Nephrīt

[516] Nephrīt (Beilstein, Nierenstein, Punamustein der Neuseeländer, Jade im Antiquitätenhandel), Mineral aus der Gruppe der Hornblende (s. d.), und zwar eine dichte Varietät des Strahlsteins, gebildet aus mikroskopisch seinen, filzartig verwobenen Fasern, ist lauchgrün bis grünlichgrau, auch gelblichgrau, an den Kanten durchscheinend, matt oder schimmernd, poliert fettglänzend, etwas fettig anzufühlen, sehr schwer zersprengbar, Härte 6, spez. Gew. 2,97–3. Abweichend vom N., enthält der Jadeït (Jade), ein dichtes Pyroxenmineral, auch Tonerde und Natron; er ist grün bis grünlichweiß, durchscheinend, mit geringem Glasglanz, Härte 6,5–7, spez. Gew. 3,8–3,4. Der N. und der Jadeït haben hohe kulturgeschichtliche Bedeutung. Aus vorgeschichtlicher Zeit hat man vielfach Nephritwaffen (Beile etc.) gefunden, z. B. in Deutschland, in den Pfahlbauten der Schweiz, in Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Kreta, in Troja, Mesopotamien, Sibirien und Neuseeland. Gegenwärtig werden noch in Kleinasien Amulette aus N. (gegen Nierenleiden) getragen, und der Grabstein Tamerlans zu Samarkand besteht ebenfalls aus N. In China spielen N. und Jadeït (Yü, Yüstein) seit alten Zeiten vollkommen die Rolle eines Edelsteins, obwohl sie mitunter in ganz kolossalen Blöcken angetroffen werden. Man fertigt daraus Gefäße, Ringe. Perlschnüre (für Mandarinen), Säbelgriffe, zum Teil mit eingelegtem Rubin, Smaragd und Diamant, Petschafte etc. Der Yü galt seit jeher als Ideal der Vollkommenheit, und 1165 erschien ein Werk von 32 Bänden über den Yüschmuck. Von Sibirien aus lassen sich Nephrit- und Jadeïtwaffen, Amulette, Idole, Zierate bis Nordamerika, Mexiko, Südamerika, Westindien verfolgen (s. Tafel »Indianische Kultur III«, Fig. 20 u. 21). In Mexiko mußten mehrere Stämme Jadeit als Tribut an den Herrscher liefern. Anstehend kennt man N. im Karakashtal in Turkistan und südlich von Irkutsk, in Alaska und an der Westküste der Südinsel von Neuseeland, hier Lager zwischen Hornblendeschiefern und Gneisen bildend; auch bei Jordansmühl in Schlesien im Serpentin. Erratische Blöcke von N. finden sich in der Nähe des Baikalsees, Gerölle in Flüssen des Gouvernements Irkutsk sowie im Murtal in Steiermark. Von einzelnen in Norddeutschland gefundenen Geschieben, die man früher für eingeschleppt aus Asien ansah, dürfte das Anstehende in Skandinavien zu suchen sein. Der Jadeït, von dem ebenfalls vorgeschichtliche Beile etc. weitverbreitet gefunden werden, kommt, in kristallinischen Schiefern eingelagert und in großen Blöcken, in Oberbirma und am Nordabhang des Himalaja in Tibet vor und ist in Geschieben am Neuenburger See und bei Ouchy am Genfer See, im Val d'Aosta, bei St. Marcel, Piemont und am Monte Viso gefunden worden. Die Funde von rohem N. und Jadeït in Europa sprechen gegen die frühere Annahme, daß das Material aller in Europa und Amerika gefundenen Nephrit- und Jadeïtobjekte aus Asien stamme. Ein kalk-[516] und eisenreicher Jadeït ist der in ähnlicher Weise verarbeitete dunkelgrüne Chloromelanit vom spez. Gew. 3,4. Die größte Sammlung von N. und Jadeït ist die des 1902 in New York verstorbenen Industriellen H. R. Bishop; der wissenschaftliche Katalog dieser Sammlung, redigiert von G. F. Kunz (New York), enthält die wertvollsten Angaben über die N.- und Jadeït-Kunstgegenstände. Vgl. Fischer, N. und Jadeït (2. Aufl., Stuttg. 1881); A. B. Meyer, Jadeit- und Nephritobjekte (Leipz. 1882–83), Neue Beiträge zur Kenntnis des N. und Jadeït (Berl. 1892) und Zur Nephritfrage (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 516-517.
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