Joachim [2]

[257] Joachim, Name mehrerer Kurfürsten von Brandenburg: 1) J. J., mit dem Beinamen Nestor, geb. 21. Febr. 1484, gest. 11. Juli 1535 in Stendal, Sohn des Kurfürsten Johann Cicero, folgte diesem 1499, schaffte durch blutige Bestrafung der Raubritter das Faustrecht in seinem Land ab, beförderte das Aufleben der Städte sowie Künste und Wissenschaften und stiftete 1506 die Universität in Frankfurt a. O. 1516 gründete er das Kammergericht und erließ 1527 die Constitutio Joachimica, ein bis in die neueste Zeit teilweise in der Mark gültiges Erb- und Familienrecht. 1519 bewarb er sich ohne Erfolg um die Kaiserkrone. Der Reformation nicht zugetan, suchte er auf dem Reichstag zu Worms (1521) Luther zum Widerruf zu bewegen und zeigte sich in Augsburg 1530 den evangelischen Fürsten höchst feindselig. Seine Gemahlin Elisabeth von Dänemark, die sich 1528 zu Luthers Lehre bekannte, entfloh vor seinem Zorn nach Sachsen. Er vereinigte die Grafschaft Ruppin nach dem Tode des letzten Grafen derselben (1524) mit der Mittelmark und erlangte im Grimnitzer Vertrag 1529 die Anerkennung des Erbrechts auf Pommern. Vgl. v. Buttlar, Der Kampf Joachims J. von Brandenburg gegen den Adel (Dresd. 1889).

2) J. II., mit dem Beinamen Hektor, Sohn des vorigen, geb. 13. Jan. 1505, gest. 3. Jan. 1571 in Köpenick, kämpfte 1522 als Hauptmann des nieder sächsischen Kreises rühmlich gegen die Türken, folgte seinem Vater 1535 als Herr der Alt- und Mittelmark, während sein Bruder Johann die Neumark erhielt, und führte 1539 die Reformation ein, erwies sich aber in ihrer Verteidigung lau, da ihm Ruhe und Friede vor allem am Herzen lagen. Dem Kaiser Karl V. hing er treu an und führte 1542 von neuem ein Reichsheer gegen die Türken, doch ohne Erfolg. 1537 schloß er die Erbverbrüderung mit den schlesischen Herzogen und erwarb 1569 die Anwartschaft auf Preußen. Seine Prachtliebe und sein Hang zur Verschwendung sowie seine Beziehungen zur schönen Gießerin, Anna Sydow, und zu dem jüdischen Wucherer Lippold brachten die Finanzen des Landes in große Verwirrung. 1880 wurde ihm ein Standbild in Spandau errichtet. Vgl. Steinmüller, Einführung der Reformation in die Kurmark Brandenburg durch J. II. (Halle 1903).

3) J. Friedrich, geb. 27. Jan. 1546, gest. 18. Juli 1608, seit 1553 Bischof von Brandenburg und Havelberg, seit 1556 auch in Lebus, ward 1563 Administrator von Magdeburg, residierte seit 1567 in Halle und vermählte sich 1570, weswegen er den erzbischöflichen Sitz auf dem Reichstag nicht einnehmen durfte. 1598 übernahm er nach seines Vaters Johann Georg Tod das Kurfürstentum Brandenburg und überließ seinem Sohn Christian Wilhelm das Erzstift Magdeburg. Er hob das väterliche Testament, das die Mark wieder geteilt hatte, auf und ordnete die Verteilung der fränkischen Fürstentümer Bayreuth und Ansbach unter seine jüngern Brüder, Christian und Joachim Ernst, 1598 durch den Geraer Familienvertrag. Das Joachimstalsche Gymnasium (s. Joachimsthal 2) in Berlin verdankt ihm seine Entstehung. Auch bahnte er die Erwerbung der jülich-kleveschen Erbschaft an.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 257.
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