Leder

1. Altes Leder will viel Schmiere.

Dän.: Gammel lædder vil have meget smøre. (Prov. dan., 371.)


2. Am leder lernt der Hund endlich das kalb gar essen.Henisch, 888, 56; Petri, II, 13.


3. Aus eines andern Leder ist gut Schu machen. Eyering, I, 148.


4. Aus eines andern Leder kann man breite Gürtel schneiden.Winckler, XII, 41.

Böhm.: Z cizí kůže dobře jest široký řemen krájeti. (Čelakovsky, 183.)

Lat.: De alieno ludis corio. (Philippi, I, 111; Tappius, 104a.)


5. Aus fremdem (gestohlenem) Leder ist gut Riemen schneiden.Pistor., VI, 75; Simrock, 6275; Kern, 3732; Lohrengel, I, 64; Braun, I, 2201.

Mit fremdem Gut freigebig sein. Die Litauer: Aus fremdem Fell ist wolfeil breite Sandalen schneiden. Die Esten: Wenn eine fremde Haut vor ihm liegt, so schneidet er wol zwei grosse Riemen; aus seiner eigenen schneidet er kein Riemchen. (Reinsberg IV, 98.)

Frz.: Faire du cuir d'autrui large courroie. (Bohn II, 18; Lendroy, 522; Cahier, 152; Kritzinger, 184a.)

Holl.: Het is goed snijden riemen uit eens andermans leêr. (Bohn II, 324.) – Van een anders leêr is goed riemen snijden. (Bohn II, 340.)

It.: Del corio d'altrui si fan larghe stringhe. (Bohn II, 91.)

Lat.: Alienum tergus in latas dissecare corrigias. (Philippi, I, 19.) – De alieno liberalis. (Seybold, 114.)

Lit.: Isz swetimós Skurós nc Iszkada rĕszt.

Schwed.: Got skära breda remnar af annars hud. (Grubb, 248.)

Span.: De cuero ageno correas largas. (Bohn II, 211.) – De piel agena larga la correa. (Bohn II, 212.)


6. Aus fremdem Leder schneiden ist keine Schande.


7. Aus kurzem Leder kann man keine langen Riemen schneiden.Altmann VI, 453.


8. Auss bösem Leder macht man kein gute Schuh.Lehmann, 509, 7.


9. Böss leder, böss schueh.Nas, 72b.


10. Böss Leder, böss Wahre zu Peltzen.Petri, II, 51.


11. Das Leder stelen vnd die Schueh vmb Gottes Willen geben ist ein schlechter Gottesdienst.Petri, II, 67.


12. Dat geit Lêr (Ledder) um Lêr (Ledder), brüdst (oder: sleist) du mi, ik brüde (sla) di wêr (wedder). (Ostfries.) – Bueren, 93; Eichwald, 1160; Frommann, II, 543, 199; Goldschmidt, 95; Richey, 149; Deecke, 10; Hauskalender, I; für Oldenburg: Firmenich, I, 232, 1; für Pommern: Dähnert, 270a; hochdeutsch bei Körte, 3737; Heinsberg III, 56.

Wie du mir, so ich dir. In Rendsburg: Leerer um Leerer.

Holl.: Leêr om leêr, sla je mij, ik sla je weêr. (Harrebomée, II, 12.)


13. Ein Leder gibt dem andern nach.

Böhm.: Kůže kůži povolí. (Čelakovsky, 38.)


14. Ein ungegerbt Leder wird nicht wohl verkauft.

Kinder ohne gute Erziehung finden nicht leicht ein Unterkommen.


15. Es ist ein Leder, sagte der Kerl, und küsste die Magd auf den Arsch statt auf den Mund.


16. Es wird nicht aus allem Leder Juchten gemacht.Altmann V, 117.


17. Et is kein Lear säu hart, et niemt Smear an. (Westf.)

Im Bezug auf Bestechlichkeit.


