Wette [2]

[703] Wette (Wilh. Martin Lebrecht de), seit 1822 Professor der Theologie an der Universität Basel, ist der Sohn eines Pfarrers und 1780 zu Ulla bei Weimar geboren. Schon auf dem Gymnasium zu Weimar sprach sich in seinen Bestrebungen die gründlich wissenschaftliche Geistesrichtung dieses durch seine Schriften wie seine Vorträge berühmten und aufgeklärten Theologen aus, der nach Vollendung der Studienjahre an der Universität Jena dort 1805 als Privatdocent auftrat und 1807 außerordentlicher, 1809 ordentlicher Professor der Theologie in Heidelberg wurde. In dieser Eigenschaft ging er 1810 an die neugestiftete Universität Berlin über und erhielt nun von der Universität Breslau die theologische Doctorwürde. Auf einer Reise ins Fichtelgebirge hatte W. im Herbste 1818 im älterlichen Hause des Karl Sand (s.d.), den er zufällig in Jena gesehen, durch seine Reisebegleiter gastliche Aufnahme gefunden, welchen Sand Briefe an seine Ältern mitgegeben hatte. In diesen lernte W. sehr achtungswerthe Menschen kennen und fühlte sich auf die Nachricht von des jungen Sand blutiger That an Kotzebue innerlich bewogen, der Mutter desselben in einem Trostschreiben vom 31. März 1819 seine Theilnahme zu bezeigen. Auf außerordentlichen königl. Befehl ward am 28. Aug. W. vom akademischen Senate eine Abschrift dieses nie für die Öffentlichkeit bestimmt gewesenen Briefes vorgelegt, in welchem man gefährliche Grundsätze gefunden zu haben glaubte, und W. befragt, ob er sich zu dem Inhalte bekenne. Er verneinte hierauf keineswegs, an Sand's Mutter geschrieben zu haben, bat aber um Vorlegung des Originalbriefes, da er nach fünf Monaten nicht mehr wissen könne, ob die angebliche Abschrift damit übereinstimme, gab aber eine darauf gegründete, rechtfertigende Erklärung mit zu Protokoll und bat um Untersuchung durch sachkundige Männer. Statt dessen erhielt er aber am 30. Aug. 1819 seine Entlassung, obgleich der akademische Senat sich für ihn verwendete, denn der König finde es gegen sein Gewissen, einem Manne noch länger den Unterricht der Jugend anzuvertrauen, welcher, das ward aus jenem Schreiben gefolgert, den Meuchelmord unter Bedingen und Voraussetzungen für gerechtfertigt halte. Von der allgemeinsten Theilnahme aus allen Gegenden Deutschlands begleitet, zog sich W. nach Weimar zurück, wo er über seine Schicksale in Berlin eine Actensammlung (Lpz. 1820) herausgab, gegen welche aber in Berlin eine andere erschien, und seine schriftstellerische Thätigkeit fortsetzte, auch im Predigerberuf einen neuen Wirkungskreis sich zu schaffen suchte. Dies verschaffte ihm die ehrenvollste Berufung von der Gemeinde der Katharinenkirche zu Braunschweig zu der erledigten zweiten Predigerstelle, allein weder die damals vormundschaftliche Regierung noch der Herzog bei seinem Regierungsantritte ertheilten die nöthige Bestätigung, obgleich die theologischen und philosophischen Facultäten der Universitäten Jena und Leipzig einstimmig erklärten, daß W. sich durch den Brief an Sand's Mutter zur Verwaltung geistl. Ämter durchaus nicht unwürdig gemacht habe. Obgleich ihm nun von der Gemeinde auf zwei Jahre ein Wartegeld von 800 Thlr. zugesichert wurde, wenn W. den Ruf nach Basel ablehnen wollte, folgte er demselben doch und erwarb sich schnell die Achtung seiner neuen Mitbürger, wurde 1829 Mitglied des Erziehungsraths und mit dem Bürgerrechte von Basel beschenkt. Außer seinen theologischen Schriften, seiner mit dem Professor Augusti bearbeiteten Übersetzung sämmtlicher biblischen Bücher (6 Bde., Heidelb. 1809–12) hat er auch mehre philosophische herausgegeben, wie »Vorlesungen über die Sittenlehre« (2 Bde., Berl. 1823–24), »Über Religion, ihr Wesen, ihre Erscheinungsformen«

[703] (Berl. 1827), den philosophisch-theologischen Roman »Theodor oder die Weihe des Zweiflers« (2 Bde., Berl. 1822). Von seinen Predigten sind zwei Sammlungen (Bas. 1826–29) herausgekommen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 703-704.
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