Holland

1. Holland hat keine andern Grenzen, als welche Gott der Herr der Welt selbst gesetzt hat. Deutsche Romanzeitung, III, 47, 868; Hesekiel, 53.

Es ist damit die Ausbreitung des Welthandels gemeint.


2. Holland ist Europas Kornhaus.Deutsche Romanzeitung, III, 47, 868; Hesekiel, 53.


3. Holland – Volland.Franck, Weltbuch.

»Nach seim vberswal, allerley Visch, Thier, Wild, frucht, billig also genant.« (Franck, Weltbuch, LXb.)


4. Holland's Goldbergwerke liegen im Meere. (S. Heringsfang.)


*5. Das felt so weit biss in Hollant.Schade, I, 120, 29.


*6. Einem Holland und Brabant versprechen. Tendlau, 523.

Einem die grössten Versprechungen machen, um seine Lust zu erregen und seinen Willen zu bestimmen. Auch: Er verspricht sich Holland und Brabant, d.i. macht sich grosse Hoffnungen. »Daselbst (nämlich in [740] München) versprach man mir Holland und Brabant.« Aus dem Nachlass Varnhagen's von Ense, herausgegeben von Ludmilla Assing, Leipzig 1865.)


*7. Holland – hohl Land, Zeeland – kein Land; ich halt' es mit dem Heidekant.Reinsberg VI, 40.

So sagen besonders die Brabanter. Die Holländer selbst deuten damit auf die Entstehung ihres Landes hin.

Holl.: Holland – hol land; Zeeland – geen land; ik houd het met den heikant. (Harrebomée, I, 315.)


*8. Holland ist in Noth.Hauskalender, I; Bueren, 571; Simrock, 4882; Körte, 2925b; Braun, I, 1443; Lohrengel, II, 154.

Nun sieht's schlimm aus; es ist schwer aus eigener Macht zu helfen. Holland ist kein natürliches, sondern ein künstliches Land. Die Fischer und nach ihnen die Schiffer auf den dasselbe durchfliessenden Strömen haben das Erdreich dem Meer abgerungen und sich nach und nach Dämme erbaut, die einen schwachen Schutz gegen die Gewalt des Meeres geben. (S. Gott 579.) Diese Mauern kosten viel; aber noch erhielten sie nicht die Unbezwingbarkeit des chinesischen Walles, indem Fluss- und Meereswogen sie öfters niederrissen und grosse Gebietstheile unter Wasser setzten. Wenn dies geschah, so sagte man: Holland ist in Noth, welche Redensart in ein Sprichwort überging, um eine grosse Noth zu bezeichnen. (Vgl. Troxel, Briefe aus Frankreich, 1834, I, 86.) Die Redensart wird jetzt nicht blos in Deutschland, sondern in den ganzen Niederlanden, bald im Ernst, bald im Scherz gebraucht, und ist dort namentlich für diejenigen, welche von Flöhen gebissen werden, der herkömmlichste Ausdruck ihrer geheimen Plage. (Reinsberg VI, 41.)

Frz.: Il y a du danger, du peril; le mal est présent. (Starschedel, 409.)

Holl.: Als hem eene vloo bijt, is Holland in last. (Harrebomée, I, 314.)


*9. In Holland sein (oder: Nach Holland reisen).

Deutet in Stettin auf den Schuldarrest. In neuerer Zeit heisst es dafür meist Neuholland. Das ältere Schuldgefängniss war an einer, früher vor der Stadt belegenen, längst in die Stadt gezogenen Stelle erbaut, auf der vordem eine holländische Windmühle gestanden hatte. Der Name »holländische Windmühle« blieb an dem Fleck haften und ging auf das Schuldgefängniss über; dann wurde Holland daraus. Jetzt ist das alte Gebäude abgerissen, der Schuldarrest in das neue Kreisgerichtsgebäude verlegt; daher Neuholland. Doch hört man nach vielfach Holland, ja Holländische Windmühle, auch »auf den Holländer (Holländische Windmühle) kommen«. Ja, mit noch kühnerer Metapher und zarterer Anspielung heisst es von einem, der in Schuldhaft sitzt: »Er isst holländischen Käse.« Wer würde den Sinn davon errathen, wenn nicht der localgeschichtliche Ursprung feststände. – Den Franzosen erscheint gerade Holland, das »Land des Käses und der Leinwand«, als das europäische Californien, während ihm Belgien für das Asyl aller von Gläubigern verfolgten Geschäftsleute gilt. »Ich brauche nur nach Holland zu gehen, und mein Glück ist gemacht«, antwortet der Franzose denen, welche viel leere Versprechungen machen, während man von jemand, der wegen Zahlungsunfähigkeit geflüchtet ist, sagt: »Er hat eine Tour nach Belgien gemacht.« (Reinsberg V, 25.)


*10. No Holland kîken, wenn 't en Broband brannt (brennt). (Meurs.) – Firmenich, I, 402, 131.


[741]

11. Holland hat drei Unannehmlichkeiten: den Nordwind, den Regen und den Nebel.Beiche, 227a.


12. Holland ist ein Land, da das Erdreich besser ist als die Luft; da man mehr Profit sucht als Ehre; da man mehr Verstand als Esprit, mehr ein gut Naturell als guten Humor, mehr Ueberfluss als Vergnügen hat, da man lieber durchreisen als lange leben mag.Beiche, 227a.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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