18. Fremdes Leder schneiden ist wohlfeil.


[1872] 19. Frisch vom Leder ist halb gewonnen (gefochten).Lehmann, II, 173, 33; Körte, 3733; Simrock, 6277; Braun, I, 2200.


20. Gut Leder dehnt sich.

Engl.: Raw leather will stretch. (Bohn II, 127.)


21. Gut Leder dehnt sich, sagte die Dirne, als sie morgens vom Tanz kam.


22. Je dicker das Leder, je leichter es bricht.


23. Leder fressen lernt Hündchen am Riemen. Lohrengel, I, 469.


24. Leder will gegerbt sein.


25. Man flicke ein altes leder wie man wil, so bleibt's doch alt leder.Petri, II, 446; Gaal, 1080.


26. Man soll nicht das Leder stehlen und die Schuhe um Gottes willen vergeben.Pistor., VI, 16; Graf, 286, 30.


27. Niemand kann auss bösem Leder gute Schuh machen.Petri, II, 495.


28. 'S Läder wird wolfel, d' Kälber strecket si. Sutermeister, 70.

Von denen, die sich auf unziemliche Art und Weise dehnen und strecken, sich's gar zu bequem machen und den Anstand in ihren Stellungen ganz vergessen.

Frz.: Le cuir sera à, bon marché, les veaux s'étendent. (Kritzinger, 290a.)

Holl.: Het leêr zal goedkoop worden, de kalveren rekken zich uit. (Harrebomée, II, 12.)


29. Schlechtes Leder, schlechte Schuhe.Körte, 3734; Gaal, 1079; Simrock, 6273; Braun, I, 2199; Reinsberg III, 62.

Dän.: Af ondt leder giøres slemme skoe. – Af grovt garn, grovt lærret. (Prov. dan., 378.)

It.: Di mal erba non si fa buon fieno. (Gaal, 1079.)


30. Ût Andermanns Lêer es gud Riemen schniën. (Meurs.) – Firmenich, I, 401, 57; für Ovelgönne: Firmenich, III, 25, 26; für Gladbach, III, 516, 42; ostfriesisch bei Bueren, 1188; Eichwald, 1161.

In Pommern: Ut andrer Lüde Ledder is gôd Reme sniden. (Dähnert, 270a.)


31. Ût fremmen Leder is gaud Reimen snîen. Schambach, II, 385.

Aus anderer Leute Kasten ist es leicht mildthätig und freigebig zu sein. (S. Beutel 6-9.)


32. Von eins andern leder ist gut schuch schneiden.Tappius, 104b.


33. Von geschmirtem leder scheidt der hundt nit gern.Franck, II, 70a; Gruter, I, 70; Petri, II, 580; Lehmann, II, 793, 138; Tappius, 84a; Sutor, 151; Eiselein, 329; Simrock, 6276.


34. Von hartem Leder kann man keine weichen Schuhe machen.Altmann VI, 479.


35. Vth (van) eins anderen leder is gut breide riemen snyden.Tappius, 104b.


36. Wäre das Leder breit genug, so dürft's der Schuster nicht zwicken.

»Wäre das Leder bereit genug, so dörffts der Schuster nicht in Zänen vmbziehen.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 64.)


37. Wéi dat Lêer hält, is säu schüllig äs de Déiw. (Sauerland.)


38. Wenn das Leder nicht zu Pantoffeln reicht, so schneide keine Stiefeln zu.


39. Wenn man vom Leder spricht, so erschrickt das Kalb.

Die Russen: Wenn man vom Leder spricht, läuft es dem Kalbe kalt über den Rücken. (Altmann, V, 92.)


40. Wer Leder gerbt, der soll nicht Schuhe machen.Graf, 503, 132.

Seitdem sich die einzelnen Innungen und Zünfte abgeschlossen, war die Vereinigung mehrerer Gewerbe in Einer Hand regelmässig untersagt. Wer braut, darf nicht backen, wer gerbt, nicht schustern, wer schustert, nicht gerben.

