Schwanthaler

[110] Schwanthaler, Ludwig von, Bildhauer, geb. 26. Aug. 1802 in München, wo sein Vater Franz S. (gest. 1821) als Bildhauer lebte, gest. daselbst 28. Nov. 1848, besuchte seit 1818 die Akademie der Künste in München, ward dann Schüler des Schlachtenmalers Albr. Adam, übernahm 1821 das väterliche Geschäft und lieferte 1824 im Auftrag des Königs Maximilian das Modell für einen silbernen Tafelaufsatz mit Darstellungen aus dem Mythus von Prometheus. 1827 von einem einjährigen Aufenthalt in Italien zurückgekehrt, führte er in der Glyptothek zu München unter anderm die Figuren an der Decke des Äginetensaals, die Ornamente der Decke des Niobidensaals, die Reliefs in den Kuppeln des Römersaals und die Reliefs im trojanischen Saal aus. Derselben Periode gehören ferner an die Statue Shakespeares im Vestibül des königlichen Hof- und Nationaltheaters und der Bacchusfries für den Speisesaal im Palais des Herzogs Max in München. Von 1832–34 schuf er in Rom einige Gruppen zum südlichen Giebelfelde der Walhalla und die Modelle zu den Malerstatuen der Pinakothek. 1835 zum Professor an der Akademie der Künste in München ernannt, sammelte er bald eine große Anzahl Schüler um sich. Zunächst wurden die Arbeiten für den Königsbau in Angriff genommen: die Bildwerke für die Zimmer des Königs, darunter der Fries aus dem Argonautenzug, die Bildwerke zu den Gedichten von Hesiod, die Reliefs nach Pindar, die Bilder zu Äschylos, Sophokles und Aristophanes, die Reliefbilder aus dem Mythus der Aphrodite im zweiten Konversationssaal u. a. An diese Arbeiten reihen sich jene des Saalbaues, die Kompositionen zur Odyssee in den Gastzimmern, im Ballsaal und die zwölf Kolossalstatuen von Wittelsbacher Fürsten. Von seinen monumentalen Arbeiten in Marmor und Erz sind die ersten die beiden Giebelgruppen der Walhalla, deren nördliche (s. Tafel »Bildhauerkunst XVI«, Fig. 1), 15 Statuen aus der Hermannsschlacht, S. nach eignem Entwurf 1842 vollendete, während der südlichen ein Entwurf von Rauch zugrunde liegt. Zwei andre Giebelgruppen an den Münchener Propyläen stellen die Erhebung Griechenlands in den 1820er Jahren dar. Das größte monumentale Werk Schwanthalers ist das 1850 aufgestellte, 19 m hohe Erzbild der Bavaria vor der Ruhmeshalle bei München (Fig. 10 der genannten Tafel). Von seinen Denkmälern seien genannt: die Statue Mozarts auf dem Michaelsplatz in Salzburg (1842), das Monument des Großherzogs Karl Friedrich von Baden in Karlsruhe (1840) und das des Großherzogs Ludwig von Hessen in Darmstadt, die Goethestatue in Frankfurt (1843), die Statuen Jean Pauls in Bayreuth (1841), des Markgrafen Friedrich Alexander von Brandenburg in Erlangen (1843), Tillys und Wredes in der Feldherrenhalle zu München (1843), v. Kreittmayers daselbst (1845), des Königs Karl Johann XIV. von Schweden in Norrköping. Das Schloß in Wiesbaden besitzt acht Götterfiguren und zwei Tänzerinnen in Lebensgröße von seiner Hand. Der in Rom begonnene Schild des Herkules, der nach Hesiods Dichtung in mehr als 140 Gestalten Hauptmomente der Göttermythe, des kriegerischen und friedlichen Lebens umfaßt, wurde in Bronze gegossen und ist jetzt mehrfach in Deutschland und England zu finden. Außerdem hat er noch eine große Zahl von Gruppen aus der antiken Mythologie, Büsten u. dgl. ausgeführt. Seine reiche, von ihm dem Staate vermachte Sammlung von Modellen wurde in München zu einem Schwanthaler-Museum vereinigt. S. war der Hauptvertreter der »romantischen« Richtung in der deutschen Bildhauerkunst. Seine Gestaltungskraft war unerschöpflich, doch litt die Ausführung seiner Werke oft unter der Überbürdung mit Aufträgen, die ihn auf fremde Beihilfe anwies. Vgl. Trautmann, L. Schwanthalers Reliquien (Münch. 1858).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 110.
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