenkt, verdienen muß, daß ich sagen kann, daß ich nicht die breite Bahn, die jetzt leider von so manchem Kollegen nicht zur Ehre unseres Berufs betreten wird, gewandelt, sondern auf dem schmalen, arbeitsreichen, aber befriedigenden Weg geblieben bin, der den Beruf nicht als melkende Kuh ansieht, sondern auch seine Arbeit[847] in den Dienst eines gesunden, alle Kreise befriedigenden Fortschritts stellt.« –

Mit seinem Sortiment vereinigte Schmidt eine Lehrmittelanstalt, der er gleichfalls große Sorgfalt zuwendete, und deren Bedarf, wie Rechenmaschinen, geometrische Körper, Hölzer- und Rindensammlungen usw. er selbst fabrizieren ließ. Beruflich war er eifrig für das Gemeinwohl tätig. Als Mitglied der zum Schutze des deutschen Sortiments berufenen Kommission, unter der Führung Adolf Enslins, als Vorstandsmitglied des später wieder aufgelösten Sortimentervereins und als Mitbegründer und Vorstand des sächsischen Buchhändler-Verbandes, dessen Schriftführer er lange Jahre war, ist Schmidts Persönlichkeit den weitesten Kreisen bekannt geworden. Schmidt starb am 28. 4. 1893. Die Buchhandlung ging 1895 an seine beiden Söhne Hermann und Arno Schmidt über. Letzterer zweigte die Verlagsabteilung, vorwiegend pädagogische Schriften, ab und führt dieselbe seitdem unter der Firma Carl Schmidts Verlag weiter, während Hermann Schmidt eine Sortiments-Buchhandlung unter der eigenen Firma betreibt. Er hatte dieselbe schon 1890 gegründet, während das alte Schmidtsche Sortimentsstammgeschäft sich seit 1902 im Besitze von Hermann Jache befindet.

Quellen: Börsenblatt f. d. deutsch. Buchhandel, 1893.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 847-848.
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847 | 848
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