Mhd.: Wer ledder gerwert, der sal nicht schu machen unde der schumacher sal nicht gerwen. (Ortloff, V, 7, 1.)


41. Wer Leder schneiden sieht, möchte auch gern einen Riemen haben.

Holl.: Die leder ziet znijden, vraagt naar eenen riem. (Harrebomée, II, 11.)

42. Wer vom Leder einer Mönchsnase Winterstiefeln hätte; der möcht' getrost nach Austern fischen, denn sie würden kein Wasser fangen.Klosterspiegel, 44, 15.


[1873] 43. Willst du weich Leder, so gerbe die Häute brav.


44. Wo kein Leder ist, da gibt's keine Schuhe. Sutor, 416.

Lat.: Causa debet praecedere effectum. (Sutor, 416.)


45. Wo man Leder schneidet, da will jeder einen Riemen haben.

Frz.: Qui cuir voit tailler, courroye en demande. (Bohn II, 49; Leroux, II, 294.)


*46. Das Leder beim Schuster, das Tuch beim Schneider kaufen.

Der Morgenländer sagt: Vom Kamel Disteln fordern. Die Perser: Einen Witwer um einen Ehemann bitten. Eisen vom Nadler kaufen. Die Russen: Beim Hunde nach den Kolatschen fragen. Rosen von der Brennnessel verlangen. Die Kahlen um eine Locke bitten. Die Böhmen: Talg am Sauerampfer suchen. (Reinsberg IV, 70.)


*47. Das Leder stehlen und die Schuhe um Gottes willen vergeben.Simrock, 6274; Körte, 3735.

So wurde 1825 in Paris der grösste Theil der Pacht für die Spielbanken zur Unterstützung der Kirchen und Hospitäler verwandt. (Zeitung für die elegante Welt, Leipzig 1825, S. 1558.) Die Spanier: Das Schwein stehlen und die Füsse um Gottes willen geben. Sie stehlen das Schwein und geben die Füsse als Almosen. Die Basken: Unxo ist ein Almosengeber, er gibt den Armen die Füsse des gestohlenen Schweins. Die Czechen: Du bist freigebig wie der heilige Manota, welcher die Eier hart kochte und den Armen die Brühe (davon) gab. (Reinsberg IV, 100.)

Engl.: To steal the goose and give the giblets in alms.

Holl.: Ik stal het leêr, en geef de shoenen om Godswil (Harrebomée, II, 12.)

Span.: Hurtar el puerco y dar los piés por Dios. (Masson, 44.)


*48. Dat Ledder stelen un armen Lüden Schô davan maken.Dähnert, 270a.

Mit gestohlenem Gute mildthätig sein.


*49. Einem auf dem Leder sitzen.

Holl.: Hij zal hem wel op 't leêr zitten. (Harrebomée, II, 12.)


*50. Einem das Leder gerben (versohlen, über das Leder kommen).

Ihn derb durchprügeln.


*51. Einem das Leder über die Ohren ziehen. Frischbier2, 2382.


*52. Einem dat Leader wasken. (Westf.)

Ihn derb prügeln.


*53. En Stück Ledder vun Minsch, wie en leddern Herrgott.Schütze, III, 17.)

Ein elender Mensch.


*54. Er hat sehr ungeschmeidig Leder zu schaben.Waldis, IV, 67.


*55. Er ist nicht das Leder werth.Frischbier2, 2383.


*56. Er ist nicht vom Leder, sondern von der Feder.


*57. Er schneidet aus jedem Leder Riemen.


*58. Er würde gern das Leder fressen, weil er die Leplein so gierig verschlinget.Schottel, 1119b.

*59. Er zieht gleich (leicht) vom Leder.

Ist immer schlagfertig, kurz angebunden, geräth leicht in Zorn.

