Elberfeld

[594] Elberfeld (hierzu der Stadtplan »Elberfeld und Barmen« mit Registerblatt), Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Düsseldorf, liegt, von meist bewaldeten Höhen umgeben, zu befden Seiten der Wupper unmittelbar unterhalb Barmen, mit dem es sich ca. 11 km weit im Wuppertal und in den Seitentälern hinzieht, 143 m ü. M.

Wappen von Elberfeld.
Wappen von Elberfeld.

Die Stadt hat in dem ältern Teil viele unregelmäßige und enge Straßen, doch sind namentlich seit 1874 zahlreiche, insbes. nach N., W. und S. liegende neue Häuserreihen mit einer Menge schöner Prachtbauten entstanden, und auch im Innern sind durch Niederlegen ganzer Komplexe und Zahlreiche Neubauten schöne und gesunde Quartiere geschaffen worden. Von öffentlichen Plätzen und Denkmälern sind zu nennen: der Brausenwerther Platz mit dem Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I., der Neumarkt mit dem [594] Standbild Kaiser Friedrichs III., beide von Professor Eberlein, der Viktoriaplatz mit dem Moltkedenkmal, der Königsplatz mit dem Kriegerdenkmal und die Parkanlage an der Baustraße, ferner das Bismarckdenkmal an der Schloßbleicherstraße und der Märchenbrunnen im Villenviertel Zoologischer Garten. Von gottesdienstlichen Gebäuden besitzt die Stadt 11 evangelische und 5 kath. Kirchen (darunter die schöne Marienkirche) und eine Synagoge. Von andern öffentlichen Gebäuden sind zu nennen: das alte Rathaus im modernen Rundbogenstil und das neue Rathaus, die Stadthalle, das Landgerichtsgebäude mit großem Schwurgerichtssaal, in dem sich ein sehenswertes Wandgemälde, das Jüngste Gericht von Professor Baur in Düsseldorf, befindet, das Verwaltungsgebäude der königlichen Eisenbahndirektion etc. Die Zahl der Einwohner, die sich 1816 erst auf 21,710 belief, beträgt (1900) 156,966, darunter 113,201 Evangelische, 40,032 Katholiken und 1664 Juden. Die Industrie ist wie in dem benachbarten Barmen sehr bedeutend. E. ist Hauptsitz der Fabrikation von Baumwollen-, Wollen- und Seidenstoffen, von Samt, halbseidenen und halbwollenen Kleider- und Konfektionsstoffen und Zanella, von Möbelstoffen, Pikee und wollenen Westenstoffen und aller zum Besatz von Herren- und Damenkleidern bestimmten Knöpfe, Bänder, Litzen, Kordeln etc. Sehr bedeutend sind die Kattundruckerei mit ihren den Weltmarkt beherrschenden prachtvollen Erzeugnissen, die Wirkerei und Spinnerei, letztere für alle Arten von Garnen, die Türkischrotgarnfärberei, die Appreturanstalten, Alizarin- und Anilinfarbenfabrikation. Daneben findet man Eisengießereien, Maschinen-, Waffen-, Eisen- und Stahlwaren-, Faß-, Pianoforte-, Papier- und Tapetenfabrikation, ein Elektrizitätswerk für die teilweise Straßenbeleuchtung der Stadt sowie großartige Bierbrauereien. Der Handel ist sehr lebhaft und geht mit den Fabrikprodukten z. T. über See. Er wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 2161,5 Mill. Mk.) und andre öffentliche Bankinstitute, darunter die Bergisch-Märkische Bank und bedeutende Bankhäuser, sowie durch mehrere Konsulate. E. ist zudem Sitz der Rheinisch-Westfälischen Baugewerksberufsgenossenschaft und ihrer 3. Sektion, der 6. Sektion der Papierverarbeitungs- und der 3. Sektion der Rheinisch-Westfälischen Textilberufsgenossenschaft sowie der Vaterländischen Lebens-, Feuer-, Hagel- und Transport-Versicherungsgesellschaft und der Elberfeld-Barmer Seidentrocknungsanstalt. Es hat 7 Bahnhöfe und ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Düsseldorf-Schwelm-Soest, Düsseldorf-Schwelm-Löttringhausen und E.-Kronenberg. Dem Verkehr in der Stadt und mit der nähern Umgebung, namentlich mit Barmen, dient eine elektrische Straßenbahn und eine von Barmen aus über dem Wupperbett hinführende elektrische Schwebebahn (s. Tafel »Hängebahnen«). An Bildungs- und ähnlichen Anstalten hat E. ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Realschule, eine Handwerker- und Kunstgewerbeschule, eine Maschinenbauschule, eine gewerbliche Zeichenschule, eine kaufmännische Unterrichtsanstalt und eine Taubstummenanstalt; ferner ein Theater, Musikinstitut, einen zoologischen Garten, zahlreiche wissenschaftliche Vereine und viele musterhaft eingerichtete Wohltätigkeitsanstalten, darunter mehrere Krankenhäuser, Waisenhaus, Anstalt für verlassene Kinder, Rettungshaus etc.; auch ist die Stadt Sitz der Bergischen Bibelgesellschaft. Es erscheinen in E. acht politische Zeitungen. Von Behörden haben in E. ihren Sitz: ein Landgericht, Gewerbegericht, eine königliche Eisenbahndirektion und ein Hauptzollamt. Die städtischen Behörden zählen 7 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete. Zum Landgerichtsbezirk E. gehören die elf Amtsgerichte zu Barmen, E., Langenberg, Lennep, Mettmann, Ohligs, Remscheid, Ronsdorf, Solingen, Velbert und Wermelskirchen. Die Umgebung bietet mit ihren schön bewaldeten Höhen herrliche Partien. In nächster Nähe ist die Königshöhe ein vielbesuchter Aussichtspunkt; weiter sind die Hardt mit Denkmälern des heil. Suitbertus, des Schulinspektors Wilberg, des Dr. Diemel (Begründers der Hardtanlage) und des Dr. Crecelius sowie einem Kriegerdenkmal, der Kiesberg mit dem Van der Heydtturm, der Nützenberg mit Aussichtsturm, die Elisenhöhe etc. beliebte Ausflugsorte. – Die Burg E. gehörte ursprünglich zum Erzstift Köln, kam aber 1176 an die Grafen von Berg zunächst als Pfand. Die erste Ansiedelung im Wuppertal veranlaßte das klare, zur Bleiche besonders geeignete Bergwasser der Wupper, und bereits 1532 erhielten die Ansiedler der sogen. Freiheit ein Privilegium auf die Garnbleiche, mit der indes schon um 1450 der Anfang gemacht worden war. Doch erst 1610 erhielt E. Stadtrechte. 1640 wurden die Wälle und Mauern niedergelegt. Die Seidenfabrikation begann 1760, die Türkischrotfärberei 1780. Besonders wuchsen die Elberfelder Fabriken zu Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrh., wo die Kontinentalsperre die Konkurrenz mit England möglich machte. 1815 kam E. mit Berg an Preußen und nahm vornehmlich seit der Begründung des Zollvereins einen bedeutenden Aufschwung. Vgl. Schell, Geschichte der Stadt E. (Elberf. 1900); Jorde, Führer durch E. und seine Umgebung (das. 1902); Derselbe, Geschichte der Schulen von E. (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 594-595.
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