Giordāno

[854] Giordāno (spr. dschor-), 1) Luca, genannt Fa Presto, ital. Maler, geb. 1632 in Neapel, gest. daselbst 12. Jan. 1705, genoß den Unterricht Riberas, blieb aber daneben unter der Leitung seines Vaters, der aus der Geschicklichkeit Giordanos im Zeichnen möglichst großen Gewinn ziehen wollte. So zeichnete G. die Zimmer und die Loggien Raffaels im Vatikan 12 mal, die Konstantinsschlacht wohl 20 mal und nicht weniger häufig die Meisterwerke Michelangelos, Polidoros u. a. Seines Vaters beständiger Zuruf: »Luca, fa presto!« (»Luca, mach' schnell!«) soll diesem seinen Beinamen verschafft haben. Auf diese Weise erlangte G. zwar eine große Fertigkeit, legte aber auch den Grund zu seiner Oberflächlichkeit. Wahrscheinlich der väterlichen Zucht müde, ging er nach Rom, wo er Schüler Pietros da Cortona wurde, und besuchte sodann die bedeutendsten Städte Italiens. Sein Talent, jeden Stil nachzuahmen, erwarb ihm den Beinamen des »Proteus der Maler«. An Erfindung war er außerordentlich reich und bei freier, sicherer Pinselführung namentlich in der ruhigen Harmonie des Kolorits ausgezeichnet. Dagegen lassen seine Werke Tiefe der Charakteristik vermissen. Seine leichte Hand und die massenhaften Aufträge, die er erhielt, um die Paläste der italienischen Großen rasch mit Fresken und Ölbildern zu schmücken, verführten ihn oft zu groser Nachlässigkeit und zuletzt zu einer widerwärtigen Manier. Ein großes Altarblatt bei den Jesuiten zu Neapel (Franziskus Xaverius, die Japaner tausend) soll er in 11/2 Tag vollendet haben. In Florenz malte er die Kuppel der Kapelle Corsini und später die Galerie im Palazzo Riccardi aus. 1690 erhielt er einen Ruf nach Spanien, wo er 13 Jahre lebte und von Karl II. zum Ritter ernannt wurde. Zu seinen ausgezeichnetsten Arbeiten gehören die in der Kirche San Lorenzo del Escorial. Nach Karls II. Tode kehrte er ins Vaterland zurück. G. hat zahllose Gemälde hinterlassen. Seine frühern Bilder sind in Riberas, seine spätern (die große Mehrzahl) in Cortonas Manier gemalt. Als die besten sind zu nennen: das Urteil des Paris (im Berliner Museum), die Verstoßung der Hagar, Lucretia, David mit dem Haupte des Goliath, Rahel und Jakob am Brunnen, der Raub der Sabinerinnen, die büßende Magdalena, Lot mit seinen Töchtern (in der Dresdener Galerie), der bethlehemitische Kindermord (in der Pinakothek zu München), eine Pietà, der heil. Xaver Wilde tausend (im [854] Museum zu Neapel), Christi Darstellung im Tempel, Venus und Mars von den Grazien und Liebesgöttern bedient (Paris, Louvre), eine Kreuzabnahme, die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies, die Entführung der Europa (in der Eremitage zu Petersburg), der Erzengel Michael die hoffärtigen Engel stürzend, Marias Vermählung mit Joseph, die Geburt Christi (Wien, Hofmuseum).

2) Umberto, ital. Komponist, geb. 27. Aug. 1868 in Neapel, Schüler des dortigen königlichen Konservatoriums, lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich durch die Opern »Mala vita« (Rom 1892), »Regina Diaz« (Neapel 1894), »Andrea Chenier« (Mailand 1896, auch in Deutschland mit Beifall ausgeführt), »Fedora« (Mailand 1898) und »Siberia« (Mailand 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 854-855.
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