Frz.: La soutane de cet homme ne tient qu'à un bouton. – Son épée ne tient point dans son fourreau. (Kritzinger, 88 u. 281b.)


*60. Gut Leder zum Maule haben.

Frz.: Avoir bon bec. – Avoir le bec bien affilé. (Kritzinger, 13a u. 65b.)


*61. Ich werde dir 's Leder lüften. (Nordböhmen.)

Androhung von Prügeln. (S. Kopf 592 u. 762.)


*62. Ick war di dat Ledder garwen.Dähnert, 270a.

Ich werde dich durchprügeln.


*63. Ick war di up't Ledder kamen.Dähnert, 270a.


*64. Is he von gûdem Ledder, su kummet he wol wedder. (Holst.) – Richey, 149; Schütze, III, 17; Körte, 3736; für Pommern: Dähnert, 270a.

Ist der Schuldner ehrlich, so entläuft er mir nicht.


*65. Leder gerben.Agricola II, 136.


*66. Man muss ihm hinder's Leder wischen.

»Daher komts, dass man sagt: ...es juckt jhm die Haut, man muss sie jhm gerben, man muss jhm mit eim Eychenen Flederwisch die Läus absträlen, man muss jhm hinders Leder wischen.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 360.)

Lat.: Luditur de ipsius corio. (Fischart, Gesch.)


*67. Man muss ihm 's Leder gerben. (Rottenburg.)


*68. Na, ön dinem Ledder micht ök ok nig stöcke.Frischbier2, 2385.

Zu einem, der viel Sorge hat oder von Strafe bedroht ist.


[1874] *69. Sie sind beide eines Leders.

In dem Sinne: eines Schlages, über einen Leisten.

Frz.: Ils sont frappés à un même coin. (Kritzinger, 153b.)


*70. 'T is all so as dat Ledder is.Fr. Reuter, Ut mine Stromtid (Wismar 1863), II, 47.


*71. Vom Leder ziehen.Herberger, I, 810; Eiselein, 416; Braun, I, 2202.

Nämlich das Schwert aus der Scheide.

Holl.: Hij trekt van leêr. (Harrebomée, II, 12.)


*72. Was Leder und Zeug hält, laufen (fressen, arbeiten u.s.w.).Frischbier2, 2384.


*73. Wider einen vom Leder ziehen.Mathesy, 356b; Parömiakon, 844.


[Zusätze und Ergänzungen]

74. Böss leder kan man nit bass erkennen wie in regenwasser.

»Also die in widerwertigkeit vngedultig seynd, darbey erkennt man ire vnvolkommenheit.« (Granatapfel, 106a, 1.)


75. Leäder helt weäder. (Neumark.) – Engelien, 221.

Empfiehlt feste Stoffe zu Kleidungsstücken und keinen Flitter.


76. Leder um Leder, sagte die Katze und frass die Maus.

»Weil sie einen alten Schuh angenagt hatte.« (Ueber Land und Meer, 1877, S. 630.)


77. Man muss das Leder nehmen, wo man's findet, sagte der Schuster und schnitt in eine fremde Haut.

Holl.: Men moet roeijen met de riemen, die men heeft, zei de riemsnijder, en hij sneed riemen uit eens anders leêr. (Harrebomée, II, 219b.)


78. Ungegerbt Leder lässt sich nicht hantiren.

Von einem Menschen ohne Bildung und gute Erziehung.


79. Wer das Leder stiehlt und gibt die Schuhe um Gottes willen, der verdienet mit seinem Almosen den Galgen.Wirth, I, 472.


*80. Da kam man uns so hart auf das Leder. Pauli, Schimpff, 445.


*81. Einem ans Leder kommen.Simplic., I, 547.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht / Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz. Zwei Erzählungen

Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht / Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz. Zwei Erzählungen

Zwei satirische Erzählungen über menschliche Schwächen.

76 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon